Mit dem Erscheinen des sechsten und letzten Bandes seines Iter
Italicum : a finding list of uncatalogued or incompletely catalogued
humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other
libraries[1] hat Paul Oskar Kristellers monumentales Katalogunternehmen
1996 nach mehr als drei Jahrzehnten seinen vorläufigen Abschluß
gefunden.
Dieses Verzeichnis humanistischer Handschriften in den Bibliotheken
der Welt, das man zu Recht als Kristellers opus magnum bezeichnet hat,
erhielt schon nach dem Vorliegen des 1. Bd. im Jahr 1963 in der
historischen und philologischen Fachliteratur durchweg positive bis
höchst anerkennende Rezensionen. Der Tenor dieser ersten Urteile ist
in der Vielzahl der seitdem erschienenen Besprechungen in mannigfacher
Weise bestätigt worden.[2] Die hier anzuzeigende CD-ROM-Ausgabe dieses
Werkes, die unter der Leitung von Luciano Floridi, Oxford, erarbeitet
wurde und ebenfalls beim Verlag Brill in Leiden erschienen ist,
erschließt die in Kristellers Werk gespeicherten Informationen
- ähnlich wie einige andere CD-ROM-Ausgaben mediävistischer Werke der
letzten Jahre - in qualitativ neuer Weise.[3] Die sinnvolle und optimale
Nutzung dieses neuen Mediums setzt allerdings voraus, daß man Inhalt,
Aufbau und Eigentümlichkeiten des zugrunde liegenden Druckwerkes
zumindest in Umrissen kennt. Denn dem Imperativ des hermeneutischen
Zirkels entkommt man bekanntlich auch in den elektronischen Medien
nicht.
1.1 Entstehung
Über Entstehung, Gegenstand und Methode seines Werkes hat sich
Kristeller in den Vorworten zu den einzelnen Bänden des Werkes,
insbesondere in dem zum 1. Bd., sowie in dem zur CD-ROM-Ausgabe mit
aller wünschenswerten Deutlichkeit geäußert. Die Genesis des Werkes
reicht bis in den Anfang der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts
zurück, als Kristeller in der Vorbereitung seiner Arbeit über Marsilio
Ficino, mit der er sich bei Heidegger habilitieren wollte, die
wesentliche Bedeutung einer gesicherten Textbasis für jede Arbeit über
diesen bedeutenden Philosophen der italienischen Renaissance erkannte.
Seitdem bemühte er sich mit Erfolg, durch Handschriftenstudien bisher
unbekannte Texte Ficinos zu entdecken. Nach der Machtergreifung
Hitlers wich er zunächst nach Italien aus und suchte dort in den
Bibliotheken und Archiven nach Ficino-Handschriften. 1939, als er
gezwungen war, Italien zu verlassen und in die Vereinigten Staaten zu
emigrieren, war es ihm möglich, sein Material zu italienischen
humanistischen Handschriften über den Atlantik mit sich zu nehmen. Auf
Anregung Fritz Saxls entstand 1945 der Plan, diese Materialien unter
der Schirmherrschaft des Warburg-Instituts in London zu publizieren.
Kristellers bewußt gewählter Titel für diese große Arbeit spielt mit
Blick auf die Entstehungsbedingungen und die wissenschaftliche
Reichweite seines Werkes auf die insbesondere im 19. Jahrhundert in
der historischen Fachliteratur verbreitete Gattung der gelehrten
Berichte über Handschriftenreisen durch europäische, vor allem
italienische Bibliotheken an. Die gleichnamigen Buchtitel der
Reiseberichte des Rechtshistorikers Friedrich Bluhme[4] (1797 - 1874)
und des Historikers und Archivars Julius von Pflugk-Harttung[5] (1848
- 1919) nimmt er sogar direkt wieder auf. Inhaltlich und methodisch
dagegen unterscheidet sich sein Werk von dem der Vorgänger durchaus,
und zwar vor allem im Hinblick auf den Gegenstand des Interesses, den
geographischen Rahmen sowie den Aufbau, die Zielsetzung und die
Methode.
