In der zeitlichen Folge ihres je ersten Stückes werden uns die 1018,
in den Jahren 1492 bis 1815 in Hamburg begründeten Periodika
präsentiert: In ausführlichster Titelbeschreibung aller Stück- und
Bandtitel und Zählung, Erscheinungsweise, Druckformate etc., unter
Nennung der Herausgeber, Redakteure, Korrespondenten und Beiträger und
ihres Wechsels; der Nennung von Erscheinungsort, Verleger und Drucker,
des Erscheinungszeitraums, aller Angaben zur Preisgestaltung, der
Angaben zu Vorgänger- oder Nachfolgeblättern, Beilagen, Neuauflagen
und Nachdrucken etc. Dazu Nachweise von Ankündigungen und
zeitgenössischen Rezensionen, ergänzende bibliographische Nachweise
und die aller bekannten Forschungsliteratur, Standortangaben des
eingesehenen Exemplars, aller Hamburger und weiterer via Fernleihe
erreichbarer Exemplare (jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
sofern vorhanden resp. - in den durchaus nicht wenigen Fällen von
Totalverlusten oder Unerreichbarkeit - Nachweis und Beschreibung
aufgrund von Literaturhinweisen, weiter Angaben zur Auflage,
Informationen zu pressegeschichtlich bedeutsamen Besonderheiten,
Mitteilung zusätzlich anfallender Informationen (wie Zensurkonflikte,
Rezeptionszeugnisse etc.). Als Hauptleistung danach jeweils ein
Kommentar im Umfang von wenigen Zeilen bis hin zu 20 Spalten, aber
meist mehrspaltig je nach Bedeutung und Wertschätzung, - ein
Kommentar, der das Periodikum von außen und von innen durch Zitate von
programmatischen Texten u.ä. charakterisiert, der die Spannweite des
Inhalts anzugeben versucht und zeitgenössische Urteile und
Informationen vermittelt. Die im Kommentar verwendeten Sachbegriffe
und Orte werden zur Erstellung eines entsprechenden Registers
verwendet; sie sind allerdings im Text nicht besonders hervorgehoben,
so daß nicht erkennbar ist, unter welchen Sach- und Ortsbegriffen ein
Periodikum indexiert wird.[2] Als weitere Indizes werden ein Register
der Personen und Institutionen angeboten, das sich in Teilen zu
eigenen kleineren Artikeln ausweitet (und so das Versprechen
"biobibliographischer Handbücher" - im Zusatz zum Reihentitel
- erfüllt) und schließlich ein Titelregister, das alle Titelvarianten
in mechanischer und (zusätzlich im selben Register!) grammatischer
Wortfolge unter Angabe des Erscheinungszeitraums verzeichnet und auf
die Titelnummer verweist.
Aufgenommen und kommentiert werden in den 3 Hamburger Teilbänden alle
Periodika, die in Hamburg bis 1815 in Druck gegangen sind. Als
Periodika werden alle Schriften mit Fortsetzungscharakter begriffen,
d.h. in erster Linie Zeitungen, Intelligenzblätter (d.i.
Anzeigenblätter) und Zeitschriften und Jahrbücher, aber auch
Übergangsphänome hin zu monographischen Schriften, wenn sie nur in
periodischer Absicht begonnen wurden oder aus verlegerischem Kalkül in
vielzählige Einzelstücke aufgeteilt wurden. Nicht aufgenommen wurden
hingegen handschriftlich vervielfältigte periodische "Dienste" auf der
einen Seite und Flugblätter, Flugschriften, Kleinschriften und
ein- und mehrbändige Monographien auf der anderen, sofern diese Druckwerke
erkennbar ohne periodische Absicht publiziert wurden. Übergänge wie
Vorabveröffentlichungen von Sonntagspredigten und - noch heute so
genannte - Lexikonzeitschriften, die von Beginn an auf eine
abgeschlossene Zahl von Einzelstücken hin geplant wurden, zeigen, daß
eine absolut trennscharfe Definition des Inhalts nicht möglich und
auch nicht sinnvoll ist, wenn die historische Vielfalt eines
Verlagsortes beschrieben werden soll. Viel wichtiger für die
Erreichung dieses Ziels war vielmehr, auch die verloren gegangenen
Periodika zu beschreiben, die sich aufgrund historischer
Zufälligkeiten oder der Hamburg heimsuchenden großen Katastrophen
(Kriegsverwüstungen, Brände und Überschwemmungen) weder in einer der
zahlreichen Hamburger öffentlichen und privaten Bibliotheken und
