Nach den beiden ersten Ausgaben 1984 und 1985 in Form von Mikrofiches
stellt die RISM-Zentrale Frankfurt nun einen sehr viel umfangreicheren
Materialvorrat auf CD-ROM zur Verfügung.[1] Damit besteht die
Möglichkeit, den fortwährend aktualisierten Stand in der
Quellenerfassung für in verschiedensten Recherchen zu erschließen.
Die CD-ROM enthält Titel vom 17. Jahrhundert bis in die jüngste Zeit.[2]
Auch sind einige Handschriften des 16. Jahrhunderts insbesondere aus
Schweden und Dänemark aufgenommen worden. Hatte die erwähnte
Mikrofiche-Ausgabe nicht den erhofften Erfolg,[3] so verspricht man sich
demgegenüber jetzt größere Akzeptanz durch die quantitativ wesentlich
erweiterte Form des Quellennachweises.[4]
Um diesem Ziel näherzukommen, wäre dem Erstling aus dem Hause RISM ein
wesentlich besser ausgestattetes Handbuch zu wünschen. So erfährt der
Leser auf sieben Seiten Vorwort zwar einiges über das Vorhaben und den
Umfang von RISM, doch werden dann auf nur sechs, der Praxis gewidmeten
Seiten (S. 20 ff. Einige Suchbeispiele) lediglich 3 Beispiele[5]
vorgeführt; zu wenig, um die unterschiedlichen Fragestellungen bei der
Suche nach Handschriften zu repräsentieren. Darüber hinaus enthält das
Handbuch Angaben zu Systemvoraussetzungen[6] und Installation; eine nach
Bibliothekssigeln geordnete Statistik der Einträge; eine Beschreibung
der Indizes; von Inhalt und "Sortierung der Ergebnisliste"; des
Aufbaus der Titelbeschreibungen; eine Liste der Abkürzungen und
Beschreibungen; einen Zahlenschlüssel für Besetzungsangaben; eine
Beschreibung der Kodierung der Musikincipits in deren Index. Wollte
man das Handbuch nicht unnötig anschwellen lassen, so wäre doch eine
Kurzdarstellung der Abfragemöglichkeiten mit einer kurzen Erklärung
der anzuklickenden Symbole und ihrer Befehle eine wesentliche
Erleichterung.
Die CD-ROM bietet die Auswahl zwischen einer deutsch-, einer englisch-
und einer französischsprachigen Version der Bedienungsoberfläche; so
bleibt dem user die gedankliche Schwierigkeit erspart, Komponist in
composer oder componiste zu übersetzen. Da der Datenbankinhalt selbst
aber englisch ist, kann der deutsch- bzw. französischsprechende
Benutzer trotzdem auf englische Fachbegriffe nicht verzichten: bei der
Suche nach Motetten und Sonaten beispielsweise ist das englische Wort
als Suchbegriff einzugeben. Zudem müssen die (aufs Englische
zurückgehenden) Abkürzungen enträtselt werden, die bei Datierung und
Stichwort erscheinen. Die sprachliche Diversifikation hat also im
wesentlichen kosmetischen Charakter. Andererseits sind dann doch
fachbezogene Sprachkenntnisse erforderlich: so erscheinen die sehr
kurz gehaltenen Angaben zur Handschrift in allen Versionen nur in
deutscher Sprache (z.B.: "Italienische Lautentabulatur. Enthalten in
Sammelhandschrift"). Dazu kommen gelegentlich weitere Kurzangaben. Die
bibliothekarische Aufarbeitung der enthaltenen Bestände zeigt
verschiedenen Stand und ist oft zu knapp. Dementsprechend sind die
bereitgestellten Daten oft nicht gleichermaßen informativ. Die
angebotene Suche z.B. nach Tonarten führt daher nicht grundsätzlich
zum Erfolg, da sie auf diejenigen Titel beschränkt bleibt, die
derartige Angaben in der Quelle aufweisen. Damit wird nur ein
Ausschnitt des bereitgestellten Materials erfaßt. Auch Angaben zu
Wasserzeichen, der Blattgröße (selten), ggf. zu verschiedenen
Schrifttypen wären erwünscht.[7]
Der Benutzer wäre sicherlich auch dankbar gewesen, wenn man es ihm
erspart hätte, die Mechanismen des "Blätterns" durch die Technik des
trial and error selbst allzu lange auszuprobieren. Dem Suchenden
- etwa von Motetten - bleibt nicht erspart, den Titel anzuklicken, um
die Stimmenanzahl zu erfahren. Notenincipits bleiben bis auf wenige
Fälle auf die Darstellung der Oberstimme beschränkt. Damit wurde
leider von dem Verfahren im RISM-Sonderband zum Tenorlied,[8] die
Incipits aller Stimmen darzustellen, abgewichen; beim Vergleich mit
anderen Quellen ist man auf deren Vollständigkeit angewiesen. Auf die
Darstellung in Noten wird ganz verzichtet, wenn der Notentext in
irgendeiner Ausgabe greifbar ist, ein Verfahren, das eine lange
Tradition besitzt, hier aber endlich aufgegeben werden sollte. Die
Notenschrift erscheint groß und recht deutlich; schlecht lesbar ist
nur die punktierte Ganze.
