Bei aller Skepsis gegenüber pauschalisierenden Signaturzuschreibungen ist es für einen Überblick über die japanische Philosophie sicherlich hilfreich, daß die Autoren versuchen, ein in ihr immer wiederkehrendes Denkmuster herauszuarbeiten. Sie charakterisieren die japanische Philosophie im besonderen und die ostasiatische Philosophie im allgemeinen als topische Philosophie. Das heißt, daß in ihr bestimmte Denkbilder und Leitbegriffe - Topoi - ein argumentativ höheres Gewicht haben als rational-logische Ableitungen oder Systembildungen.
Dem guten Gesamtaufbau des Buches und dem Überblick, den es
verschafft, stehen jedoch einige Mängel gegenüber. Generell ist
festzustellen, daß über weite Strecken das Verhältnis zwischen
Allgemeinheits- und Detailebene nicht gut ausgewogen ist. Auf der
einen Seite operiert der Text mit allgemeinen Etiketten (Bezeichnungen
von Schulen, Denkrichtungen, Philosophemen), die zwar für den Experten
aussagekräftig erscheinen mögen, für den Laien aber Worthülsen
bleiben. Auf der anderen Seite wird mit Zitaten gearbeitet, ohne daß
sich die Kluft zwischen Detail und Allgemeinem schließt. In einigen
Kapiteln (und hier besonders im Kapitel zum Buddhismus) verlieren sich
die Autoren auf diese Weise in Erörterungen, die eher etwas in der
spezifischen Fachliteratur zu suchen haben als in einem Text, der sich
doch wohl an das breitere Publikum wenden will. So muß man auch
fragen, ob es wirklich hilfreich ist, die in lateinische Schrift
transkribierten japanischen Begriffen zu verwenden. Für den Laien
tragen die Originalausdrücke sowieso nichts zum Verständnis bei, sie
erschweren lediglich die Lektüre. Wenn man aber diese Ausdrücke
verwenden will, dann sollte man Nägel mit Köpfen machen und die
entsprechenden Ausdrücke auch in ihrer Schreibung mittels chinesischer
Schriftzeichen - und sei es nur im Glossar - angeben.[1] Was die
Klarheit der Darstellung der philosophischen Positionen angeht, so
bleibt sie hinter der von Junko Hamada zurück, der kürzlich ein
äußerst instruktives Buch zur jüngeren japanischen Philosophie verfaßt
hat.[2] Ein Blick in Hamadas Werk macht zudem deutlich, wie stark
Pörtner und Heise den Stoff für ihr Buch reduziert haben. Das ist für
ein Einführungswerk sicherlich gut und richtig, doch hätte man diesen
Mangel durch einige tabellarische Übersichten und vor allem durch eine
gründlichere Bibliographie wettmachen können.
Abschließend sei auf zwei unschöne Fehler hingewiesen, die beim
Korrekturlesen nicht entdeckt wurden. Erstens gliedert sich Japan in
vier Hauptinseln und nicht in drei, wie in der Einleitung angegeben
(S. 7). Und zweitens gehört die japanische Bevölkerung zum mongoliden
Typus und nicht zum mongoloiden (S. 46), wenn man schon derlei
Typenzuweisungen vornehmen zu müssen glaubt, was allerdings im
Zusammenhang mit der Darstellung philosophischer Positionen nicht
recht einleuchtet.
Frank Mielke
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