"Das Bessere ist des Guten Feind", möchte man angesichts der Situation
bei der elektronischen Verbreitung der Werke des heiligen Augustinus,
des sicherlich wirkmächtigsten der westlichen Kirchenväter sagen.
Zunächst einmal ist die Editionslage bei seinen Werken seit
Jahrhunderten vergleichsweise hervorragend. Durch die Arbeit der
Mauriner kann man schon seit 300 Jahren von einer kritischen Ausgabe
sprechen, die - cum grano salis - bis heute ausreicht, um einen
textlich authentischen Zugang zu seinen Werken zu finden. Daß die
Folgezeit nicht untätig war und diverse Neudrucke bis hin zur Edition
in Abbé Mignes Patrologia latina (PL) im 19. Jahrhundert
Verbesserungen gebracht haben, zeigen heute Spezialstudien en détail
auf. Danach begann die Arbeit der modernen historisch-kritischen
Herausgeber am Werk Augustins, die vor allem in den entsprechenden
patristischen Editionsreihen, aber auch in diversen
Einzelunternehmungen den Stand der Textdarbietung verbessert hat. Um
gleich zu den elektronischen Medien zu kommen: Seit der ersten Ausgabe
des CLCLT, der Cetedoc library of christian Latin texts[1] des Verlags
Brepols gibt es eine elektronische "vollständige" Ausgabe der Werke
Augustins nach kritischen Editionen. Die inzwischen ebenfalls komplett
bei Chadwyck-Healey vorliegende Patrologia latina database (PLD)[2]
enthält den verbesserten Mauriner-Text des Abbé Migne, und schließlich
gibt es noch vereinzelte Angebote elektronischer Augustinustexte im
Internet, z.B. auf den Seiten des amerikanischen Augustinus-Forschers
James J. O'Donnell (http://ccat.sas.upenn.edu/jod/augustine.html), die
wohl nur ein Vorgeschmack auf mehr sind. Alle diese Angebote haben
ihre Meriten. Das CLCLT enthält die Werke Augustins in kritischen
Editionen im Kontext mit denen der großen Kirchenväter des Abendlandes
und vieler weiterer patristischer und mittelalterlicher Texte; Migne
bietet nach wie vor ein unumgängliches Repertoire für vielerlei
Recherchen, - selbst Textfehler können ja
überlieferungsgeschichtlichen Wert haben, und die beigegebenen
editorischen Materialien der Neuzeit machen die elektronische Ausgabe
zu einer kulturgeschichtlich weit über die Patristik hinaus relevanten
Quelle, von den vom Angebot her wesentlich schwerer einzuschätzenden
Internet-Quellen ganz zu schweigen. So stellt sich vor allem die
Frage, wo der Marktwert oder besser der wissenschaftliche Wert der
neuen elektronischen Gesamtausgabe liegt.
2. Entstehung und Inhalt des Corpus Augustinianum Gissense (CAG)
Neben (und nach) dem Index Thomisticus von Roberto Busa SJ gehört das
von Cornelius Mayer OSA initiierte CAG zu den Pinonierunternehmen
elektronischer Datenverarbeitung in der Theologie. So entbehrt es
nicht einer gewissen Ironie, daß die CD-ROM-Version erst als dritte
Augustinus-Gesamtpublikation auf den Markt kommt, während die
Datenbank schon seit langem nicht nur für die eigenen Projekte des
Würzburger bzw. Gießener Instituts (vor allem das Augustinus-Lexikon[3])
sondern auch für die auswärtige Forschung unter bestimmten Bedingungen
zu Verfügung stand. Seit 1983 sind in Würzburg die Texte traditionell
(nicht durch Scannen) erfaßt, später dort und in Gießen korrigiert und
lemmatisiert worden. Hinzu kam die Verifizierung der Zitate, so daß
man sagen kann, daß in diesem Projekt eigentliche editorische Arbeit
steckt. Parallel wurde die Augustinusliteratur aufgenommen und nach
dem Stichwortverzeichnis des gleichzeitig begonnenen
Augustinus-Lexikons erschlossen. Die Arbeit - Verfeinerung der
Lemmatisierung, Literaturerfassung, Austausch veralteter Editionen
(seit 1983 war dies laut Begleitbuch bei 18 Werken, 2 Briefen und 100
Predigten nötig) etc. - wird nunmehr nach der Emeritierung C. Mayers
wiederum in Würzburg im dortigen Augustinus-Institut weitergeführt.