Die im Umgang mit Büchern gewohnte Art, übergreifendes Wissen durch
Redundanz zu erschließen, ist hier kaum intendiert: Bekanntwerden mit
nicht gesuchtem, doch gefundenem Material ist kaum möglich, denn nur
gezieltes Suchen hat Aussicht auf Erfolg. - Insgesamt ist der
eingeschlagene Weg nur ein erster, wenngleich recht großer Schritt in
die richtige Richtung, auch wenn die schlechte technische Umsetzung
den potentiellen Nutzen erheblich schmälert.
Reinald Ziegler
2. Technische Aspekte
Die Angaben zur Installation der Datenbank sind - wie das ganze
Handbuch - zu wenig präzis (z.B. was die Speicherfrage betrifft).
Die Bildschirmaufteilung ist äußerst unkomfortabel und für ein
schnelles und ökonomisches Arbeitsverhalten hinderlich:
Mindestens die Hälfte des Bildschirms wird für die ständige Anzeige
aller möglichen Suchkategorien und für das jeweils dazugehörende
Index-Feld verschwendet. Nach mehreren Suchvorgängen dehnen sich dabei
diese Index- und Sucheingabefelder durch ihre überlappende Anordnung
noch weiter auf der Bildschirmfläche aus.
Die eigentlich interessanten und wichtigen Bereiche, nämlich die
Felder Suchkombination (das die Recherchestrategie memorisiert und
verknüpfte Anfragen ermöglicht) und Ergebnis sind dagegen schon in der
Bildschirmgrundeinteilung unangemessen klein und werden darüber hinaus
zeitweise auch noch von den Indexfeldern überlappt.
Aus dieser unangemessenen Grundaufteilung des Bildschirms und der
Konzeption der Einzelfenster ergibt sich, daß man, anstatt sich auf
die Recherche zu konzentrieren, immer erst damit beschäftigt ist, sich
die Fenstergröße richtig zuzuschneiden. Da z.B. beim Markieren von
Index-Einheiten in größerem Umfang, als es die voreingestellte
Fenstergröße erlaubt, es nicht vorgesehen ist, daß der Index
automatisch weiterläuft, solange man die Markierungsfunktion hält, muß
vor der Markierung extra das Indexfenster vergrößert werden, bis alle
gewünschten Indexeinheiten erfaßt sind! (Beispiel "masses"). Aufgrund
der Index-Konzeption von RISM ist diese Bastelei keine Ausnahme.
Liegen nach mehreren Suchschritten schon einige Fenster überlappt, ist
es durchaus möglich, daß der gewünschte Rahmen nicht sauber getroffen
wird usw. Hinzu kommt auch, daß nach mehreren Arbeitsgängen im
Hintergrund durchaus noch nicht vollständig geschlossene Fenster dabei
aus Versehen aktiviert werden können. Will man sich dieser Prozedur
entziehen, ist man ständig gezwungen, auf Vollbildschirm
umzuschalten.
