Das Lexikon führt, wie bei anderen Oxford companions üblich, die Einträge zu Personen, Sachen, direkten Verweisungen und Werken in einem Alphabet auf. Am Ende folgt ein sorgfältig gearbeitetes, dreispaltiges Register (S. 803 - 866) mit dessen Hilfe, der direkten Verweisungen im Artikelkopf und im Text selbst sowie der Siehe-Auch-Verweisungen am Ende der Artikel wird der Inhalt des Lexikons musterhaft erschlossen.
Der vorliegende Oxford companion ist, über die Titelfassung hinausgehend, zugleich ein Autoren-, Real- und Werklexikon, das in enzyklopädischer Form dem Gesamtbereich der Geistes-, Kultur-, Literatur- und Sozialgeschichte der Afroamerikaner mit ihren geschichtlichen Quellen, Stoffen und Traditionen in all seinen Verästelungen gerecht wird. Aufgrund der sorgfältigen, normativen und verläßlichen Darstellung des jetzigen Wissensstandes dürfte es, von kleineren, später gegebenenfalls nötigen Aktualisierungen einmal abgesehen, für längere Zeit das maßgebliche Informationsmittel bleiben. Diese Bewertung beruht auf folgenden Faktoren:
1. In deutlichem Gegensatz zu vergleichbaren Titeln dieses Typs gehen die rund 150 Werkartikel über eine Inhaltsangabe weit hinaus. Sie bringen, ohne daß die ausgewogene Beschreibung und Analyse auf knappem Raum darunter litte, auch einen Abriß der Rezeption und erläutern zentrale Fragen der zugehörigen Fachdiskussion, so daß in manchen Fällen die Lektüre von Sekundärtiteln entfallen kann.
2. Ebenso vorzüglich und gut lesbar sind die Autorenartikel bzw. die für sonstige Personen: Es werden dabei nicht nur Literaten oder Literaturkritiker behandelt, sondern auch Historiker, Illustratoren, Journalisten, Künstler, Maler, Politiker, Publizisten, Schauspieler oder Verleger mitsamt ihrem jeweiligen historischen Umfeld. Bei den Literaten beispielsweise folgt nach einem kurzen biographischen Abriß eine Darstellung der wesentlichen Primärliteratur und des literarischen Werdegangs sowie eine präzise, den Forschungsstand in der Regel korrekt erschließende literaturgeschichtliche Bewertung. Leider fehlen Angaben über die jeweiligen Archive oder Nachlässe sowie über heute verlorene oder noch nicht publizierte Werke. Lücken lassen sich kaum feststellen: Die bloße Verweisung beim Namen der Publizistin Fannie Barrier Williams auf den Sacheintrag The woman's era mag ein Grenzfall sein. Nicht ganz nachvollziehbar sind jedoch fehlende Autoren- bzw. Personeneinträge zu Garland Anderson, Bob Cole, Randolph Edmonds, Abraham Hill, Sarah Parker Remond oder Frank Wilson.
3. Nicht minder wichtig für das gute Abschneiden des Werks sind die
Sachartikel: Sie behandeln alle literarischen Gattungen, etwa
Autobiography, Folk literature, Historical novel, Poetry, Slave
narrative oder Travel writing, bringen gute Überblicksartikel, etwa
zur Literary history (S. 445 - 459), und erschließen neben
Kernbegriffen wie Freedom, Identity oder Race auch wichtige
historische Vorgänge - so etwa Civil rights movement, Lynching, Middle
Passage, New negro oder Underground railway. Artikel zu relevanten
Berufen, literarischen Charakteren oder Motiven werden ebenso
angeboten wie zu Ausprägungen der Formen- und Kulturgeschichte, etwa
Blues, Dance, Jazz, Music oder Oratory. Zentrale Faktoren der
Literaturgeschichte wie Chicago renaissance oder Harlem renaissance
werden mit Akribie und großer Sachkenntnis gleich anschaulich und
präzise behandelt wie bislang zum Teil eher vernachlässigte
Randbereiche, so daß Literary societies genauso nachgeschlagen werden
können wie Women's clubs oder Virginia Hamiltons erstes Kinderbuch
(beim Eintrag Zeely). Freilich wünschte man sich auch in diesem Sektor
zusätzliche Sucheinstiege oder kleine Ergänzungen: Angesichts der
ansonsten vorzüglichen Querschnittsartikel vermißte ich einen Eintrag
zu den Women writers, wenn natürlich auch einige Aspekte dieses
Phänomens durch andere Artikel zum Teil abgedeckt sind.[2] Andere
Sachartikel, die man in diesem breit angelegten Lexikon erwartet
hätte, wären Black English,[3] New York Amsterdam news (die führende
schwarze Tageszeitung in New York City), Umbra Writers Workshop (die
New Yorker literarische Bewegung der 60er Jahre) oder die
UNIA-Bewegung (die von Marcus Garvey 1914 gegründete Universal Negro
Improvement Association).