Der Umfang der Materialien geht bis zu den erst in den 90er Jahren in
Mainz und Heidelberg aufgefundenen bzw. identifizierten Predigten.
3. Die Besonderheiten des CAG
3.1 Textbasis und Vollständigkeit
Die dem CAG beigegebene Werkliste von K. H. Chelius ist wesentlich
detaillierter als die Liste der Werke im Handbuch zum CLCLT. Zum einen
werden auch die Werktitel einzeln genannt, mit denen manche Briefe
Augustins belegt sind; zum anderen sind die verschollenen Werke
zusätzlich aufgeführt, sodann sind die Sermones wirklich exakt
verzeichnet, so daß aus der Übersicht der Umfang der CD-ROM-Edition
exakt erkennbar ist, was man beim CLCLT nicht so klar sagen kann.
Vergleicht man die in beiden Datenbanken enthaltenen Editionen, so ist
den Angaben zum allergrößten Teil Übereinstimmung zu entnehmen, was
nur zeigt, daß die Frage der qualifiziertesten Editionen bei
Augustinus nicht strittig ist. Einige Besonderheiten fallen auf: Bei
In epistulam Iohannis ad Parthos... hat CLCLT einen kritischen Text
gegenüber dem vom CAG benutzten Migne-Text: Das erklärt sich leicht:
Er ist noch unediert und liegt anscheinend für CChr.SL 37 intern schon
vor. Bei De libero arbittrio hat CLCLT den Text von W. M. Green aus
CChr.SL 29; CAG nennt den älteren Abdruck CSEL 74 von demselben
Herausgeber; bei De ordine hält sich CLCLT ebenfalls an CChr.SL 29
gegen CSEL 63 bei CAG. Textlich dürfte das irrelevant sein. Umgekehrt
bietet bei De moribus ecclesiae catholicae das CAG statt PL schon den
Text J. B. Bauers aus CSEL 90 von 1992. Beim Psalmus contra partem
Donati hat CAG den Text der kritischen Edition von Anastasi (1957),
CLCLT Text den der Bibliothèque Augustinienne, der allerdings auch
wieder auf ersterem basiert. Wesentlicher als diese kleinen
Differenzen - die sich im Text nur sehr unerheblich auswirken dürften
- ist, daß das CAG Texte enthält, die im CLCLT ganz fehlen, so die De
grammatica-Texte (Ed. Weber 1861 bzw. Keil 1868), Verheijens Text von
reg. 2 (Ordo monasterii), De rhetorica und vor allem diverse Sermones.
Hier wird der Vergleich schwierig, da CLCLT - wie schon gesagt - in
seinen gedruckten Informationen spartanisch ist, während CAG hier mit
exaktesten Angaben brilliert, aus denen zu entnehmen ist, daß auch die
neuesten Entdeckungen noch Berücksichtigung gefunden haben. Die Suche
nach den von Dolbeau edierten Sermones bestätigt Lücken des CLCLT (2.
Ausgabe) und die größere Aktualität des CAG. Die Recherche ergibt
manchmal seltsame Ergebnisse: So fehlt Augustinus in explanatione
symboli (Dolbeau 1) im CLCLT, findet sich aber in der
Überlieferungsgeschichte zitiert, z.B. bei Sedulius Scottus. In
anderen Fällen enthält CLCLT das Material nach älteren Editionen. In
weiteren Ausgaben werden sich vermutlich diese Lücken schließen. Im
Augenblick aber kommt dem CAG eindeutig das Prae in der
Vollständigkeit und (meist) in der kritischen Exaktheit zu.
