Es liegt bei einem solchen Werk auf der Hand, daß nur eine kleine
Auswahl aus dem zur Verfügung stehenden Literaturangebot aufgenommen
werden kann. Nicht genannte Titel zu monieren wäre daher eine billige
Kritik, auch wenn die Subjektivität der Auswahl bisweilen dazu reizt.
Zur Sprache gebracht werden müssen allerdings einige weitere - und
gravierendere - Mängel: Das Buch ist nicht lesbar, denn die
bibliographischen Angaben sind häufig nicht durch Text verbunden.
Nachteilig wirkt sich außerdem aus, daß es keine strikte Trennung nach
formalen oder inhaltlichen Kriterien gibt: Während wichtige
Zeitschriften im ersten Teil als Gruppe vorgestellt werden (S. 46 -
52), folgen an späteren Stellen nicht weniger bedeutende Periodika im
sachlichen Zusammenhang (z.B. S. 89; 100). Weshalb die Bände des
Oldenbourg Grundriß Geschichte bei der (überwiegend) politischen
Geschichte (!) und nicht bei den Reihen angeführt werden, ist
ebensowenig einzusehen. Das zugegebenermaßen wichtige Buch von Ronald
Syme über die römische Revolution wird dafür gleich an zwei Stellen
kurz besprochen (S. 91 und 137). Neben der gelegentlich schwer
erkennbaren Struktur sind es die oft nicht näher begründeten
Wertungen, die manchen Benutzer erstaunen oder stören dürften. Daß
Peter Browns Buch über die letzten Heiden von Richard Klein "zu Recht"
kritisch rezensiert wurde, ist mehr, als der Leser an dieser Stelle
wissen möchte - zumal auch diese Äußerung wiederum diskussionswürdig
ist.[2] Eine sehr subjektive Sicht der Dinge ist es auch, wenn
konstatiert wird, die Altertumswissenschaft habe sich "leider" immer
mehr vom Römischen Recht entfernt (S. 120). Schließlich hat erst die
Lösung von der Fixierung auf juristisch fixierte Regeln den Blick
freigemacht für die Wirkungsmächtigkeit sozialer Normen.[3] Die
Beschäftigung mit Frauen in der Antike wird zum bloßen "Modethema"
abgestempelt (S. 25 und 123), die Reihe Aufstieg und Niedergang der
römischen Welt aus formalen Gründen abqualifiziert.[4] Unsachlich und
unsachgemäß ist nicht zuletzt die Kritik an den Publikationen Martin
Bernals, insbesondere an seinem Hinweis auf die Rolle des
Antisemitismus in der althistorischen Wissenschaftsgeschichte (S. 141,
A. 97). Hier hätte sich der Verfasser schon deshalb differenzierter
äußern müssen, weil ihm selbst offenbar an einer angemessenen
Berücksichtigung der Geschichte des Vorderen Orientes gelegen ist
(vgl. nur S. 10), doch würde diese Diskussion jetzt zu weit ins Detail
führen.
Gelegentlich lassen die Formulierungen den Gedankengang nicht klar
erkennen: Weshalb dem Historiker bei der Bewertung von materiellen
Überresten durch Archäologen "an einer eher ästhetisierenden als
historisierenden Betrachtungsweise" gelegen sein muß (S. 92), ist ohne
Begründung nicht nachzuvollziehen. Nebulös ist schließlich auch die
Charakterisierung des weit über das Fach hinaus bekannten
Althistorikers Christian Meier: Er sei eine "im Laufe der Jahre
selbständig gewordene und sich aber auch allmählich verselbständigende
Größe" (S. 132). Defizite weist das Buch ferner im Bereich der neuen
Medien auf. Hinweise auf Ressourcen, Publikationsorgane oder
Diskussionsgruppen im Internet oder anderswo fehlen. Lediglich die
CD-Rom-Version der Archäologischen Bibliographie des Deutschen
Archäologischen Instituts, Dyabola, wird erwähnt (S. 46), während z.B.
die Gnomon-Datenbank unterschlagen wird. Auch Fehler sind den Autoren
unterlaufen: Bei der Präsentation des Leidener Klammersystems sind zur
Kennzeichnung von Tilgungen des Herausgebers statt geschweifter
Klammern ({}) dieselben eckigen Klammern gesetzt, die für die
Lückenergänzung verwendet werden ([]).
Der Gesamteindruck ist wegen derartiger Mängel nicht befriedigend. Die
Literaturauswahl liest sich wie ein Katalog eines gut sortierten
Lesesaals, führt aber trotzdem nicht in jedem Fall an den jeweiligen
Forschungsstand heran.[5] Damit wird vielleicht Lehrern, die ihren
Studienschwerpunkt nicht in der Alten Geschichte hatten, ein Leitfaden
in die Hand gegeben, um sich schnell in ein neues Gebiet einzulesen,
doch im Studium dürften bereits Proseminarthemen zu speziell sein, als
daß aus dem vorliegenden Buch ausreichende Empfehlungen bezogen werden
könnten. Die Schwerpunkte in der Auswahl deuten darüber hinaus auf ein
eher traditionell-positivistisches Wissenschaftsbild der Verfasser,
u.a. wohl auch geprägt von den Verhältnissen in Göttingen: So ist z.B.
die Anbindung an die Klassische Philologie sehr viel stärker
ausgeprägt als an die gleichfalls benachbarte Mediävistik.[6] Für die
eingangs skizzierte Problemlage schafft das vorliegende Buch deshalb
nur unzureichend Abhilfe.
Joachim Migl
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