4. Im Unterschied zu anderen Oxford companions wie beispielsweise der
neuesten Auflage des Oxford companion to American literature (1995),[4]
steht am Ende jedes Artikels die knapp, aber vorzüglich ausgewählte,
wesentliche Sekundärliteratur einschließlich der wichtigen Artikel aus
Sammelwerken und Zeitschriften. Auch diese Angaben werden, von
minimalen Ausnahmen[5] abgesehen, exakt aufgeführt, mit vollen Vornamen,
jedoch aus Platzgründen ohne Verlags- und Ortsangaben. Die schnell und
eindeutig identifizierbaren Titel sind chronologisch aufsteigend
geordnet. Sie beginnen in der Mehrzahl der Fälle in den 70er Jahren,
reichen aber, sofern es grundlegende ältere Werke sind, mitunter auch
erheblich weiter zurück. Wie in amerikanischen Werken üblich, werden
fast ausnahmslos englischsprachige oder übersetzte Titel genannt.
Insgesamt gesehen wird ein arbeitssparender, verläßlicher Einstieg in
die Literatur geboten.[6] Zusammenfassend läßt sich festhalten:
1. Dieses in seiner Konzeption und Durchführung kaum
verbesserungsfähige Nachschlagewerk stellt einen Markstein in der
Geschichte der Amerikanistik, der "Black studies" und ihrer
Fachlexikographie dar. Es wird bei allen wissenschaftlichen
Bibliotheken sowohl in den Allgemeinen wie auch in den Fachlesesälen
benötigt. Darüber hinaus bleibt es für die Weiterbildung im
Fachreferat und die Titelauswahl wohl für längere Zeit unerläßlich. Da
dieses Lexikon die schnelle Übersicht, die punktuelle Information wie
auch die Zusammenschau in der Tiefe leistet und mustergültig auf
einheitlich hohem Niveau zusammenführt, was vorher in Speziallexika
und anderen Informationsmitteln verstreut war, ist es ein
preisgünstiges, in all seinen Aspekten nachahmenswertes einbändiges
Fachlexikon, dessen baldige deutsche Übersetzung zu überlegen wäre.
2. Dieses Lexikon stellt in seinem umfangreichsten Teil, den ca. 400
bio-bibliographischen Artikeln, die maßgeblich zur Fixierung des
Kanons beitragen dürften, eine unabdingbare Ergänzung zu Reference
guide to American literature / Jim Kamp (1994) und zur Neuauflage des
des Oxford companion to American literature / Phillip Leininger (1995)
dar. Bei vielen Artikeln erweitert es auch die bislang in Teilen noch
unersetzten grundlegenden älteren Werke, wie beispielsweise African
American writers / Valerie Smith (1991) und verbessert stellenweise
die relevanten Teile bei Contemporary authors und beim Dictionary of
literary biography.[7] In der Qualität und in den Literaturangaben
leistet es mitunter mehr als weit spezialisiertere Lexika.[8]
3. Auch in den literarischen und außerliterarischen Sachartikeln ist
das Lexikon von hohem Wert und praktisch vollständig. Es kann somit
zusätzlich als Sachlexikon für wenig dokumentierte Begriffe oder zum
Teil entlegen erscheinende Bereiche der Geschichte der Afroamerikaner
in all ihren Facetten mit Gewinn genutzt werden, so daß es in manchen
Fällen wohl die mehrbändige, recht teure Encyclopedia of African
American culture and history (1996) ersetzen kann.
Sebastian Köppl
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