Das Verzeichnis lieferbarer Titel besteht selbst wieder aus zwei Teilen; diese noch einmal aus jeweils zwei Alphabeten der Verlagsnamen, der allgemeinen und der Kinder- und Jugendliteratur. Die beiden Teile bieten, getrennt nach Österreich und Südtirol einerseits, Deutschland, Schweiz usw. andererseits, die Titel österreichischer Autoren aus den jeweiligen Verlagsprogrammen. Der Österreich- bzw. Südtirol-Band enthält das etwa 6600 Titel umfassende Programm von 235 Verlagen, von denen 56 ein Kinder- und Jugendbuchprogramm führen. Die Neuerscheinungen 1995 werden mit einem Werbetext präsentiert. Der Auslandsband weist rund 5300 Titel in nicht-österreichischen Verlagen nach. Zwei Register der allgemeinen bzw. der Autoren von Kinder- und Jugendbüchern verweisen jeweils auf die Verlage.
Den Kern des Unternehmens, der in Bibliotheken für längere Zeit von Interesse sein wird, bildet jedoch das Autorenlexikon. Betitelt wird es als AutorInnen-Lexikon - mit penetranter political correctness von Sprachbürokraten, die sich nicht auf Österreichs Mitzeichnung der neuen Rechtschreibreform berufen können, wird da die Sprachsensibilität vieler österreichischer Schriftstellerinnen verhöhnt. (Die beschriebenen Verzeichnisse lieferbarer Bücher erproben dazu noch die Variante Autor/inn/enregister.)
Es handelt sich um ein alphabetisch angelegtes Verzeichnis, dessen
einzelne Einträge in der Regel folgende Kategorien einschließen: Name
und ggf. abweichende Formen; Geburtsdatum und -ort; Preise,
Auszeichnungen usw.; Kurzbiographie; Mitgliedschaften;
bibliographische Verzeichnung der selbständig erschienenen
Erstveröffentlichungen. Fast allen Artikeln ist eine Photographie
beigefügt. Es fehlt die Sekundärliteratur, für die man eine ebenfalls
1995 erschienene Veröffentlichung der Forschungs- und
Dokumentationsstelle für Neuere Österreichische Literatur heranziehen
kann.[2]
Das Lexikon beschränkt sich - im Gegensatz zum Verzeichnis lieferbarer
Bücher - auf lebende österreichische Autoren, gleichgültig ob sie in
Österreich geboren sind, dorthin zu- oder von dort weggezogen sind.
Der Kreis der Aufgenommenen ist auch sachlich erfreulich weit gezogen.
So wird z.B. auch die sonst oft vergessene Übersetzung zu Recht als
genuin literarische Tätigkeit verstanden. Ähnlich weit gefaßt sind
auch die Werkkriterien im bibliographischen Teil, der jeweils auch
Daten zur Tätigkeit für Theater, Film, Fernsehen, Rundfunk usw.
enthält.
Bei der Benutzung ist - trotz der Mitwirkung so renommierter
Institutionen wie der Dokumentationsstelle für Neuere Österreichische
Literatur - die Vorsicht vonnöten, die sich eben bei allen schnell aus
aktuellem Anlaß erstellten Produkten empfiehlt. Die Biographien
beruhen zu einem großen Teil auf Selbstpräsentationen. So bleiben
erklärtermaßen "Angaben unberücksichtigt, die zwar möglich und
vorgesehen gewesen wären, aber auf Wunsch der AutorInnen nicht zur
biobibliografischen Darstellung herangezogen werden sollten." Dies
Verfahren als gestützt auf "autorisierte Angaben" zu bezeichnen - dazu
gehört schon ein wenig Schlawiner-Chuzpe.
Im einzelnen: Wenn Herbert Rosendorfer, der sich in seinen Schriften
immer wundert, zur österreichischen oder Südtiroler Literatur
geschlagen zu werden, verzeichnet ist, warum dann nicht der sich
selbst als Südtiroler Autor verstehende Franz Tumler? Wenn der
Biochemiker und Essayist Erwin Chargaff aufgenommen ist, warum nicht
die Kritikerin Sigrid Löffler, die freilich bekanntermaßen als persona
ingrata gilt. Wenn allenthalben die Möglichkeiten der
Dokumentationsstelle, der Österreichischen Nationalbibliothek usw. zur
Nachrecherche herangezogen worden sind, warum wird dann der erwähnte
H. Rosendorfer noch immer als Amtsrichter in München geführt, obgleich
doch bekannt ist, daß er bald nach der Wiedervereinigung ans
Oberlandesgericht nach Naumburg a. d. S. gewechselt ist? Vielleicht,
weil die entsprechende Aktualisierung des Kritischen Lexikons zur
deutschsprachigen Gegenwartsliteratur noch aussteht? Dergleichen
Fragen könnte man noch manche stellen. Es sei aber auch hervorgehoben,
daß der Autorenteil sehr viele nützliche Informationen
zusammengetragen hat, die man anderswo nicht findet.
Hans-Albrecht Koch
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