Einzelne Indizes haben kein Eingabefeld (so z.B. der Index Besetzung);
für die Recherche ist man hier gezwungen, gegebenenfalls den ganzen
Index durchzugehen, um das Gewünschte markieren zu können: ein zu
langsames und umständliches Verfahren.
Bei einigen Indizes wäre eine Verknüpfung der verwendeten
Abkürzungen/Sigel etc. mit dem Vollbegriff sinnvoll gewesen. Gibt man
z.B. im Index Werkverzeichnis "Hoboken" ein, erzielt man null Treffer,
da nur "hob" zu einem angemessenen Stop im Index geführt hätte.
Vermeidbar wäre dies Problem auch, wenn der Indexdurchlauf schneller
wäre. Komfortabel wäre etwa beim Index Bibliothek eine Verknüpfung von
Ortsname und möglichen Sigeln gewesen, wie dies ja bereits bei der
Auflösung der abgekürzten Besitzangaben in der Vollanzeige eines
Titels realisiert ist.
Das Ergebnisfenster ist nicht nur zu mickrig, sondern leider ist die
Anzeige auch noch so konzipiert, daß nicht - wie sonst bei den meisten
Datenbanken üblich - jeweils nur das Ergebnis des letzten
Rechercheschritts präsentiert wird, sondern daß die Ergebnisse
kumulieren, wobei die letzten an den Schluß gehängt werden. Will man
also kurz einen Blick auf das Ergebnis des jeweils letzten Schritts
werfen, ist man ständig gezwungen, das Ergebnisfenster vorher
aufzuräumen bzw. zu leeren. Gerade anhand der Suchstrategie sollte
doch der Rechercheur (und nicht die Technik) entscheiden, welche
Ergebnisse letztlich zu kumulieren sind; eine automatische Addierung
der Ergebnisse Schritt für Schritt ist in der Regel nicht sinnvoll.
Ein schneller Zwischenblick auf die jeweils letzte
Kurztitelergebnisliste muß zudem ohne Bildschirmwechsel möglich sein.
Ein allgemeines Phänomen begegnet insbesondere nach Wechsel von
Vollanzeigen, Zusatzangaben usw.: die einmal geöffneten Fenster werden
nicht vollständig geschlossen, sondern weiterhin im Hintergrund
offengehalten. Dies hat zur Folge, daß der Bildschirm schnell durch
verstreute "Fensterteile" vermüllt. Man ist gezwungen, sie entweder an
den Rand zu schieben oder wird ständig von diesen Einsprengseln
gestört.
Alles in allem: Man muß unangemessen Energien auf das Anpassen und
Aufräumen des Bildschirms verwenden und kann sich nicht auf die
Recherche konzentrieren.
Auch das Handbuch ist mit dem gebotenen Suchbeispiel "Haydn-Messen"
irreführend: Der undifferenzierte Hinweis auf die Übernahme von
"masses" aus dem Index Einordnungstitel legt den Schluß nahe, daß
Werkgattungen immer über diesen Index zu suchen sind. Das ist jedoch
keineswegs der Fall: Gattungen sind vielmehr über den Index Stichwort
zu suchen. Gattungsbegriffe tauchen nur insofern im Index
Einordnungstitel auf, als sie zufällig im Titel der Komposition
vorkommen. Da dies insbesondere bei Messen häufiger vorkommt, lassen
sich hier auch Treffer erzielen; bei Werken aber, die einen
eigenständigen Titel haben und nicht ihren Gattungsbegriff im Titel
führen - wie etwa Opern -, führt diese Suche in die Irre: Hier muß die
Gattungssuche für die Mehrzahl der Treffer über den Stichwort-Index
laufen; man vergleiche nur die Anzahl der Treffer für "operas" über
das Register Einordnungstitel mit der über das Register Stichwort.
Dies klar zu verdeutlichen, wäre sicher Aufgabe des Handbuchs gewesen,
zumal es keine Marginalie, sondern einen elementaren Aspekt der
Suchstrategie betrifft.
Angela Karasch
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