1. Lückenhaftigkeit im Kernbereich
Völlig unverständlich sind die nicht akzeptablen Lücken bei den von
mir als Historiker als "wichtiger" eingeschätzten Publikationen. Etwa
ein Viertel dürfte nach meiner Schätzung nicht erfaßt worden sein.
Objektivieren läßt sich dieses subjektive Urteil beispielsweise durch
die Auswertung des Rezensionsteils der Rheinischen
Vierteljahresblätter 58 (1994), der kaum peripheres Material umfaßt.
Von den 1991 bis 1993 publizierten 74 deutschen Titeln fehlen 18 (24
%). Von den 38 einschlägigen Titeln des Forschungsberichts von Gerd
Schwerhoff zur Hexenforschung[1] sind 12 nicht aufgenommen worden. Viele
bedeutsame Monographien, Festschriften und Ausstellungskataloge werden
vermißt; eine Vollständigkeitskontrolle bei wichtigen Reihen (z.B.
Beihefte der Zeitschrift für historische Forschung) hat nicht
stattgefunden. Bei orts- und regionalgeschichtlichen Zeitschriften
gibt es unverzeihliche Lücken; die winzige Auswahl an Ortsgeschichten
mutet lächerlich an.
2. Undurchsichtige Auswahlkriterien in den Randgebieten und bei den
Nachbardisziplinen
Höchst undurchsichtig sind die Auswahlkriterien bei der Aufnahme von
Beiträgen aus Zeitschriften und Sammelbänden. Eine Analyse von Bd. 28
(1994) der Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg zum Thema
Wallfahrt ergab beispielsweise, daß die Auswahl der Beiträge (14 von
21) nicht nachvollziehbar ist. Auch methodisch bedeutsame Aufsätze
oder solche mit wichtigem Material wurden weggelassen. Absolut
willkürlich und beliebig wurden historische Publikationen aus
Nachbardisziplinen (z.B. Germanistik, Volkskunde, Kunstgeschichte,
Musikgeschichte) berücksichtigt.
3. Mängel der Sacherschließung
Die Register der gedruckten Ausgabe sind, wie die Überprüfung der
Schlagwortvergabe auf der CD-ROM zeigt, offenbar völlig unbrauchbar.
Eine Koordination und Abstimmung von Klassifikation, Sachbereich,
Verschlagwortung und Titelstichwörtern ist nicht ansatzweise zu
erkennen. Zusammengehöriges steht an ganz verschiedenen Stellen.
Schlagwörter sind äußerst oft uneinheitlich vergeben worden, und wenn
die beanspruchte Autopsie tatsächlich stattgefunden hat, wirft das bei
nicht wenigen Fällen ein bezeichnendes Licht auf die historische
Kompetenz der Redaktion. Bei wahrnehmungsgeschichtlichen Arbeiten
gerät sie leicht ins Schlingern. So sind zwei Arbeiten zu städtischen
Gründungssagen einem falschen Sachbereich zugewiesen worden. Ein Test
mit sag* bzw. *sage (Rechts- bzw. Linkstrunkierung) zeigt die Willkür
deutlich: Läßt man nach Titeln suchen, in denen sage* vorkommt, die
aber kein Schlagwort sagen oder sagen (reg.) - eine selten
überzeugende Trennung von allgemeiner und regionaler Literatur
- erhalten haben, so bekommt man 20 Treffer, wovon 8 zu Sagen
einschlägig sind. Eine Studie zur Herkunftssage der Habsburger erhielt
das Schlagwort Legenden!
Die zuverlässigste Suche ist die Freie Suche (mit Rechtstrunkierung),
weil sie sowohl Titelstichwörter als auch Schlagwörter findet. In
einem zweiten Schritt ist anschließend die Suche mit
Sachbereich/Klassifikation zu empfehlen. Die gravierenden und in
keiner Weise akzeptablen Mängel bei der Sacherschließung können
mittels der verknüpften Suche bloßgelegt werden, was im Umkehrschluß
bedeutet, daß die entsprechenden Kontrollmöglichkeiten der EDV von den
Bearbeitern nicht genutzt wurden. Insgesamt stellt die miserable
Sacherschließung der traditionsreichen Jahresberichte der herrschenden
"Registerkultur" der deutschen Geschichtswissenschaft das denkbar
schlechteste Zeugnis aus.
Klaus Graf
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