1.2 Gegenstand
Inhaltlich ist Kristellers Unternehmen eine Sammlung vor allem, aber
nicht ausschließlich humanistischer Handschriften der Renaissance,
d.h. "primarily philosophical, scholarly and literary manuscripts in
Latin that were copied during the period between 1300 and 1600 and
contain the writings of scholars who were active during that period";
Urkunden, Statuten, Chroniken, religiöse und liturgische Werke,
volkssprachige Poesie und Literatur, gelehrte juristische,
theologische und naturwissenschaftliche Werke sowie Musiktraktate,
Karten, Zeichnungen werden in der Regel ausgeschlossen; Ausnahmen mit
besonderem Bezug auf Humanismus und Renaissance sind aber möglich.
Werke klassischer, patristischer und mittelalterlicher Autoren werden
dagegen im allgemeinen nur dann aufgenommen, wenn sie zu einem
bekannten Gelehrten der Renaissance eine Beziehung (Kopist;
Eigentümer) haben.[6]
Das ursprüngliche Konzept, den geographischen Rahmen des Werkes auf
die Beschreibung der Bestände in den italienischen Bibliotheken
einzugrenzen, wurde schon bald zugunsten der Entscheidung ausgeweitet,
auch die humanistischen Handschriften in anderen Sammlungen vor allem
Europas, der Vereinigten Staaten und Kanadas einzubeziehen. Denn ein
erheblicher Teil dieses Materials ist im wesentlichen ebenfalls
italienischer Herkunft. Das so entstandene, fast die ganze Welt
umspannende Verzeichnis, das unter dem Stichwort Utopia sogar
humanistische Handschriften aus dem Besitz von Sammlern verzeichnet,
die nicht genannt sein wollen, füllt mit allen Ergänzungen und
Nachträgen, wie schon erwähnt, sechs zweispaltig und eng bedruckte
Bände. Die Auflistung aller besitzenden Bibliotheken und Sammlungen
umfaßt in Sigrid Krämers Bearbeitung von Kristellers Bibliographie der
Handschriftenkataloge allein dreißig Seiten.[7] Während die beiden
ersten Bände die Bibliotheken der Apennin-Halbinsel behandeln, führen
die Bände 3 - 5 das handschriftliche Material in den Bibliotheken von
Australia bis Sweden to Yugoslavia auf; der abschließende 6. Bd.
enthält - ebenso wie bereits vorher die Bände 2, 4 und 5 - Nachträge
und Ergänzungen zu den früheren Bänden.
1.3 Methode
Methodisch ist Kristellers Unternehmen, wie es der Untertitel mit
aller wünschenswerten Klarheit ausdrückt, eine Findehilfe zu
unzureichend oder gar nicht katalogisierten humanistischen
Handschriftenbeständen. In modernen Katalogen gut beschriebene
Handschriften werden diesem Zweck entsprechend nicht aufgeführt. Nicht
redundante, sondern ergänzende Information ist Kristellers Ziel. Das
utopische Unterfangen, einen allen modernen paläographischen,
kodikologischen und texthistorischen Ansprüchen genügenden
wissenschaftlichen Totalkatalog humanistischer Handschriften zu
erstellen, strebt er nicht an. Mit dem für die heutige
wissenschaftliche Praxis bemerkenswerten Mut zur Vorläufigkeit und
Unvollkommenheit hat er ein vor allem auf die überlieferten Texte
ausgerichtetes Handschrifteninventar, eben, wie der Titel sagt, eine
finding list vorgelegt, die in all ihrer Vorläufigkeit über Jahrzehnte
hinweg elementaren forschungspraktischen Bedürfnissen entsprechen
wird. Ohne die Zuarbeit von Mitarbeitern und Gelehrten der die
Handschriften verwahrenden Institutionen und Sammlungen wäre dieses
Projekt nicht realisierbar gewesen. Die Danksagungen in den Vorworten
zu den einzelnen Bänden füllen daher auch Seiten. Der Aufbau des
Gesamtwerkes folgt - sieht man von den beiden ersten, Italien
gewidmeten Bänden ab, dem Länderalphabet. Innerhalb der Länder sind
die Kapitel alphabetisch nach den Städten, ihren Bibliotheken und
gegebenenfalls nach ihren Handschriftenfonds gegliedert. Diese
grundlegende Gliederung des Materials bildet auch für die
CD-ROM-Ausgabe die entscheidende Grundeinheit, das Dokument, auf das
sich standardmäßig jede Suche bezieht. Die Handschriftenbeschreibungen
enthalten, in Absätze oder - in der Sprache der digitalisierten
Version - in Paragraphen aufgeteilt, zwei methodisch unterschiedliche
Beschreibungsformen, nämlich excerpts und descriptions. Während die
Exzerpte auf Abschriften aus den bibliotheksinternen Verzeichnissen
und Inventaren beruhen, werden die von Kristeller auf Grund eigener
Einsichtnahme verzeichneten Handschriften unter den descriptions
aufgeführt. Gerade dieser letztgenannte Teil des Werkes enthält neben
den Angaben zu Autor und Werk der überlieferten Materialien recht
häufig auch Initien.