Archive noch in anderen öffentlichen Institutionen außerhalb Hamburgs
erhalten haben. (Kriterium für die Nicht-Erreichbarkeit außerhalb
Hamburgs ist der zweimalige Negativ-Nachweis im Leihverkehr der
Bibliotheken!) Wenn auch nicht auszuschließen ist, daß irgend ein
Produkt über das Stadium der Ankündigung gar nicht oder nur wenig
hinaus gekommen ist und so "zu Unrecht" aufgenommen worden ist, so
liegt doch gerade hier, in der erschließenden Beschreibung verloren
gegangener Publikationen, eine der essentiell über eine beschreibende
Bibliographie hinausgehenden Forschungsleistungen der beiden
Autoren.[3]
Schwieriger ist schon die Begründung des zeitlichen Abbruchs der
Bibliographie zum Jahresende 1815, der von Böning relativ lapidar mit
der "hier für den gesamten deutschsprachigen Raum vorliegenden
politischen und pressepolitischen Zäsur" und ergänzend mit dem Hinweis
auf jetzt einsetzende Bibliographien zur neueren deutschen Presse
begründet wird.[4] Solche an einem fixen Zeitpunkt festgemachten
Abgrenzungen vermögen nie vollständig zu überzeugen (hier z.B. wegen
des Fortbestehens der Intelligenzblätter noch bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts oder wegen des Fortbestandes resp. Übernahme der
Zensurpraktiken ebenfalls bis zur Jahrhundertmitte oder wegen der nur
für Literaturzeitschriften geltenden Besserung bibliographischer
Nachweise etc.). Seien wir Böning und Möpps aber dafür dankbar, daß
sie die über das Jahresende 1815 hinaus weiterbestehenden Periodika
auch für die noch folgenden Erscheinungsjahre bibliographisch und
inhaltlich beschrieben haben. Pressehistorisch überzeugend ist nur der
Hinweis auf die nach 1810 beginnende, rasche Ausbreitung der lokalen
Berichterstattung durch Lokalzeitungen in vielen kleineren Orten.[5] In
den "Hinweisen für Benutzer der biobibliographischen Handbücher ..."
und während der mehrjährigen Arbeiten an den Hamburger Bänden schon an
anderer Stelle[6] entwirft Böning den Plan einer innovativen
historischen Pressebibliographie für die deutschsprachigen Länder,
"die quasi von unten nach oben, als Summe der Pressebibliographien
aller deutschen Presseorte entstehen soll".[7] Dieses Fernziel vor Augen
und mit den überaus gelungenen Bänden über Hamburg als Beleg für die
Durchführbarkeit eines solchen Vorhabens hat Böning die
Konkretisierung seiner Planungen begonnen. Ein "Ergänzungsband" von
Böning und Möpps über Altona und Schiffbeck mit 250 Periodika befindet
sich schon im Stadium der letzten Autorenkorrektur, bibliographische
Forschungsarbeiten zur Pressegeschichte Leipzigs (ausgeführt von einem
anderen Wissenschaftler der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit
der Universität Leipzig) sind in das Förderungsprogramm der DFG
aufgenommen worden, Kontakte zur Bearbeitung weiterer Orte (Halle,
Braunschweigische Lande) wurden mit dortigen Wissenschaftlern
geknüpft.[8] Wir dürfen hoffen, daß sich für eine möglichst große Anzahl
von Orten die Planungen Bönings realisieren lassen, der avisierte
Gesamtplan wird wohl - ohne besonders skeptisch sein zu müssen
- Idealprogramm bleiben. Aus lokaler Bremer Sicht bliebe zu hoffen,
daß unter den Provinzplätzen der Arbeitsort der "Deutschen
Presseforschung" nicht vergessen wird. Aus der Beschränkung immer
knapper werdender Bibliotheksetats heraus sei abschließend nur die
Hoffnung geäußert, daß der Kaufpreis für die vorgelegte Bibliographie
ihre wünschenswerte und notwendige Verbreitung nicht behindern möge.
Was für die Dokumentation einer Pressemetropole wie Hamburg vielleicht
noch tragbar sein mag, wird aber für einen Provinzort nicht mehr
gelten. Ist die Zeit solcher Publikationen durch private Buchverlage
nicht doch schon vorüber und stattdessen die Planung alternativer,
elektronischer Angebotsformen angebracht?
Wilbert Ubbens
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