Deutschland mußte bis 1993 warten, bis es mit Bd. 79 Palatinat roman
als erstem von bisher 3 Bänden in der Reihe vertreten war. Auch in
diesem Fall erscheinen die deutschsprachigen Originalbände etwa
zeitgleich, und zwar im Echter-Verlag in Würzburg, der seit vielen
Jahren Bände über romanische Kunst aus der Reihe La nuit des temps für
den deutschsprachigen Leser in Übersetzung herausbringt und sich dabei
in der Auswahl ganz offensichtlich an den bevorzugten Reisezielen
deutscher Bildungsurlauber orientiert.[3]
Die Autoren der bisher erschienenen Bände der ungezählten Reihe
Romanik in Deutschland sind Kunsthistoriker (Die Kaiserdome ...) bzw.
Denkmalpfleger. Der erste Band enthält sogar einen Abschnitt Zum
Konzept der Zodiaque-Reihe (S. 9 - 10), der allerdings enttäuscht, da
er nicht wirklich auf die Konzeption eingeht, sondern fast
ausschließlich auf die Problematik der territorialen Gliederung der
Bände allgemein und des vorliegenden im besonderen. Er behandelt den
"nördlichen Teil des Oberrheingebietes" (S. 13) mit den "Kaiserdomen"
Speyer, Mainz und Worms. Der Autor thematisiert zwar die Problematik
des Begriffs "Kaiserdom" (S. 14 - 16), der allenfalls auf den Dom zu
Speyer zutrifft, dagegen sicherlich nicht auf die Bischofskirchen in
Worms und Mainz. Dazu kommt, daß diesen drei Bauten nur ca. 160 der
insgesamt ca. 380 S. gewidmet sind, da auch zahlreiche andere
romanische und vorromanische Sakralbauten behandelt werden, die sich
auf ein Territorium verteilen, das sich von Kloster Eberbach im
Nordwesten bis Kloster Maulbronn im Südosten und von Seligenstadt im
Nordosten bis Otterberg im Südwesten erstreckt und somit Bauten in
drei heutigen Bundesländern behandelt.[4] Die Gliederung des Bandes ist
wenig überzeugend: Von den einleitenden, bereits z.T. erwähnten
Bemerkungen abgesehen, beginnt er mit einem Abschnitt über Die
vorromanische Baukunst, gefolgt vom ersten Hauptteil Die Kaiserdome
und dem zweiten über Die großen Klosterkirchen des 11. - 13.
Jahrhunderts mit monographischen Abschnitten über einzelne Kirchen
bzw. einer Mischung aus Sammelabschnitten lokalen (Die Kirchen der
Stadt Worms), regionalen (Die Kirchen des Rheingaus), typologischen
(Die Nachfolger des Wormser Doms) bzw. chronologischen (Die letzte
Phase der Spätromanik) Zuschnitts mit Abschnittchen über Die kleineren
Kirchen aus salischer Zeit und Kirchtürme aus staufischer Zeit. Sieht
man von den Kurzbeschreibungen in den Sammelabschnitten ab, so
gliedern sich die monographischen Darstellungen in einen Teil
Geschichte und einen Teil Besichtigung, der nach einzelnen Bauteilen
und bei der Kirche dann weiter nach dem Äußeren bzw. Inneren
gegliedert ist. Die Baubeschreibungen bestechen durch Präzision und
Nüchternheit und lesen sich am besten "vor Ort", da nur der kleinste
Teil des Beschriebenen auch abgebildet ist; auf vorhandene Abbildungen
wird im Text mit der Nummer verwiesen. Trotzdem ist der Band als
Führer bei Besichtigungen nur bedingt brauchbar, da der Besucher ja
kaum die Ausstattungsstücke aus nachromanischer Zeit wird übersehen
wollen, die hier nicht behandelt werden. So sind z.B. bei der
Beschreibung des Inneren der Klosterkirche Eberbach gerade noch "die
sehr qualitätvollen Grabdenkmäler Mainzer Erzbischöfe des 14.