Vielleicht könnte man dem nicht auf Augustinus spezialisierten
Benutzer bei den Begleitmaterialien (deren Gründlichkeit in anderer
Hinsicht schon gelobt worden ist) noch etwas mehr entgegenkommen. Eine
zusätzliche alphabetische Titelliste der Werke Augustins statt bloß
der alphabetischen Liste der Titelabkürzungen wäre bei einer
Neuauflage sinnvoll. Hier könnte man vielleicht auch einige
Verweisungen beigeben. De quantitate animae statt De animae quantitate
führt eben doch zu einer völlig verschiedenen Einordnung, wenn man
zudem bedenkt, daß die bei der Recherche zu verwendenden Kurztitel
ohne die Präposition gebildet werden. Die Abkürzung ench. steht für De
fide spe et caritate, wobei das ausführliche Verzeichnis im
Augustinus-Lexikon die Titelvariante Enchiridion... immerhin noch
bringt. Das sind Kleinigkeiten, die aber gerade im Blick auf die
Nichtspezialisten zur besseren Handhabung beitragen könnten.
3.2 Aufbereitung der Texte
Das CAG fährt wie schon CLCLT "zweispurig": Es ermöglicht die
Identifikation der Texte nach der gängigen "inneren" Zitierweise der
Werke nach Büchern, Kapiteln etc. wie nach der "äußeren" gemäß den
Seiten- und ggf. Zeilenzahlen in den zugrundeliegenden Ausgaben. Das
Verfahren ist bei beiden Datenbanken unterschiedlich. Die Aufteilung
des Textmaterials erfolgt im CAG in "Dokumente". In etwa sind dies die
Paragraphen bzw. Kapitel der üblichen Werkeinteilungen. (Das CLCLT ist
ja nach "Sätzen" organisiert.) Besondere Hervorhebung verdient die
Verifikation der Zitate. Sie sind beim Anwählen mit dem Cursor in der
Referenzleiste (also nicht im Text) ablesbar. Hier liegt ein
besonderes Qualitätsmerkmal des CAG! Es wurde oben schon erwähnt, daß
eine Lemmatisierung des Textmaterials vorgenommen wurde. Relevant wird
dies bei den Suchmöglichkeiten, weshalb wir hier nur die Tatsache
erwähnen.
3.3 Möglichkeiten der Textrecherche
Es versteht sich inzwischen von selbst, daß die üblichen
Suchfunktionen in solch einer Datenbank möglich sind: Wort(form)suche,
Suche mit Wortbestandteilen (Trunkierung; hier sogar die
Anfangstrunkierung, so daß man Saulus/Paulus mit ?aulus suchen kann),
mit Wortabstandoperatoren, mit Booleschen Verknüpfungen, Einschränkung
der Suche auf einzelne Schriften usw. Die Lemmatisierung bietet
weitere Möglichkeiten der Präzisierung und Unterscheidung bei der
Suche nach Homo- bzw. Heterographen, die im Handbuch an den Beispielen
legis (gesucht entweder als Wortform von lex oder legere) und
Hierusalem (Hierusalem* = 259 Dokumente, auf der Lemmaebene dagegen
610, da auch Schreibweisen wie Hierosolyma, Hierosolymae, Ierosolymis
etc. gefunden werden). Ähnlich lassen sich Eigennamen (durch
Großschreibung) von gleichlautenden Wörtern unterscheiden (exodus und
Exodus oder maria [von mare] und Maria). Auch ist die Suche der von
Augustinus verwendeten griechischen Wörter möglich. Damit ist
insgesamt der übliche Ambitus doch schon erheblich überschritten.
