Der Vorteil eigener Werkverzeichnisse dagegen besteht in der Möglichkeit, dem Interpreten Hinweise für die Aufführung zu geben, die dieser als Anhaltspunkte in Interpretationsfragen sicher dankbar annehmen wird. Henze nutzt die Gelegenheit sowohl in "einige(n) Beobachtungen und Hinweisen betreffend die Aufführungspraxis meiner Werke", die dem Verzeichnis unmittelbar vorangestellt sind, als auch in Form kurzer Kommentare zu Entstehung, Fassung und Text der einzelnen Werke selbst.
Enthalten sind die publizierten Werke "einschließlich autorisierter
Bearbeitungen" (Hinweise für die Benutzer, S. 392) sowie die im
Entstehen begriffenen La piccola Cubana, ein Vaudeville, und 9.
Sinfonie. "Zurückgezogene, umbenannte Werke sowie Kollektivwerke und
Gelegenheitswerke erscheinen - sofern sie ermittelt werden konnten
- mit entsprechender Kennzeichnung im ersten, chronologischen
Register"
(S. 392), nicht jedoch im Werkverzeichnis selbst. Für
Gelegenheits- und
Kollektivkompositionen verweist Henze vielmehr auf die Paul Sacher
Stiftung in Basel, wo die Manuskripte fast aller seiner Werke liegen.
So läßt sich vermuten, daß für den Anhang die Redakteure
verantwortlich zeichnen, während die übrigen Teile direkt aus der
Feder Henzes stammen. Diese schließen sich an das Inhaltsverzeichnis
an: 1. Vorwort; 2. die mit Preisen und Auszeichnungen gespickte Vita;
3. die oben genannten Beobachtungen und Hinweise zur Aufführungspraxis
der Werke; 4. das grob systematisch geordnete Werkverzeichnis führt
die Werke innerhalb der Kapitel Musiktheater: Oper; Musiktheater:
Ballette; Vokalwerke; Orchester- und Ensemblewerke; Konzerte;
Kammermusik chronologisch auf. Die Beschreibung der einzelnen Werke
setzt sich zusammen aus dem Entstehungs- und ggf. Revisionsjahr, der
Angabe der Aufführungsdauer und des Titels - der Originaltitel ist rot
markiert -, dem Untertitel, der Widmung, den Uraufführungsdaten, der
Textvorlage, den Satzbezeichnungen, dem Kommentar sowie der Angabe der
Editionsnummer[4] für im Handel erhältliche Ausgaben (Stand April 1996),
nicht dagegen für Leihmateriale. Ein Verlagsverzeichnis zum Auffinden
sowohl der käuflichen Ausgaben als auch der Leihmateriale wäre
zwingend notwendig.
Der Anhang enthält die folgenden Teile: 1. Hinweise für die Benutzer
(sie hätten an den Anfang des Bandes gehört), 2. Ausgewählte Schriften
Henzes, 3. Chronologisches Werkverzeichnis (der einzige Teil, der, wie
schon erwähnt, die Werke Henzes vollständig aufführt, so daß man
wenigstens den Titel nachgewiesen findet), 4. Alphabetisches
Werkverzeichnis der Originaltitel ohne die im Hauptteil beigegebenen
Übersetzungen, 5. ein wesentlich differenzierter als der Hauptteil
gegliedertes Werkverzeichnis nach Besetzungen, fälschlicherweise auch
als Gattungsverzeichnis bezeichnet, 6. Textdichter und Librettisten,
7. ein Verzeichnis der Komponisten und Maler, die Henze als Vorlage
für eigene Werke dienten, 8. Instrumentenlexikon (der Terminus
täuscht, handelt es sich doch vielmehr um eine Liste der verwendeten
italienischen Namen mit beigegebener deutscher und englischer
Übersetzung)[5], 9. Abbildungsverzeichnis der in den Band eingestreuten
Notenbeispiele, handschriftlichen Texte, Szenenentwürfe, Werke
bildender Künstler. Der ganze Band ist dreisprachig (deutsch,
englisch, italienisch). Eine Ausnahme bilden Vokalmusik und Oper, für
die Satzbezeichnungen bzw. Textanfänge nur in den Sprachen angegeben
werden, in denen "singbare Übersetzungen vorliegen" (S. 394) und die
auf italienisch angegebenen Instrumentalbesetzungen, für die aber das
"Instrumentenlexikon" im Anhang Übersetzungen bietet.
Die aufwendige typographische Gestaltung[6] des Bandes trägt wesentlich
zur Übersichtlichkeit bei. Jede Doppelseite gliedert sich in vier
Spalten. Am äußeren oberen Rand jeder linken Seite ist die
Kapitelüberschrift - schwarz unterlegt -, am äußeren oberen Rand jeder
rechten Seite der Titel des Werkes, bei mehreren eine zusammenfassende
nähere Bezeichnung bzw. im Anhang das jeweilige Register - ebenfalls
schwarz unterlegt - angegeben, was die Orientierung beim Durchblättern
des Bandes erleichtert.
Nach den Verlagsverzeichnissen der Werke Henzes aus dem Schott-Verlag[7]
und dem in Forum Musikbibliothek erschienenen und inzwischen acht
Jahre alten Bestandskatalog[8] öffentlicher Musikbibliotheken die beste
und ausführlichste Übersicht über das Schaffen Henzes, die aber den
Mangel hat, nicht-thematisch zu sein, also die für die Identifizierung
von Musikstücken hilfreichen Incipits nicht enthält.
Martina Rommel
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