2. Die CD-ROM-Ausgabe des Iter Italicum
Ebenso wie Kristellers erwähnte Bibliographie der
Handschriftenkataloge hat sich auch der Iter Italicum im Laufe der
Jahre zu einem Standardwerk und zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel
der Mediävistik, der Renaissanceforschung und der Handschriftenkunde
entwickelt. Je häufiger man jedoch dieses Werk konsultierte, desto
spürbarer machte sich sein Hauptmangel bemerkbar: die unzureichenden
oder fehlenden Spezialregister.[8] Die den gedruckten Bänden
beigegebenen Register, die vielfach erst Jahre nach Auslieferung des
Textbandes erschienen, erschließen den reichen Inhalt der Bände nur
unter einem Aspekt, nämlich dem der erwähnten Autoren und Personen.
Spezialregister zu den Werken, Sachbegriffen und Initien fehlen. Auch
die durch den Gang der Bestandserschließung notwendig gewordenen
Addenda und Supplementa in aufeinander folgenden Bänden machten die
Benutzung des Werkes immer unübersichtlicher. Hier nun verspricht die
von Luciano Floridi betreute CD-ROM-Ausgabe Abhilfe.
2.1 Datenerfassung und -präsentation
Die Texte von Kristellers gedruckter Vorlage wurden für die
digitalisierte Version - anders als bei den vergleichbaren
mediävistischen Datenbanken - nicht gescannt, sondern um der Exaktheit
willen erneut manuell erfaßt. Bei der Umsetzung der Druckfassung in
die CD-ROM-Ausgabe und bei der Gestaltung der elektronischen
Oberfläche ließ sich Floridi, wie er in seinem Vorwort kurz darlegt,[9]
von zwei Prinzipien leiten: Zum einen sollte die Benutzung auch für
den ungeübten Benutzer so einfach wie möglich sein, zum anderen sollte
die Organisation der Daten und ihre Präsentation so weit wie möglich
der des Druckwerkes entsprechen. Die Verwirklichung beider Ansprüche
ist mit der vorliegenden Software von Elektroson (Eindhoven) und Brill
(Leiden), weitgehend gelungen, allerdings mit einigen ärgerlichen
Einschränkungen. Denn die Anwendungsprogramme enthalten mehr
Wermutstropfen als die Verlagsankündigung vermuten läßt.
2.2 Technische Spezifikationen
Die ausgelieferte CD-ROM des Iter Italicum enthält neben der
Windows-Version auch eine DOS-Version, die, wie Verlagsprospekt und
Handbuch verkünden, "not as advanced as the Windows version" sei
(Handbuch, S. 34). Was das bedeutet, wird noch zu zeigen sein. Die
Minimalanforderungen an die Hardware für die Installation beider
Versionen werden leicht auch von älteren Geräten erfüllt.[10] Die
Installation vollzieht sich bei beiden Versionen bis auf die
notwendigen Laufwerksangaben problemlos und automatisch. Die
Geschwindigkeit vor allem auch der Windows-Version war auf dem
Testgerät (486DX, 16 MB RAM, Vierfach-CD-ROM-Laufwerk) auch bei
komplexen und suchintensiven Abfragen erfreulich schnell.
2.3 Benutzeroberfläche
Die Benutzeroberfläche kennt als Abfragesprache nur Englisch; in ihrer
Anlage mit Suchmaske und Trefferanzeige in gegenüberliegenden Fenstern
hat sie große Ähnlichkeiten mit der Patrologia latina database (vgl.
