Der Dictionnaire Voltaire nennt in dem nur auf dem Umschlag zu findenden Zusatz zwar "Werke, Themen, Personen, Orte", doch machen die drei zuletzt genannten nur einen ganz kleinen Anteil der lt. Vorwort über 250 Artikel aus: im Prinzip handelt es sich um ein Werklexikon mit Eintragungen unter der bekanntesten Form der Werktitel, zu denen noch einige Sammelartikel (z.B. Correspondance) treten. Die Artikel stammen von Voltaire-Forschern, die überwiegend auch an der von der Voltaire Foundation betreuten kritischen Ausgabe von Voltaires Werken mitarbeiten und sind namentlich gezeichnet. Sie behandeln Entstehung, Inhalt und Stellung im Gesamtwerk und schließen - leider nur teilweise - mit einer knappen Bibliographie der Ausgaben und der Untersuchungen. Daß letztere zu vielen der hier berücksichtigten kleineren Werke nicht vorliegen ist ebenso verständlich, wie es unverständlich ist, daß immer dann kein Nachweis für den Abdruck eines Werkes in den älteren Gesamtausgaben gegeben wird, wenn der Text weder in einer neueren Einzelausgabe noch in der kritischen Ausgabe der Voltaire Foundation erschienen ist. Register 1. der in den Artikeln erwähnten Personen und Werke sowie der Sachbegriffe; 2. der in den Artikeln erwähnten sonstigen Werke Voltaires ohne eigene Eintragung sowie der zahlreichen Titelvarianten. Eine Chronologie zu Leben und Werk leitet den Band ein; sie hätte durch eine weitere Chronologie der im Lexikon berücksichtigten Werke ergänzt werden sollen.
Das vorliegende Inventaire Voltaire deutet seinen besonderen Charakter
bereits im Titel an: es besteht zu einem beträchtlichen Teil aus
Voltaire-Zitaten, die - in Kursivschrift abgesetzt - in der Regel die
längeren Artikel beschließen. Diese sind namentlich gezeichnet und
stammen von 34 überwiegend französischen Mitarbeitern, wobei die
meisten Artikel den drei auf dem Titelblatt namentlich aufgeführten
Spezialisten für das französische 18. Jahrhundert zu verdanken sind.
Die insgesamt 1368 Artikel - in dieser Zahl sind allerdings auch reine
Verweisungsartikel sowie solche enthalten, die nur aus
Voltaire-Zitaten bestehen - behandeln Sachbegriffe, Orte und Länder,
Titel von Werken Voltaires und natürlich zahlreiche Personen, die mit
Voltaire in Verbindung standen, überwiegend also seine Zeitgenossen,
doch durchaus auch Personen anderer Epochen, die für Voltaire von
Bedeutung waren (z.B. Pierre Corneille) oder für die Voltaire eine
besondere Rolle spielte (z.B. Gustave Flaubert). Die Artikel sind in
ein Verweisungssystem eingebunden: gleich auf das Lemma folgen
Hinweise auf sachlich verwandte Artikel, so daß eine Lektüre im
Zusammenhang möglich ist und im Text sind wiederum alle jene Begriffe
und Namen mittels Asteriskus markiert, die über ein eigenes Lemma
verfügen. Überhaupt sind die Texte der Artikel auf Lesbarkeit angelegt
- eine Absicht, mit der sich womöglich auch das Fehlen jedweder
bibliographischer Angaben erklärt -, sollen sie doch zusammen mit den
z.T. langen Zitaten dazu dienen, Voltaire als unseren Zeitgenossen
(neu) zu entdecken. Das ist immerhin einen Versuch wert, denn die
Zitate stammen nicht nur aus seinen bekanntesten und auch heute noch
gelesenen Werken, sondern vor allem aus seinen sonstigen, nur den
Spezialisten vertrauten Schriften, und nicht zuletzt aus der immensen
Zahl seiner Briefe.[1] - Trotz der alphabetischen Anlage handelt es sich
der Absicht nach also eher um ein Lesebuch mit Anmerkungen,
angereichert durch kommentierte Schwarzweiß-Abbildungen,[2] als um ein
Nachschlagewerk im eigentlichen Sinne. Wenn man bedenkt, daß Voltaire
wie kein anderer französischer homme de lettres die Spätzeit des
Ancien Régime repräsentiert, daß er literarisch im Klassizismus des
Grand SiŠcle wurzelt und andererseits maßgeblich das SiŠcle des
LumiŠres repräsentiert und daß er dazu als internationale
Persönlichkeit ohne gleichen erscheint, hätte aus diesem Lexikon eine
Epochenenzyklopädie werden können. Da dies aber nicht in der Absicht
der Autoren lag, wird man es dem Lexikon nicht vorwerfen und
stattdessen zur allgemeinen Information über das Jahrhundert der
Aufklärung in Frankreich zu dem oben besprochenen Werk von Jean de
Viguerie[3] greifen, das andererseits natürlich auch Voltaire-Leser mit
Gewinn konsultieren können.
sh
Zurück an den Bildanfang