Die Bibliographie wird federführend von der Bibliothek für
Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) in Berlin, die über die
Pädagogische Zentralbibliothek auf die 1875 als Deutsches Schulmuseum
gegründete und seit 1908 so benannte Deutsche Lehrerbücherei
zurückgeht,[1] in Zusammenwirken mit Spezialbibliotheken in Marburg
sowie in Wien und Zürich bearbeitet, wobei letztere für die in
Österreich und in der Schweiz erschienenen Titel zuständig sind. Sie
besteht aus dem Hauptteil, in dem die durchnumerierten 1692 Titel
- überwiegend aus dem Berichtsjahr 1994, deutlich weniger aus dem Jahr
1995[2] -, alphabetisch[3] nach Verfasser bzw. Sachtitel geordnet sind.
Die Titelaufnahmen erfolgen nach RAK-WB. Bei Zeitschriftenaufsätzen
wird außer dem Hauptsachtitel der Zeitschrift (i.d.R. unnötigerweise)
auch der Zusatz zum Sachtitel aufgeführt. Alle Titel sind mit
Schlagwortketten (nach RSWK) annotiert.
Den Hauptteil erschließen die folgenden Register, die auf dessen
laufende Nummern verweisen: 1. Sachregister (nur Einzelschlagwörter,
also ohne Permutierung der Ketten: Sachschlagwörter, Geographica,
Körperschaften und behandelte Personen); 2. Personenregister
(Verfasser, sonstige beteiligte Personen und nochmals - markiert
- behandelte Personen); 3. Zeitregister chronologisch nach
bildungsgeschichtlichen Zeiträumen. Dazu kommt die Liste der 229
laufend ausgewerteten Zeitschriften, allesamt aus den
deutschsprachigen Ländern; zusätzlich - und im Anschluß an die Liste
zitiert - werden drei englischsprachige (2 aus Großbritannien, 1 aus
den USA) bildungsgeschichtliche Zeitschriften sowie eine
internationale[4] ausgewertet.
Die Bibliographie berichtet nicht über die Bildungsgeschichte eines
bestimmten geographischen Raumes, sondern verzeichnet lt. Vorwort
"Neuerscheinungen des zurückliegenden Jahres für das Wissensgebiet
Bildungsgeschichte aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland,
Österreich, Schweiz)." Daß auch Zeitschriften aus anderen als den
deutschsprachigen Ländern ausgewertet werden, ist bereits oben gesagt
worden; man wüßte allerdings gerne, ob alle Artikel oder nur die mit
Bezug auf die deutschsprachigen Länder berücksichtigt werden.
Im Vorwort wird zwar nicht ausdrücklich behauptet, daß die
Bibliographie Vollständigkeit anstrebt, man kann es jedoch annehmen,
da besondere Ausschlußkriterien (von unveränderten Auflagen abgesehen)
nicht angegeben sind. Nachprüfungen decken freilich zahlreiche Lücken
auf. So fehlen nicht nur Titel, die für die theoretische Diskussion
des Faches grundlegend sind, sondern selbst wichtige bibliographische
Hilfsmittel.[5] Zieht man andere pädagogische und historische
Bibliographien heran, dann wird deutlich, daß die Literatur nur in
Auswahl verzeichnet ist. Zwei Beispiele für das Erscheinungsjahr
1994:
Zentralblatt für Erziehungswissenschaft und Schule : ZEUS.[6] - 10
(1994). Einschlägige Titel: 105, davon finden sich 65 in der
Bibliographie Bildungsgeschichte; es fehlen 40, also 38%.
Historische Bibliographie.[7] - 9. 1994 (1995). Untersucht wurden nur
die Sachgruppen Allgemeines und Deutschland, nicht aber die Abschnitte
für die einzelnen Bundesländer. Einschlägige Titel: 73, von denen die
Bibliographie Bildungsgeschichte nur 22 berücksichtigt; es fehlen 51,
d.h. mehr als zwei Drittel.
Es sei den Bearbeitern der Bibliographie Bildungsgeschichte dringend
empfohlen, diese[8] und andere einschlägige Bibliographien für ihr
Unternehmen auszuwerten. Für Außenstehende nicht zu beantworten ist
die Frage, inwieweit durch die Zusammenarbeit im FIS Bildung, dem die
herausgebende Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung als
Kooperationspartner angehört, dazu genutzt wird, um die selbst nicht
ausgewertete Literatur zu ergänzen.