IFB 95-1-159). Nach dem Programmstart erhält der Benutzer eine
Suchmaske, die in ihrer Standardeinstellung auf sehr einfache Weise
auch recht komplexe Datenabfragen ermöglicht. Über Mausklick oder
Tastatur lassen sich die Standardeinstellungen für die Suchfelder
(Volltext, Land, Ort, Bibliothek, Sammlung) und die Art der
Verknüpfung der Felder durch die Boole'schen Operatoren UND, ODER,
NICHT nach individuellen Bedürfnissen einstellen. Auch die
Kontextoperatoren (paragraph range und Wortabstand) sind auf diese
Weise leicht veränderbar. Damit kann man die sich aus der oben
detailliert beschriebenen Dokumenten- und Absatzstruktur des
Druckwerkes für die Formulierung von Suchabfragen ergebenden
Konsequenzen leicht steuern, und zwar die Ausdehnung einer Suche auf
ein ganzes Dokument (Bibliothek oder Fonds) oder die Eingrenzung auf
ein oder zwei Absätze mit ein oder zwei Handschriftenbeschreibungen
(z.B. bei der Suche nach bestimmten Werken eines Autors in einer
Handschrift). Dieser zentrale Aspekt der Benutzung der Software ist
zwar im Handbuch ausdrücklich betont worden, doch meines Erachtens in
seiner ganzen Tragweite für den das Druckwerk nicht genau kennenden
Benutzer nicht detailliert genug erklärt. Mit Mausklick oder Tastatur
ist auch das gesamte Suchbegriffsregister zu jedem Feld leicht
abfragbar und durch einfachen Tastendruck in die Suchmaske
übertragbar. Standardmäßig sind aus dieser Oberfläche heraus Fragen
z.B. nach einem Werk eines beliebigen Autors in einem bestimmten Land
oder einer bestimmten Bibliothek sofort möglich. Für die
Handschriftenforschung besonders wichtig ist zudem die Möglichkeit,
neben den Sachbegriffen und Titeln der Werke auch die von Kristeller
in unterschiedlicher Dichte mitgeteilten Initien über eine einfache
UND-Verknüpfung abzufragen. Die Retrievalsprache der Software
beherrscht außer den bereits genannten Fähigkeiten auch einige
Trunkierungsmöglichkeiten, und zwar die variabler Links- oder
Rechtstrunkierung oder fester Innentrunkierung; feste Innentrunkierung
ist auch in Verbindung mit variabler Links- oder Rechtstrunkierung
zulässig. Dem sich langsam ausbildenen Standard für Datenbanken
überwiegend oder ausschließlich lateinischer Texte entspricht auch die
Fähigkeit der Software, bei der Suchabfrage durch die Gleichsetzung
der Konsonanten- und Vokalkombinationen u/v, i/j und e/ae einige
Schwierigkeiten der mittellateinischen Orthographie technisch zu
umgehen. Suchabfragen können gespeichert und so wiederholt abgerufen
werden.
2.4 Anzeige und Ausgabe
Die Resultate einer Anfrage werden in einander gegenüberliegenden
Fenstern angezeigt, links die Trefferliste, rechts nach Tastendruck
oder Mausklick das aus der Liste ausgewählte Dokument. Das Programm
springt automatisch zum ersten gesuchten Begriff, der rot
hervorgehoben ist; über Schaltflächen unterhalb des Dokumentenfensters
kann man dann weiter von Belegstelle zu Belegstelle oder von Dokument
zu Dokument springen. Über eine Symbolleiste ist es ohne größere
Umwege möglich, die Suchmaske oder die beiden Ergebnisfenster zu
aktivieren, gefundene Dokumente zu speichern oder zu drucken sowie
einzelne Textstücke aus einem Dokument in die Zwischenablage von
Windows zu kopieren, um sie dann in einer anderen Windows-Anwendung
weiterzubearbeiten. Für umfangreiche Recherchen sind ferner zwei
weitere Fähigkeiten von besonderem Interesse, nämlich die Möglichkeit,
bei einzelnen Absätzen eines Dokuments elektronische Lesezeichen
einzufügen oder auch zu einzelnen Treffern kurze Textnotizen
abzulegen.
2.5 Mängel der WINDOWS-Version
Man könnte die Software der CD-ROM-Ausgabe von Kristellers Iter
Italicum rundum loben, wären da nicht doch einige ärgerliche
Eigenheiten des Produkts, die wieder einmal zeigen, daß - wie anderswo
auch - zwar die Suchfähigkeiten recht solide durchprogrammiert sind,
die Ausgabefähigkeiten der Software aber, die besonders im
Bibliotheksbetrieb für die Benutzer dieser CD-ROM-Ausgaben von
besonderer Bedeutung sind, allzu stiefmütterlich behandelt wurden.
