Inhaltlich stellt das Buch einen gelungenen Überblick über die Disziplinen der Linguistik im Speziellen und die Interaktion von Sprache mit anderen politischen, soziologischen, kulturellen und nationalen Dimensionen des menschlichen Lebens dar. In bester angelsächsischer Wissenschaftsmanier erläutert der Autor sein jeweiliges Fachgebiet anschaulich und führt die entsprechende Terminologie ein. Sehr hilfreich ist dabei, daß Fachtermini durchgängig im gesamten Textverlauf in Klammern erklärt sind und der Autor auch vor sehr lebensnahen Beispielen (z.B. Verweise auf aktuelle Science-Fiction-Filme S. 96) nicht zurückschreckt.
Allerdings ist das Buch für den angelsächsischen Leser geschrieben und basiert auch auf dessen kulturellem Hintergrund. Der deutschsprachige Leser muß also nicht nur über eine gewisse Kompetenz in der englischen Sprache verfügen, sondern auch über das kulturell-literarische Hintergrundwissen von Shakespeare über die Viktorianer bis hin zu Robert Graves und Harold Pinter.
Wie im Vorwort angekündigt sind drei Unterkapitel zur maschinellen
Spracherkennung (S. 149 - 154), zu bedrohten Sprachen (S. 370 - 371)
und zur maschinengestützten Korpusanalyse (S. 414 - 417) grundlegend
überarbeitet und erweitert worden. Eine solche Erweiterung hätte man
sich auch für das Ausblickskapitel zur Sprachgeschichte (S. 408 - 413)
gewünscht, in dem die Neuerungen sowohl in der generativen
Grammatiktheorie[2] als auch zu den semantischen Modellen[3] völlig
fehlen. Überhaupt scheint dies eines der schwächsten und am
ungenauesten gearbeiteten Kapitel - erstaunlich, da der Autor doch
selbst Linguist ist -, weil die "Väter" der Linguistik zwar alle kurz
genannt werden, so bedeutende Wissenschaftler wie Saussure, Tesnière,
Fillmore und Montague im Literaturverzeichnis aber völlig fehlen.
In den übrigen Kapiteln wurden Veränderungen und vor allem Neuerungen
nur innerhalb des vorhandenen Platzrahmens aufgenommen, was teilweise
zu Lasten der Lesbarkeit geht, so ist z.B. der Absatz über den Einsatz
neuer Medien im Druckgewerbe für Fachfremde kaum noch verständlich, da
hier die hilfreichen Glossen fehlen. Teilweise ist der Autor auch der
Versuchung erlegen, nur die Illustration zu erneuern, im Text aber
nicht auf die abgebildeten Neuentwicklungen einzugehen (z.B. werden
auf S. 282 - 283 Spezial-Computer für Behinderte vorgestellt ohne ihre
Funktionsweise im einzelnen zu erklären, so daß die gesamte
Darstellung den Beigeschmack von product placement erhält). Den
größten Vorteil der Neuauflage bildet zweifellos der durchgängige
Vierfarbdruck. Ein Großteil der Illustrationen ist ausgetauscht worden
und die Glossare und Marginalien wurden farbig vom Fließtext
abgesetzt. Auch sämtliche Karten sind neugestaltet und durch die
Vierfarbigkeit wesentlich anschaulicher und verständlicher. Durch
diesen graphischen relaunch erinnert das Werk - obwohl ein
herkömmliches Printmedium - sehr stark an vergleichbare On- und
Offline-Produkte und erfüllt damit in viel höherem Maße die Ansprüche
der jüngeren, stark visuell geprägten Generation. Zudem sind die
Bilder nicht nur eine reine Visualisierung des dargestellten
Sachverhalts, sondern transportieren immer Zusatzinformation.
Fazit: Trotz aller Kritteleien handelt es sich um ein gelungenes
populärwissenschaftliches Werk, das die Thematik "Sprache" ohne den
didaktischen Zeigefinger in all ihren Facetten beleuchtet und spannend
erklärt. Bleibt zu hoffen, daß der deutsche Verlag, der bereits die 1.
Aufl. in einer Übersetzung vorgelegt hat,[4] das Risiko einer Neuausgabe
wagt und diese noch stärker auf den kulturell-literarischen
Hintergrund des deutschen Publikums ausrichtet.
Suzan Hahnemann
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