Eine Besonderheit bei Engler hingegen ist die ausführliche Schlußbibliographie, die Bibliographien, Lexika, aber auch Literatur zu verschiedenen Bereichen wie Themen und Stoffe, Metriken oder den einzelnen Epochen verzeichnet, wobei zum Teil Neuerscheinungen bis zu Beginn der neunziger Jahre aufgenommen werden. Der New Oxford companion verteilt statt dessen diese Bibliographie auf einzelne Artikel wie Bibliographies, Dictionaries, Histories of French literature etc. und enthält auch weiter gefaßte Sachbegriffe wie etwa den der versification, unter dem der Leser wiederum außer der Information über die Besonderheiten französischer Metrik Hinweise auf französisch- und englischsprachige Verslehren finden kann, während Engler im Eintrag Vers, Verslehre lediglich auf einzelne Verse verweist, weder hier nochmals einige Metriken aufführt noch vor allem die Grundsätze französischer Verslehre kurz zusammenfaßt, was doch gerade in einem sich an ein deutsches Publikum richtenden Nachschlagewerk wünschenswert gewesen wäre, wenn man bedenkt, wie hartnäckig deutsche Studierende der Romanistik oft nach Hebungen und Senkungen suchen, statt die Silben des jeweiligen Verses zu zählen.
Diese Tendenz scheint für die Sachartikel allgemein zu gelten: Engler neigt eher zum engeren Begriff und gibt eher knappe, manchmal zu knappe Definitionen, dafür aber oft die etwas aktuellere Literatur. Strukturalismus beispielsweise nimmt er gar nicht auf, während der Dictionnaire Bordas ihn immerhin mit zehn Zeilen und einem Verweis auf Lévi-Strauss bedenkt und der New Oxford companion ihm sogar gut drei Spalten widmet, also annähernd soviel wie der wesentlich umfangreichere Guide - aber, anders als im Guide, drei Spalten, die sehr informativ sind, die insbesondere grundlegende Prinzipien, wichtige Vertreter und die Geschichte der Strömung bis zu ihrer aktuellen Einschätzung darstellen und so, auch dank der Literaturangaben bis 1987, das Thema weit präziser umreißen als die oben bereits geschilderte Sichtweise Anthony Levis. Auch die Artikel zum Nouveau roman etwa oder zur Querelle erhalten bei Engler jeweils am wenigsten Raum, begnügen sich im ersten Fall mit einer Art kurzer, prägnanter Definition und der Nennung von sechs Autoren, im zweiten Fall mit zeitlicher Situierung, auslösendem Moment, Hauptvertretern und -etappen sowie in beiden Fällen einigen Literaturangaben. Abgesehen von diesen bibliographischen Hinweisen sind die Ausführungen zum Nouveau roman im New Oxford companion ungleich differenzierter, da, statt alles in einer gleichmachenden Definition zu erfassen, nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch Unterschiede zwischen den einzelnen Nouveaux Romanciers ebenso wie zwischen ihnen und etwa Sartre deutlich gemacht werden, die große Bedeutung der Romantheorie nicht unerwähnt bleibt und vor der abschließenden Wertung auch auf Folgen und Weiterentwicklungen eingegangen wird. Der Dictionnaire Bordas verweist dagegen unter Nouveau roman lediglich auf einige Autoren und Sachbegriffe wie den allgemeineren des Roman, wo sich dann aber nur etwa eine viertel Spalte zu dieser spezielleren Variante findet, und nennt keine Literatur, ebensowenig wie zur Querelle (aparterweise - dank einer Verweisung von Q - unter Anciens et des modernes (Querelle des) zu finden). Hier wie überall außer im Guide wird diese vorrangig als Literaturstreit, wenngleich mit philosophischen und/oder politischen Implikationen, dargestellt; Vorgeschichte, Hauptvertreter und -texte, wesentliche Etappen etc. sind im Dictionnaire Bordas ebenso enthalten wie im New Oxford companion, der das Thema auf weniger Raum, aber ähnlich informativ abhandelt (die Länge im Dictionnaire Bordas entsteht durch die Resümees zweier Texte von Fontenelle und Perrault), zusätzlich zu den Folgen aber auch noch unterschiedliche Sichtweisen und eine Wertung des Literaturstreits aufnimmt.