Ein wesentlicher Grund für das Fehlen vieler relevanter Titel wird bei
Durchsicht der Liste der ausgewerteten Zeitschriften[9] erkennbar: Es
fehlen eine ganze Reihe von Zeitschriften, deren regelmäßige
Auswertung für eine vollständige Verzeichnung der bildungshistorischen
Literatur wichtig wären, so nicht nur wichtige allgemeine pädagogische
Periodika (z.B. Jahrbuch für Pädagogik; Lehren und Lernen), sondern
(mit Ausnahme derer zum Geschichtsunterricht) nahezu alle
fachdidaktischen Zeitschriften.[10] Darüber hinaus sind nur ganz wenige
regional-[11] und kirchengeschichtliche Zeitschriften aufgenommen, beides
Gattungen, die für die bildungsgeschichtliche Forschung einen
reichhaltigen Fundus darstellen. Nach welchen Kriterien die wenigen
aus diesen beiden Gruppen aufgenommenen Zeitschriften ausgewählt
wurden, wird dem Leser nicht mitgeteilt.[12] Der Verdacht drängt sich
auf, daß die Zeitschriften nicht mit dem Ziel ausgewählt wurden, die
bildungshistorische Literatur umfassend zu verzeichnen, sondern
danach, ob sie in den mitarbeitenden Bibliotheken vorhanden sind. Nun
ist dies freilich ein Problem, mit dem sich auch andere Bibliographien
konfrontiert sehen, denen es gleichfalls unmöglich ist, alle
relevanten regionalhistorischen Zeitschriften nach Autopsie
auszuwerten, was auch vom Aufwand her kaum zu rechtfertigen wäre. Es
bliebe also nur die sekundäre Auswertung der laufenden
Regionalbibliographien, was allerdings in Anbetracht von deren
vielfach erheblichem Berichtsverzug auf Kosten der Aktualität ginge.
Hier hat sich die Redaktion der Bibliographie Bildungsgeschichte
selbst ein, wie der Rezensent meint, zu enges Korsett angelegt, da
sie, wie auf Anfrage[13] zu erfahren war, ganz auf Aktualität setzt und
allenfalls noch Beiträge aus dem Vorjahr des eigentlichen
Berichtsjahres als Nachzügler zuläßt. Der Rezensent plädiert vehement
dafür, auch noch ältere, z.B. erst bei der Auswertung der
Regionalbibliographien anfallende Titel aufzunehmen, da dem Benutzer
mehr damit gedient ist, wenn er von einem entlegenen aber wichtigen
Titel spät, dafür aber überhaupt Kenntnis erhält. Dies ist im
Unterschied zu einem Bestandskatalog nicht zuletzt die Aufgabe einer
Spezialbibliographie, nämlich ergänzende Recherchen in anderen
Bibliographien überflüssig zu machen. Solange diese Forderung nicht
erfüllt ist, handelt es sich bei der Bibliographie Bildungsgeschichte
also eher um ein alphabetisches Bestandsverzeichnis bestimmter
Bibliotheken.
Von gelegentlichen Uneinheitlichkeiten im formalen Bereich[14] und einer
nicht in allen Fällen befriedigenden Sacherschließung[15] abgesehen, die
nicht entscheidend zu Buche schlagen, liegt der neben der
Unvollständigkeit schwerwiegendste Mangel in der Anlage der
Bibliographie: Die alphabetische Ordnung des Hauptteils ist in keiner
Weise dazu geeignet, den Forscher, der ja nach historischen Bezügen
und Zusammenhängen Ausschau hält, bei seiner Arbeit zu unterstützen.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich die historischen
Zusammenhänge selbst über das Register zusammenzusuchen, wenn er
beispielsweise an Literatur zum Hochschulwesen in der Renaissance
interessiert ist. Dazu muß er alle relevanten Schlagwörter (neben den
mit Hochschul..., u.a. auch alle mit Stud... beginnenden) erst einmal
ermitteln, muß sich dazu die laufenden Nummern herausschreiben oder
-kopieren, muß dann dasselbe im Zeitregister vornehmen und endlich die
übereinstimmenden Nummern im Hauptteil aufsuchen. Eine Bibliographie,
an der sich diese Literatur zusammen an einer Stelle finden ließe,
wäre viel sinnvoller. Leider ist die Recherche in der auf Diskette
mitgelieferten Datenbank fast ebenso umständlich, wie in der
gedruckten Ausgabe.
Die Diskette mit der auf Allegro basierenden Datenbank benötigt
denkbar niedrige technische Voraussetzungen: ausreichend ist bereits
ein 286er PC mit DOS 3.3, 512 KB RAM und mindestens 3 MB Platz auf der
Festplatte. Die Datenbank setzt sich aus zwei Teilen zusammen: den
Titeldaten und den in Listenform dargebotenen Registern, die den
Zugriff auf die Titel gestatten. Für die Recherche muß man also immer
über eines der 9 Register vorgehen: 1. das Namensregister enthält
sowohl Verfasser, Herausgeber u.ä. als auch Personenschlagwörter; 2.
Körperschaftenregister mit Urhebern und Schlagwörtern; 3. Wortregister
mit Titelstich- und Schlagwörtern; 4. das Titelregister beinhaltet die
Titel der verzeichneten Bücher und die als Schlagwörter verwendeten
Buchtitel; 5. im Serienregister findet man die Titel von
Schriftenreihen mit Bandangabe sowie Zeitschriftentitel mit Angabe des
Erscheinungsjahres, des Jahrganges und der Nummer; 6. im
Verlagsregister werden Verlag und Erscheinungsjahr angegeben; 7.
