Nachdem die schweizerischen Hochschulschriften zukünftig also auf anderem Weg ermittelt werden müssen, stellt sich auch die Frage, inwieweit das Jahresverzeichnis für die retrospektive Recherche noch in den Informationsapparaten benötigt wird, oder ob diese hinreichend durch andere Verzeichnisse abgedeckt werden kann. Man stößt bei dieser Untersuchung auf dieselben Probleme, die die retrospektive bibliographische Kontrolle in den deutschsprachigen Ländern generell negativ auszeichnet.
Lange Zeit verzeichnete die SLB im Schweizer Buch (SB) und in dessen
Vorgängern[2] sowie die UB Basel im Jahresverzeichnis parallel die
schweizerischen Hochschulschriften. Ab 1954 übernahm dann die SLB die
Erstellung des Jahresverzeichnisses, da die Belastung für die UB Basel
zu groß geworden war, Herausgabe und Vertrieb blieben jedoch - vor
allem wegen der bestehenden Tauschbeziehungen - bei der UB Basel.
Weshalb diese Doppelverzeichnung sogar unter einem Dach noch so lange
weitergeführt wurde, erklärt sich z.T. aus einer bereits 1948
getätigten Umfrage bei den schweizerischen Buchhändlern: diese hatten
sich eindeutig für die Beibehaltung der Verzeichnung der
Hochschulschriften im SB ausgesprochen. An ein Einstellen des
Jahresverzeichnisses dachte man damals offensichtlich noch nicht;
statt dessen wurde mit 57. 1954 (1955) das Regelwerk für die
Formalerschließung im Jahresverzeichnis an die Praxis der SLB angepaßt
und den Titeln wurden die Signaturen der SLB beigegeben. Spricht man
von einer Doppelverzeichnung, ist das jedoch noch nicht ausreichend.
Zu der geschilderten Parallelverzeichnung im Jahresverzeichnis und im
SB, kommt für 1948 - 1980 die Kumulation der Daten im Schweizer
Bücherverzeichnis, außerdem der ältere Katalog der Schweizerischen
Landesbibliothek : Alphabetisches Verzeichnis der bis 1900
erschienenen Druckschriften und seine Fortsetzung für die Berichtszeit
1901 - 1947 als Systematisches Verzeichnis der schweizerischen oder
die Schweiz betreffenden Veröffentlichungen. Auf Grund der eben
geschilderten Zusammenhänge und da seit 1996 alle Hauptkataloge der
SLB elektronisch erfaßt und die Rekonvertierungsmit der
Produktionsdatenbank in der Helveticat-Datenbank zusammengeführt sind,
können die Hochschulschriften hier auch retrospektiv recherchiert
werden.
Stichprobenvergleiche des Helveticat mit dem Jahresverzeichnis
ergaben, daß der größte Teil der schweizerischen Hochschulschriften
enthalten ist, als lückenhaft erwiesen sich lediglich bei den älteren,
um 1900 entstandenen Hochschulschriften die Bereiche Medizin,
Naturwissenschaft und Technik. Mit dem Helveticat bietet sich
demzufolge die Möglichkeit, nahezu alle schweizerischen
Hochschulschriften online mit den Vorzügen zahlreicherer
Zugriffsmöglichkeiten und des großen Berichtszeitraumes zu ermitteln.
Eine Konsultation mehrerer Jahrgänge eines Nachschlagewerkes oder
mehrerer verschiedener Verzeichnisse ist eigentlich nicht mehr nötig.
Doch auch mit konventionellen Nachschlagewerken gibt es diverse Wege,
um Ermittlungen im Jahresverzeichnis zu umgehen. Zum einen sind in
diesem Zusammenhang die oben genannten von der SLB erstellten
Verzeichnisse anzuführen, die oft größere Berichtszeiträume umfassen
und meist mehr Suchmöglichkeiten bieten als das nach Fakultätsordnung
angelegte Jahresverzeichnis mit seinem Verfasserregister, zum anderen
war zu überprüfen, inwieweit das Gesamtverzeichnis des
deutschsprachigen Schrifttums, d.h. GV-alt 1700/1910 und GV-neu
1911/65 sowie das Gesamtverzeichnis deutschsprachiger
Hochschulschriften (GVH) 1966/80 hinlängliche Alternativen zum
Jahresverzeichnis darstellen. GV-alt und GV-neu weisen für
schweizerische Hochschulschriften unterschiedliche Aufnahmekriterien
auf. Während das später erschienene GV-alt aus der deutschsprachigen
Schweiz alle Schriften unabhängig von ihrer Sprache und ausschließlich
die deutschsprachigen für die französisch- und italienischsprachigen
Landesteile der Schweiz berücksichtigt, so daß man also nur die nicht
deutschsprachigen in Genf und Lausanne eingereichten
Hochschulschriften i.d.R. dort nicht ermitteln kann,[3] galt im GV-neu
in Bezug auf das Jahresverzeichnis noch eine pragmatischere
Aufnahmeregelung, die aus dem Quellenverzeichnis hervorgeht und sich
im Stichprobenvergleich bestätigte: die in Basel, Bern, Freiburg, St.
Gallen und Zürich eingereichten Hochschulschriften wurden vollständig
aufgenommen, die der Hochschulen in Genf, Lausanne und Neuchƒtel
dagegen gar nicht berücksichtigt. Für den Berichtszeitraum 1966/80
kumulierte das Jahresverzeichnis vollständig im GVH, da für die
Verzeichnung der schweizerischen Hochschulschriften im GVH die
Jahrgänge 69. 1966 (1967) - 83. 1980 (1982) des Jahresverzeichnisses
und ergänzend Jahrgang 81. 1981 (1982) des SB herangezogen wurden.
Das Belassen des Jahresverzeichnisses in den Informationsapparaten
scheint deshalb nicht nötig, bedenkt man die vielfältigen, oben
angeführten, alternativ zum Jahresverzeichnis verwendbaren
Nachweismittel, die zumeist mehr Zugriffsmöglichkeiten bieten und
größere Berichtszeiträume abdecken. Ob die Anordnung nach
Universitäten und Fakultäten einen unverzichtbaren Mehrwert darstellt,
bleibe dahingestellt. Den besten Ersatz bietet Helveticat, der
annähernd lückenlos (s.o.) den gesamten Berichtszeitraum abdeckt und
die vorteilhaften Recherchemöglichkeiten eines Online-Kataloges
bietet. Denkbar wäre auch eine CD-ROM-Ausgabe auf der Grundlage der
bereits von der SLB elektronisch erfaßten Daten.
Saskia Hedrich
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