Die Verwendung der nötigen Operatoren ist einfach. Das Menü für die
Abstandssuche erlaubt die Eingabe der (beiden) gesuchten Wörter und
der Suchbedingungen in eine eigene Maske. Die Formulierung in der
Befehlssprache wird dann automatisch umgesetzt. Eine eigene Maske gibt
es auch für die Frequenzsuche. Dies ist eine sehr interessante
Funktion. Sie ermöglicht die Ermittlung der Häufigkeitsverteilung von
Wörtern in einzelnen Texten Augustins; verbunden mit
"Erwartungswerten" können so etwa relative Abweichungen,
Verschiebungen zwischen den Werkphasen etc. ermittelt werden.
Die wichtige Funktion der Zitatsuche, ermöglicht die Recherche nach
zitierten Bibelstellen sowie nach Fremd- und Selbstzitaten, wobei sich
in der Kombination (etwa Bibelzitat in einem Fremdzitat) neun
verwendete Kategorien und damit Suchmöglichkeiten ergeben, die auch
mit eigenen Suchoperatoren (z1: usw.; der Quellenoperator allgemein
ist q:) recherchiert werden können. Auch hier müßte das
Begleitmaterial allerdings ergänzt werden um Listen der verwendeten
Abkürzungen der biblischen Bücher sowie der von Augustinus zitierten
Autoren. Die Hinweise im Handbuch reichen zwar zur Anwendung des
Verfahrens, die verwendeten Abkürzungen muß man aber selbst eruieren.
Auch wenn diese in der Klassischen Philologie relativ
selbstverständlich sein mögen (das Register des Thesaurus linguae
latinae, die Abkürzungsverzeichnisse des Kleinen Pauly oder des Oxford
classical dictionary helfen problemlos weiter), so gibt es zum einen
doch kleinere Differenzen - etwa bei den Vulgata-Ausgaben: Io statt
Jo, Joh oder 1Reg statt 1Sm sind nicht unbedingt selbstverständich -,
zum anderen hat nicht jeder Benutzer problemlos alle Hilfsmittel zur
Hand.
Das Begleitmaterial erläutert nur die Suche nach biblischen Büchern
oder Autoren von Zitaten. Es ist aber auch die exakte Stellensuche
möglich. Da an allen Menüpunkten der Einstieg über Indizes zur
Verfügung steht, geht es am leichtesten über diese. Mit dem
Quellenoperator q:, dem Anfang des gesuchten Autors oder der gesuchten
Bibel-Schrift und dem Trunkierungszeichen * erhält man eine
Indexliste, auf der Einträge an- und abzuwählen sind, so daß man
korrekt Lc 15,11 etc. suchen kann.
Die gleiche Funktion kann auch in anderer Weise hilfreich sein. So war
das Suchbeispiel q:Cic nach Cicerostellen problemlos durchführbar,
auch die Version q:Cic. klappt. Nicht hingegen war es möglich,
Varro-Stellen mit q:Varro oder q:Varro. oder auch irgendeiner
abgekürzten Form zu finden. Da dieser Namen üblicherweise nicht
abgekürzt wird, ist der fehlende Punkt möglicherweise das technische
Hindernis. Über die Indexliste ließen sich die Stellen wiederum
problemlos finden; allerdings ist der erste Bestandteil des Werktitels
dem Namen angehängt, also etwa uarroreg. (Die U/V-Umsetzung braucht
der Benutzer nicht zu beachten). Dies sind wiederum Kleinigkeiten, die
entweder bereinigt oder mit etwas Erläuterung auch umgangen werden
können. Bei allen EDV-Anwendungen zeigt sich, daß man auf
Plausibilitätskontrollen ohnehin nicht verzichten kann.
3.4 Die Literaturdatenbank
Zur "unübertroffenen Trias" (so die Selbstcharakterisierung) fehlt
noch die Literatursuche: Und tatsächlich ist das CAG auch und vor
allem an diesem Punkt mit den anderen Angeboten nicht mehr
vergleichbar, da es eine Datenbank der Literatur zum Werk des hl.