Jahrhunderts" (S. 260) erwähnt, die Grablege der Grafen von
Katzenelnbogen aber schon nicht mehr. Um bei Kloster Eberbach als
Exempel zu bleiben: ein großzügiger Plan der Gesamtanlage des Klosters
(S. 252 - 253), ein Grundriß der Kirche (S. 256), eine Tabelle mit
deren Maßen (S. 257) sowie ganz knappe Literaturangaben (gerade 2
Titel) am Schluß ergänzen die Beschreibung und die drei Abbildungen
(Nr. 69 - 71).[5]
Der Band Romanik in Altbayern ist von der räumlichen Begrenzung viel
weniger problematisch: er behandelt - in dieser Abfolge - die Diözesen
Regensburg und Passau (die Beschreibung der Kirchen der Stadt
Regensburg nehmen allein die ersten 150 Seiten ein), Eichstätt,
Augsburg sowie Freising (einschließlich der einstmals zum Bistum
Salzburg gehörigen Orte). In der Einführung wird der Leser u.a. über
Landeskundliche Voraussetzungen, Herrschaft und Stifter, Bistümer und
Klöster sowie über den romanischen Kirchenbau und seine Bauteile
aufgeklärt. Letzteres würde auch den beiden anderen Bänden gut
anstehen.
Der Band Romanik der Königslandschaft Sachsen deutet mit dem Begriff
"Königslandschaft" an, daß das behandelte Gebiet nicht etwa im
heutigen Bundesland Sachsen zu suchen ist, sondern im alten Herzogtum
Sachsen und somit dem heutigen Land Niedersachsen sowie Teilen von
Sachsen-Anhalt.[6] Die Abfolge unterscheidet sich von der eher
verwirrenden des ersten Bandes und der Gliederung nach Diözesen des
zweiten durch eine rein formale, nämlich dem Ortsalphabet folgende,
und zwar in zwei Teilen für Hauptwerke und Kurzbeschreibungen.
Abweichend von den beiden anderen Bänden sind die bibliographischen
Angaben nicht den Beschreibungen zugeordnet, sondern am Schluß
zusammengefaßt, was für den Abschnitt Allgemeines[7] noch angehen mag,
für den Abschnitt Objekt- und werkbezogene Darstellungen aber
ausgesprochen unpraktisch ist, da innerhalb nur alphabetisch geordnet
ist und man sich die Titel zu einem Ort oder einem Bauwerk erst mühsam
zusammensuchen muß.
Insgesamt wäre der Reihe Romanik in Deutschland, für die weitere fünf
Bände vorgesehen sind,[8] eine größere Einheitlichkeit zu wünschen.[9] Die
eigentlich notwendige Präzisierung des Titels, daß hier ausschließlich
sakrale Bauwerke behandelt werden, läßt sich nachträglich allerdings
kaum noch einbringen. Insgesamt nehmen die Bände von ihrer Funktion
her eine schwierige Zwitterstellung ein: als allgemeine (regional
gegliederte) Einführung in die romanische Kunst taugen sie nur bedingt
und auch als Kunstführer sind sie allein nicht zureichend, es sei
denn, der Reisende verschlösse die Augen vor allem nicht Romanischen
und vor profaner Architektur allemal. Da es für Deutschland genügend
adäquate Kunst-(Reise-)Führer gibt, entfällt auch der Effekt, den die
Bände zur französischen und italienischen Kunst der Romanik erzielen,
nämlich auf wenig Bekanntes aufmerksam zu machen. Das wird der
Akzeptanz dieser Bände bei einer eingestimmten Gemeinde allerdings
keinen Abbruch tun, für die der Verlag sogar "Leserreisen" "unter der
fachkundigen Führung des Autors" organisiert; einen Band der Reihe
"nach Ihrer Wahl" gibt es als kostenlose Dreingabe.
sh
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