Gesamte Dokumente, die allerdings sehr lang sein können, lassen sich
leicht sichern oder ausdrucken. Doch was tut der Gelehrte, den nur
einzelne Handschriften aus einer Bibliothek interessieren und der sich
seine Treffer nicht vom Bildschirm mit dem Bleistift abschreiben
möchte. Er muß die ihn interessierenden Textstückchen markieren und
über die Windows-Zwischenablage exportieren. Die Software läßt aber
nur die Markierung eines einzigen Absatzes zu; nicht einmal
aufeinander folgende - geschweige denn weiter auseinander liegende
- Absätze oder gar Absatz und Fundstellennachweis zusammen können auf
diese Weise auf einmal in die Zwischenablage kopiert werden. Der
Markierungs- und Kopierprozeß muß, was letztlich unzumutbar ist, für
jedes Textpartikel gesondert wiederholt werden. Auch der Ausweg über
die Seitenvorschau eines Dokuments ist dem Benutzer verbaut. Zwar
verspricht die Programmoberfläche, einzelne Seiten eines bestimmten
Dokuments ausdrucken zu können, also beispielsweise die Seite mit der
Fundstelle, aber in der Praxis druckt die Software entgegen der
Behauptung der Bildschirmanzeige immer ordentlich das ganze Dokument
ab Seite 1 aus, wobei es allerdings wahrheitswidrig behauptet und auch
druckt, Seite 1 sei die gerade extra ausgewählte Seite. Auch die
Ausgabe der so nützlichen Notizen ist nicht frei von Fallen. Zwar wird
der Text der Notiz und der des Fundstellennachweises ausgedruckt, das
eigentlich Wichtige, nämlich der Text der Fundstelle, fehlt. Hier sind
dringend Nachbesserungen nötig.
Ein anderes Problem betrifft nicht die Ausgabeprogramme der Software,
sondern die Datenerfassung und Datensuche. Die
Suchbegriffsaufbereitung der Software zerschlägt den einzelnen
Suchbegriff, sofern auch nur ein Buchstabe in ihm in runde Klammern
gesetzt ist, in mehrere Suchbegriffe. Aus dem Initium (S)icut ordo
nostre doctine (Bd. 3, S. 695) generieren die Aufbereitungsprogramme
die Suchbegriffe s und icut, aus dem Autorennamen (Bd. 3, S. 481)
B(ebel) die Suchbegriffe B und ebel. Mit einer Trunkierung der
Suchbegriffe gelangt man zwar ans Ziel; doch welcher Benutzer weiß
schon, welcher Buchstabe in der handschriftlichen Vorlage ausgefallen
ist und daher von Kristeller in runde Klammern gesetzt worden ist.
Auch hier ist dringend Nachbesserung nötig.
2.6 Gravierende Mängel der DOS-Version
Die mitgelieferte DOS-Version verhält sich entgegen der oben zitierten
euphemistischen Formulierung des Verlages zur Windows-Version wie ein
altersschwacher Trabbi zu einer Limousine der oberen Mittelklasse mit
Klimaanlage und Sechs-Zylinder-Motor. Wer weiß, wie gut
DOS-Datenbanken sein können,[11] ist über die selbstgestrickt und lieblos
wirkende Oberfläche des Programms entsetzt. Die Handhabung ist
umständlich, die Beschreibung im Handbuch unzureichend. Das Retrieval
erlaubt nur variable Links- oder Rechtstrunkierung; die Vokal- und
Konsonantengleichsetzung i/j, u/v, e/ae wird nicht unterstützt. Die
Suchmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt; sie reduzieren sich
letztlich auf ein einfaches Textretrieval. Verknüpfungen zwischen
Volltextsuche und einzelnen Feldern sind nicht möglich. Eine Suche
nach allen verzeichneten Sallust-Handschriften beispielsweise in
Berlin, die für die Windows-Version zu den Selbstverständlichkeiten
gehört, ist hier nicht ausführbar. Einen Vorteil allerdings hat diese
Version gegenüber der Windows-Version: Sie bietet bei der Datenausgabe
auf Festplatte, Diskette oder Drucker zu dem Absatz mit der Fundstelle
auch den Fundstellennachweis mit Band- und Fondsangabe. Dennoch ist
die DOS-Version nicht einmal ein schwacher Ersatz für die
Windows-Version. Der Verlag sollte sich überlegen, dieses Angebot aus
dem Programm zu nehmen oder deutlich zu optimieren. Wie man das tun
kann, zeigen die von der Konkurrenz Brepols vertriebenen
mediävistischen Datenbanken.
Bernd Michael
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