Augustinus enthält, die derzeit knapp 20.000 Titel umfaßt. Die
Gesamtmenge der Sekundärliteratur schätzen die Herausgeber auf 50.000,
- m.E. eher eine zu geringe Annahme, wenn man wirklich alle zum Werk
Augustins geschriebenen Untersuchungen jeglicher Art meint, auf alle
Fälle aber eine unbewältigbare Menge und schon jetzt eine singuläre
und beeindruckende Sammlung. Um so wichtiger ist die Erschließung: Man
kann nach Autoren suchen. Ein Augustinus-Spezialist wie G. Madec ist
mit 105 Einträgen vertreten, M. Blondel - was wegen seiner Präzision
noch mehr beeindruckt - mit 5. Man kann nach Literatur zu Werken
suchen (Confesionnes: 1.613) oder zu Begriffen (cor: 156) oder
kombiniert zu beidem (cor + Confessiones: 30). Man kann die Quellen,
aus denen die Literaturangaben stammen, nachrecherchieren (für
Bibliothekare besonders bei Fehlern eine aus der Fernleihpraxis
bekannte und erwünschte Angabe. Ergebnis: aus dem Fichier
[augustinien] 9.463, aus Gnomon: 14 usw.). Eine Aufteilung oder
Eingrenzung nach Gattungen ist möglich (Monographien: 5064, Artikel
aus Festschriften: 660, aus Zeitschriften: 9047, aus Sammelbänden:
4553, aus Lexika: 559). An Kleinigkeiten der Kategorisierung wird man
sich gewöhnen müssen, so etwa wenn Herausgebernamen auch als
Titelschlagwort recherchierbar sind (vgl. Madec), weil sie in dem
entsprechenden Feld mit aufgennommen sind. Die Titel sind nach dem
Nomenclator des Augustinus-Lexikons beschlagwortet. Das bedeutet, daß
man zu Pascal keinen Treffer erhält. Anders gesagt: Die
Rezeptionsgeschichte ist nicht mit berücksichtigt, und die Titel sind
nur im engsten Sinn als Augustinus-Literatur erschlossen. Durch die
Möglichkeit der Stichwort-Recherche kommt man dennoch zu 38
Pascal-Titeln, kann diese Datenbank also mit eingeschränktem Komfort
durchaus erfolgreich auch zur Augustinismus-Forschung benutzen; eine
weitere Erschließung auch nach einem "modernen" Nomenclator und nach
Personen wäre aber höchst sinnvoll.
3.5 Möglichkeiten der Weiterverarbeitung der Texte
Ein Problem vieler Datenbanken - einschließlich des CLCLT - sind die
Exportsperren, die den sinnvollen Umgang mit größeren Textmengen
häufig erschweren. Hier zeichnet sich das CAG durch Liberalität aus,
was mir ausgesprochen vernünftig erscheint. Man kann "Dokumente"
markieren und einzeln oder kumuliert als ASCII-Text exportieren. Es
ist dann evtl. nötig, die "franz. Anführungszeichen" in der Anzeige
des CAG, die nicht als solche exportiert werden, zu ersetzen.
Abgesehen von solchen Kleinigkeiten im Zeichensatz - je nach
Import-Programm - war die Funktion völlig unproblematisch verwendbar.
3.6 Die Notizfunktion
Für den, der ständig mit dieser Datenbank an Augustinus-Texten
arbeitet ist die Notizfunktion eine sinnvolle Einrichtung. Sie erlaubt
es, Annotationen zu einzelnen Dokumenten zu machen, die moderne Form
des "durchschossenen" Exemplars der Gesamtausgabe mit zusätzlichen
Möglichkeiten der Weiterverarbeitung. Die Annotationen werden als
Textdateien in einem eigenen Unterverzeichnis Notes abgelegt. An der
Textstelle erscheint bei der Funktion "Notizen" eine Markierung. Damit
schafft das CAG dem Forscher eine Arbeitsumgebung, die beträchtliche
Möglichkeiten bietet. Für die Einzelplatznutzung in einem Institut
oder für den Einzelforscher ist diese Funktion sicher sehr nützlich.