Sachgruppen: über die Gruppe G (geographische Schlagwörter) kann man
in das Wortregister gelangen, in der Gruppe H findet man die
Zeitschlagwörter und unter L kann man die Sprache der Publikation
einschränken; 8. Signaturen der BBF; 9. ISBN und interne
Identifikationsnummern. Neben den Verknüpfungen innerhalb und zwischen
den verschiedenen Registern (UND, ODER, NICHT) durch das Bilden von
Ergebnismengen kann man auch Trunkierungen vornehmen, durch die
erreicht wird, daß bei identischen Registereinträgen unter formalem
Aspekt und als vergebenes Schlagwort (markiert mit Asteriskus) diese
zusammengefaßt werden, so daß man z.B. alle Literatur von und über
eine Person als Ergebnismenge erhält.
Für das oben genannte Recherchebeispiel "Literatur zum Hochschulwesen
in der Renaissance" müßte man also folgendermaßen vorgehen: 1.
Aufrufen des Wortregisters, 2. Begrenzen der Anzeige auf 9 Positionen,
um eine Ergebnismenge aus allen mit Hochschul... beginnenden Wörtern
(Titel- und Schlagwörter werden dabei zusammengefaßt!) bilden zu
können, 3. Festsetzen der Trunkierung auf 4 Positionen und Hinzufügen
aller mit Stud... beginnenden Einträge zu der Ergebnismenge, 4.
Wechsel in das Sachgruppenregister, Heraussuchen des benötigten
Zeitschlagwortes und schließlich Bilden einer Schnittmenge mit der
bereits existierenden Ergebnismenge, 5. Titelanzeige der so gebildeten
Ergebnismenge.
Mehrwert gegenüber der Druckausgabe ist neben den zahlreicheren, wenn
auch unkomfortablen Suchmöglichkeiten die Angabe der Signaturen der
BBF. Solange die Bibliographie Bildungsgeschichte noch vorrangig den
Charakter eines Bestandsverzeichnisses hat, wäre diese Beigabe auch
für die Druckausgabe nützlich. Irreführend ist die Bezeichnung der
Datenbank auf der Diskette als "Online-Katalog der Bibliothek für
Bildungsgeschichtliche Forschung", die Kooperationspartner werden also
gar nicht genannt. Bei gezielten Stichproben nach in Österreich und
der Schweiz erschienenen Publikationen findet man allerdings auch
Titel, die ohne Signaturen verzeichnet sind und wohl von den
Partnerschaftseinrichtungen eingebracht wurden. Das Vorgehen über die
Register erweist sich gegenüber einer freien Rechercheformulierung
oder der Sucheingabe in eine Recherchemaske vor allem bei kombinierter
Suche als ziemlich umständlich und zeitaufwendig. Auffallend groß ist
die Menge von Datenmüll, die sich zu Beginn der Register findet. Auch
ist von Nachteil, daß nur Bildschirmseiten ausgedruckt werden können,
nicht aber gebildete Ergebnismengen. Noch nicht realisiert, doch für
die Aktualisierung geplant, ist das Downloading von einzelnen Titeln
oder Ergebnismengen.
Generell fragt man sich, wozu es noch eines gedruckten Bandes bedarf,
wenn die Daten auch maschinenlesbar recherchierbar sind; er wäre
eigentlich nur dann zu rechtfertigen, wenn er beispielsweise über eine
disziplingerechte Systematik verfügte: im vorliegenden Fall böte es
sich an, die Bibliographie nach Epochen der Bildungsgeschichte zu
ordnen und innerhalb der einzelnen Zeitkapitel wieder nach
Bildungsbereichen sowie eventuell jeweils ein besonderes Unterkapitel
für Personen der Bildungsgeschichte vorzusehen. Daß dieses Verfahren
Doppel- und ggf. Mehrfacheintragungen erforderte, wäre durchaus kein
Nachteil, den die Bearbeiter hier gleichwohl ausmachen.[16] (Zur Anregung
sei hierbei auf die oben erwähnte Historische Bibliographie
verwiesen).
Obwohl die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung ihre Daten
an die CD-ROM Literaturdokumentation Bildung[17] des FIS Bildung
zuliefert, werden von letzterer wegen anderer Schwerpunkte nur ca. 70
- 80% der Titel aus der Bibliographie Bildungsgeschichte übernommen;[18]
zudem unterscheidet sich bei beiden die Sacherschließung (letztere
bietet zusätzlich das Zeitregister an), so daß die Bibliographie
Bildungsgeschichte - vorausgesetzt sie würde vollständiger und böte
eine systematische Ordnung des Hauptteils - als Spezialbibliographie
durchaus ihren Wert neben der allgemeinen Literaturdokumentation
Bildung hätte.
sh / Saskia Hedrich
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