Das Lexikon Marketing hat andererseits eine Ausweitung in Richtung Betriebs- und Volkswirtschaftslehre erfahren. Aus diesen Fächern sind Begriffe aufgenommen, die für das Verständnis des Marketing als notwendig oder sinnvoll erscheinen (vgl. Vorwort). Dazu sei kritisch angemerkt, daß Auswahl und Behandlung dieser Artikel nicht immer überzeugen. Wo ist der sachliche Zusammenhang bei Monetarismus, Neue politische Ökonomie (fast 4 Seiten), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (8 Seiten)? Den Vogel schießt der Artikel Produktionsfunktion ab, zu dem Koschnick eine 24-seitige produktionstheoretische Abhandlung liefert. Sinnvoll sind dagegen Artikel wie Nachfrageelastizität oder Preistheorie.
Der Umfang des Lexikons ist im Vergleich zur 1. Aufl. von einem Band
auf zwei Bände und von 940 auf 2112 Seiten angewachsen. Die Anzahl der
Artikel dürfte dagegen mit etwa 5000 gleich geblieben sein.[4] Die
Zahlen zeigen, daß die Länge der Artikel erheblich zugenommen haben
muß. Dies bestätigt sich, wenn man einzelne Artikel der 1. und 2.
Aufl. vergleicht (z.B. Ablauforganisation, Bankmarketing). Auch der
Umfang der Artikel differiert wiederum sehr stark, der von einzeiligen
Abkürzungsauflösungen und kurzgefaßten Begriffsdefinitionen bis zu
umfassenden aufsatzartigen Artikeln von mehreren Seiten reicht (z.B.
Marketingbudget, S. 1067 - 1081; Preispolitik S. 1481 - 1491). Zu den
umfangreicheren Eintragungen sind auch die vollständig abgedruckten
Gesetzestexte z.B. des Markengesetzes oder des Warenzeichengesetzes zu
zählen (das Markengesetz umfaßt nicht weniger als 58 S.). Die
Stichworterklärungen sind gut verständlich formuliert. Häufig sind sie
mit Diagrammen, Tabellen und anderen graphischen Darstellungen
verbunden. Synonyme und verwandte Begriffe sind durch Verweisungen
verknüpft. Die Auswahl der Stichwörter scheint aktuell zu sein, wie
ein Vergleich mit dem Lexikon der aktuellen Marketingbegriffe[5] ergibt.
Empirische Zahlen oder Statistiken findet man so gut wie nirgends. Das
ist kein Manko, sondern zeigt, daß das Lexikon Marketing seinen
Schwerpunkt in der Marketing-Wissenschaft hat.
Auf dem Büchermarkt ist das Lexikon derzeit eines der umfassendsten
zum Thema Marketing. Am ehesten ist mit ihm Vahlens grosses
Marketinglexikon[6] mit über 4000 Artikeln quantitativ zu vergleichen.
Dagegen fällt das Lexikon des Marketing von Werner Pepels[7] mit 2500
Begriffen deutlich ab. Während das Lexikon aus dem Vahlen-Verlag auf
der
Zusammenarbeit von mehr als 160 Experten beruht, nennt Koschnick keine
weiteren Mitarbeiter. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß das
vorliegende Wörterbuch von ihm selbst zusammengestellt wurde. Eine
erstaunliche Leistung, selbst wenn man berücksichtigt, daß er aufgrund
seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als "Marketing-Lexigraph" auf
umfangreiche Vorarbeiten zurückgreifen konnte. Dies vor Augen
akzeptiert der Benutzer vielleicht einige Besonderheiten, wie z.B.: 1.
Zitate ohne bibliographischen Beleg; vollständige Quellenangaben sind
nur bei Graphiken - allerdings nicht immer - vorhanden. Im Text werden
generell nur Namen zitiert ohne Angaben zur Fundstelle.[8] 2. Veraltete
Quellen: Die wenigen vollständig zitierten Quellen sind durchwegs aus
der 1. Aufl. von 1987 übernommen, obwohl Neuauflagen der
Primärliteratur vorliegen.[9] 3. Doppeleintragungen anstelle
gegenseitiger Verweisungen: Bei sachlich verwandten Stichwörtern
werden Textpassagen ganz oder teilweise doppelt verwendet. Die Artikel
Fachpromotor und Machtpromotor sind vollständig identisch. Das
Schaubild Marketingplanung ist sowohl beim Artikel Marketingplanung
als auch bei Strategisches Marketing abgebildet (S. 1125 - 1126 und S.
1802 - 1803).
Inwieweit diese Qualitätseinbußen für die Benutzung oder den Kauf
relevant sein können, hängt von den Erwartungen und Anforderungen der
Interessenten ab. Auf jeden Fall ist zu einem Vergleich mit anderen
Marketinglexika zu raten. Für ein Lexikon dieser Preisklasse und
dieses Anspruchs - immerhin soll das Lexikon laut Vorwort das
"übergreifende Dachwerk einer Enzyklopädie des Marketing" sein - sind
dies jedoch eklatante Mängel. Nicht absprechen kann man Koschnick den
Fleiß des Sammlers.
Lorenz Fichtel
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