Als Beispiel sei der Landkreis Marburg-Biedenkopf (S. 163) vorgeführt: der Abschnitt Historische Entwicklung umfaßt 39 Zeilen: in 15 Zeilen erfahren wir von der früheren "territorialen und religiösen Zersplitterung", die dank der hessischen Gebietsreform 1974 einer "zumindest [immerhin !] administrativen Vereinheitlichung" gewichen ist. Das ist alles zur Historie: nichts von Bistumsgrenzen, die der Grenze zwischen den früheren Landkreisen Biedenkopf und Marburg folgte, nichts von der Zugehörigkeit des ersteren zu Hessen-Darmstadt (daher "Hinterland"), des letzteren zu Hessen-Kassel etc. Stärker kann historische Verkürzung nicht ausfallen. Die restlichen 24 Zeilen behandeln (nach der bereits im ersten Abschnitt erfolgten Wappenbeschreibung) wiederum das neue Kreiswappen und die Gründe, warum es für die beiden ehemaligen Landkreise und die ehemals kreisfreie Stadt Marburg paßt. Der Abschnitt Struktur des Kreises, Sehenswürdigkeiten liest sich wie ein schlechter Fremdenverkehrsprospekt: "voller Reize und Kontraste ... rustikale Behäbigkeit ... zauberhafte Bergwelt des 'Hessischen Hinterlandes'. ... Die altehrwürdige Universitätsstadt Marburg erhebt sich wie eine Krone über dem grünen Mantel des Wald- und Wiesenlandes ... mit der Elisabethkirche, dem ehemaligen [sic] Zeugnis frühgotischer Architektur ... Weit bekannte Volksfeste ... sind Spiegelbilder echt hessischer Fröhlichkeit."
Gemäß den Vorbemerkungen (S. 8) beabsichtigen die Herausgeber auch,
dem Leser Reisetips zu geben, "die über die alltäglichen
Touristikhinweise hinausführen", weshalb sie auch ein Register von
ausgewählten Sehenswürdigkeiten angefügt haben: diese steigern sich
langsam von Museen mit besonderem Zuschnitt, über Besondere Straßen,
bis zu Außergewöhnlichem (z.B. Haflingerpferde) und Einigen
Superlativen (größtes Altargemälde in Europa bis ältestes deutsches
Zisterzienserkloster). Schlägt man diese Sehenswürdigkeiten dann im
Hauptteil nach, wird man arg enttäuscht, da man dort nicht viel mehr
Informationen als im Register erhält. Schließlich folgen noch ein
alphabetisches Verzeichnis der Landkreise und eine tabellarische
Übersicht über die Kreisreform (Bundesland, Datum des Inkrafttretens,
Anzahl der Kreise vor und nach der Reform).[3]
Als Nachschlagewerk für Bibliotheken kann man Die deutschen Landkreise
kaum empfehlen: Die Fakten und die Geschichte der Landkreise bekommt
man mindestens genauso ausführlich im Brockhaus, Meyer etc.; für die
Sehenswürdigkeiten kann man entweder ebenfalls auf diese
zurückgreifen, oder aber sich gleich richtiger Reiseführer bedienen;
Adressen findet man weitaus schneller in Länderadreßbüchern; für
genaue Informationen über einen bestimmten Landkreis wird man sowieso
auf eine speziellere Publikation zurückgreifen müssen. Wenigstens eine
Karte zu jedem Landkreis mit Angabe der wichtigsten Gemeinden hätte
man sich gewünscht, dafür hätte man auch gut auf die Wappenlastigkeit
des Handbuches verzichten können. Alles in allem also eher ein Band
wie er als Gastgeschenk von Bürgermeistern oder Landräten bei
offiziellen Besuchen überreicht wird.
Saskia Hedrich / sh
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