Bei der Anwendung in Großbibliotheken entfällt sie möglicherweise,
wenn der Nutzer keine entsprechende Schreibmöglichkeit auf der
Festplatte hat. Falls man dazu übergeht, die Benutzer selbst solche
CD-Anwendungen zum Gebrauch jeweils installieren zu lassen, kann der
"technisch versierte" Nutzer natürlich die dazugehörigen Dateien evtl.
transportieren (das ganze Unterverzeichnis Notes muß jeweils kopiert
werden). Doch das sind technische Managementfragen, die bei dem
Angebot dieser Datenbank von Bibliotheks- und Nutzerseite zu lösen
sind.
4. Einige allgemeine Anmerkungen
Der Durchgang durch die Einzelheiten dürfte gezeigt haben, daß alle
genannten Angebote - abgesehen von ihren sonstigen Meriten - auch im
Blick auf Augustinus durchaus ihre Bedeutung haben, selbst die
textlich veraltete Version der PLD, die zumindest für neuzeitliche
Augustinismus-Studien die maßgebliche Textbasis verfügbar macht. Die
Palme aus der Sicht kritischer Edition, Zitatverifikation, praktischer
Aufbereitung und - durch die bibliographischen Informationen evtl.
auch die Annotations-Funktion - Einrichtung einer hilfreichen
Arbeitsumgebung für Augustinus-Studien gebührt aber zweifellos dem
CAG. Der Spezialforscher wird vermutlich die doch recht hohen Kosten
nicht scheuen. Vergleicht man sie mit herkömmlichen Hilfsmitteln wie
dem Fichier Augustinien - derzeit $ 530 für einen reinen Titelkatalog
-, mit Bibelstellenkonkordanzen etc. und zieht man die zusätzliche
Erschließung und die Arbeitsvorteile bei dem elektronischen
Instrumentar in Betracht, so ist der Preisvergleich für das CAG schon
wieder günstig. Wegen der Medienform "Buch" haben Bibliotheken
Katalogunternehmen wie den genannten Fichier bereitwillig erworben.
Sie sollten das bei diesem wesentlich hilfreicheren Medium in
ähnlicher Weise tun. Spezialbibliotheken - und dazu gehören bei
Augustinus mindestens alle Bibliotheken philosophischer und
theologischer Fakultäten - sollten Zugriff auf das CAG haben und
wissenschaftliche Zentralbibliotheken - wie die
Universitätsbibliotheken - müßten derartige Hilfsmittel in ihr Angebot
aufnehmen.
Bedauern kann man am Ende höchstens, daß nicht wenigstens die
Textinformationen des CAG über das Internet abfragbar sind
(Netzeinbindung und Netzlizenzen sind natürlich vorgesehen). Zumindest
die Literaturupdates wären in dieser Form sinnvoll und ließen sich
sicher programmtechnisch in die Arbeitsumgebung einbauen.
Überhaupt gäbe es noch einige interessante Fragestellungen im Bereich
der Nutzungsrechte und -formen. Auf Dauer werden sicher die
Datenbestände der großen schriftlichen Überlieferungen des Abendlandes
von zentralen Servern in offenen Netzen abrufbar sein. Wie sich das
Gleichgewicht zwischen den Interessen der herausgebenden wie nutzenden
Wissenschaftler, der fördernden Forschungsinstitutionen und der
beteiligten kommerziellen Unternehmen (vor allem der Verlage)
einspielen wird, dürfte zu den interessanten Fragestellungen der
näheren Zukunft gehören. Ein Angebot wie das vorliegende bietet aber
so viel mehr als die nackten Textdateien, daß die Erwerbung nicht von
der Zugänglichkeit des reinen elektronischen Texts in anderer Form
abhängig gemacht werden sollte. Die vermeintliche "Identität" zu
anderen Unternehmungen, die man zunächst bei Ansicht des Produkts
erwartet, ist nicht gegeben. Auch technisch gehört das CAG zu den
führenden Arbeitsmitteln und übertrifft die mir bekannten
vergleichbaren Datenbanken wesentlich.
Albert Raffelt
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