Ein weiteres Plus des New Oxford companion - im Unterschied nicht nur
zu seinen Konkurrenten, sondern auch zu seinen Vorgängern, The Oxford
companion of French literature von 1959[1] und der gekürzten, teilweise
aktualisierten Version von 1976, The concise Oxford dictionary of
French literature - besteht darin, daß jetzt relativ viele der
weiteren Sachbegriffe wie The middle ages oder Feminism nicht nur in
kurzen Lexikoneinträgen abgehandelt werden, sondern Gegenstand von
Artikeln sind, die durch ihre Länge und die Gliederung in Abschnitte,
die mit Überschriften versehen sind, beinahe Essay-Format annehmen und
so eine für ein einbändiges Lexikon unerwartet detaillierte
Information zu liefern vermögen.[2]
Weniger einschneidend als bei den Sachartikeln, aber natürlich in
gewissem Ausmaß dennoch spürbar sind die Unterschiede zwischen den
Autoreinträgen der einzelnen Lexika. Davon abgesehen, daß, wie
erwähnt, Engler die berühmteren Werke stets separat bespricht, der New
Oxford companion gelegentlich und der Dictionnaire Bordas nie, fällt
auf, daß Engler üblicherweise eine Kurzbiographie, eine Art
tabellarischen Lebenslauf, manchmal auch einzelne Ereignisse aus der
Lebensgeschichte, voranstellt, dann die Werke mit dem Datum ihrer
Erstveröffentlichung aufzählt, teilweise getrennt nach Gattungen oder
auch Bereichen (der Begriff Autor wird in allen drei Lexika weit
gefaßt und nicht auf die Verfasser fiktionaler Texte beschränkt), und
vor den abschließenden Literaturhinweisen eine Art Gesamtdarstellung
des jeweiligen Oeuvres gibt, die vor allem auf wiederkehrende Themen
oder charakteristische Verfahren der Texte eingeht und dabei, soweit
möglich, eigene Wertungen vermeidet.
Ähnlich aufgebaut sind die Autoreinträge im einbändigen Dictionnaire
Bordas, mit dem Unterschied, daß die biographischen Daten in der Regel
stärker auf das Werk bezogen bleiben und entsprechend innerhalb des
Artikels die einzelnen Texte samt dem Jahr ihrer Veröffentlichung
nicht blockweise, sondern nach und nach genannt werden. Auf die
Biographie folgt ebenfalls eine Gesamtdarstellung - die sich
allerdings nicht scheut, auch konkrete Beispiele zur Veranschaulichung
oder vor allem berühmt gewordene Passagen herauszugreifen - sowie
abschließend als Literaturangabe eine chronologisch nach den Daten der
Erstausgaben geordnete Liste der Werke mit einem Kürzel als Hinweis
auf die Gattungszugehörigkeit; auf die Angabe von Sekundärliteratur
wird, anders als im Engler und im New Oxford companion, völlig
verzichtet.[3] Gelegentlich werden bei bekannteren Autoren dann noch
Zusammenfassungen einzelner Texte hintangestellt, die aber
ausschließlich Inhalte referieren und deshalb oft, etwa bei Becketts
En attendant Godot und Fin de partie oder bei Anne Héberts Kamouraska,
weniger aussagekräftig sind als die zuvor gegebenen Informationen zu
Themen, Strukturen, Erzähltechnik, Umgang mit der Tradition etc.
Auch im New Oxford companion wird die Biographie auf relativ wenige
Elemente beschränkt und gleich im Zusammenhang mit den einzelnen
Texten geschildert. Bei dieser gleichsam integrierten Auflistung der
Werke erreichen die Artikel natürlich eine geringere Vollständigkeit
als beispielsweise jene im Engler, doch da ohnehin, wie es gerade im
Vorwort zur 2. Aufl. von letzterem heißt, "die Vollständigkeit der
Titelaufnahme in einem einbändigen Lexikon eine Utopie" ist und der
New Oxford companion sie ebensowenig anstrebt - "there is no attempt
to a complete listing" -, scheint dieser Nachteil nicht allzu
gravierend, zumal die Autorenartikel dadurch an Konkretheit gewinnen.
Die jeweils besprochenen Einzeltexte sind so ausgewählt, daß sie
exemplarisch für einzelne Aspekte des Gesamtwerks stehen können und
auf diese Weise ebenfalls dessen charakteristische Tendenzen deutlich
machen, ohne im völlig Allgemeinen zu verharren, von dem aus der Bezug
zum einzelnen Text oft schwer herzustellen oder wahrzunehmen ist.
Im Rahmen dessen, was ein einbändiges Lexikon zu leisten vermag,
können sicher alle drei Titel trotz der zwischen ihnen bestehenden
Unterschiede als empfehlenswert bezeichnet werden, wobei, was
bibliographische Hinweise anbelangt, Engler[4] wohl die meiste
Information bietet, während der New Oxford companion das Thema der
"literature in French" am detailliertesten und zugleich umfassendsten
darstellt, auch wenn er mit gut 3000 Einträgen etwa 500 Artikel
weniger enthält als Engler.[5]
Die größere Konkretheit bei gleichzeitig größerer Vollständigkeit zu
erreichen, fällt einem ebenfalls nur einbändigen Lexikon natürlich
leichter, wenn es sich chronologisch oder geographisch in irgendeiner
Weise einschränkt, wie dies bei den drei abschließend vorzustellenden
Titeln der Fall ist, die sich allerdings aufgrund ihrer
Spezialisierung nur sehr bedingt zueinander in Beziehung setzen lassen
und eher dem Vergleich mit den entsprechenden Teilen der allgemeineren
Lexika standhalten müssen.
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