Diesem Vorurteil entgegenzuwirken ist erklärtes Ziel der Quellenbibliographie, die an der Arbeitsstelle Rhetorik der Universität Oldenburg entstanden ist. Sie will die Rhetorik dem interessierten Forscher als das vermitteln, was sie nach Meinung der Autoren einmal war und was in der abendländischen Bildung ihren Rang ausmachte: als ein "dynamisches Prinzip, eine psychagogische und anthropologisch bezogene Kunst, die als Überzeugungstechnik, Schulfach und soziale Praxis das literarische und sprachlich-gesellschaftliche Leben seit dem 5. vorchristlichen Jahrhundert bis zu Lessing und Herder, bis zu Klopstock und Schiller, Kant und Friedrich Schlegel bestimmt hat." (Einleitung, S. XXIII - XXIV). Emphatisch fügt man hinzu, daß niemand sich in Zukunft darauf hinausreden könne, daß ihm die Ubiquität der Rhetorik unbekannt geblieben sei (vgl. Einleitung, S. XV).
Die Bibliographie versammelt mehr als 4000 derjenigen selbständig erschienenen Publikationen, die zwischen 1700 und 1800 zur Rhetorik als Theorie, zur Beredsamkeit als Praxis der Rhetorik, zur Homiletik und Epistolographie im deutschsprachigen Raum, einschließlich aller Neuauflagen und Nachdrucke, erschienen sind. Die Ausklammerung der unselbständig erschienenen Literatur des Zeitraums muß, dessen sind sich die Autoren bewußt, zunächst ein Desiderat bleiben, was aber vertretbar ist, da sich das bei der Erfassung der selbständigen Publikationen gewonnene historische Bild "im Grundsätzlichen wahrscheinlich nicht von dem Rhetorikbild der Journale unterscheidet" (Einleitung, S. XXV).
Bd. 1 bietet neben einer ausführlichen Einleitung und der Einführung in die Benutzung ein Verzeichnis der Sekundärliteratur, das Siglenverzeichnis für bundesdeutsche Bibliotheken und Abkürzungen ausländischer Bibliotheken sowie einem Abkürzungsverzeichnis den ersten Teil der Quellenbibliographie von 1700 bis 1742. Bd. 2 enthält die Quellenbibliographie der Jahre von 1743 bis 1800. Erfaßt wurden Veröffentlichungen der Kernbereiche Rhetorik, Homiletik und Epistolographie, denen auch in drei selbständigen Registern Rechnung getragen wird. Um der Omnipräsenz der Rhetorik gerecht zu werden, sind auch Titel aus den Grenzbereichen Poetik, Bildungsgeschichte des Geschmacks und Ästhetik aufgenommen worden, sofern sie einschlägige Kapitel enthielten. Des weiteren enthält die Bibliographie Ausgaben antiker Autoren, wenn sie kommentiert waren, Lehrpläne, enzyklopädische und methodische Werke, Schriften zur juristischen Redepraxis, zum Referieren, Anweisungen zur Kanzelberedsamkeit und Schriften der Jesuitenrhetorik. Ausgeschlossen bleiben Grammatiken, Anweisungen zur Orthographie oder zur Rechtschreibung, Emblembücher, Florilegien, obwohl die Redner sich auch ihrer nachweislich bedienten.
Die Titel sind in der Bibliographie chronologisch nach
Erscheinungsjahren geordnet, um die "Geschichte der Entwicklung des
literaturtheoretischen, poetologischen und ästhetischen Bewußtseins im
18. Jahrhundert" (Einleitung, S. XXIV) zu dokumentieren.[5] Innerhalb
eines Jahres erfolgen die Titeleintragungen alphabetisch nach dem
Verfassernamen, bei nicht zu ermittelnden anonymen Titeln nach
Sachtiteln gemäß den Preußischen Instruktionen. Die Beschreibungen der
einzelnen Titel erfolgte in der Regel nach Autopsie, nicht autopsierte
Werke wurden mit Asteriskus gekennzeichnet. Der "Numerierungszeile",
bestehend aus "Numerierungssigle" (Erscheinungsjahr und fortlaufende
Nummer innerhalb des Erscheinungsjahres sowie Bandzahl bei
mehrbändigen Werken) und Verfassernamen, folgt die diplomatisch
getreue Beschreibung mit Beigabenvermerk, Umfangs- und Formatangabe
sowie der Standortnachweis mit Signaturangabe des zugrundegelegten
Exemplars. Zu den ermittelten Angaben werden Erläuterungen gegeben,
bei Erstausgaben wird auf andere Ausgaben oder Auflagen, Nachdrucke,
Bearbeitungen und Übersetzungen sowie auf deren Beziehungen
untereinander hingewiesen, die die Rekonstruktion der jeweiligen
Publikationsgeschichte ermöglichen sollen. Auch zu diesen anderen
Ausgaben und Auflagen wären die Standortnachweise hilfreich gewesen,
da sie dem Benutzer zum Teil mühsame Nachforschungen hätten ersparen
können.
In Bd. 3 erschließen drei alphabetische Teil- und ein Gesamtregister
die Bibliographie. Durch die Teilregister Epistolographie, Homiletik
und Rhetorik ist eine grobe inhaltliche Zuordnung der einzelnen Titel
zu den Kernbereichen der Rhetorik möglich.[6] Im Gesamtregister erhält
man den Überblick über alle Werke eines Verfassers unter seinem Namen
sowie auf die Titel, in denen der Autor als Beiträger erwähnt ist.
Ebenso wird bei anonymen und pseudonymen Schriften auf ermittelte
Verfasser verwiesen.
Vermißt werden Register zu den Druckorten sowie zu den Druckern und
Verlegern. Bei der bibliographischen Beschreibungssituation auch des
18. Jahrhunderts und der Ubiquität der Rhetorik wäre ein solches
Register allerdings durchaus von Nutzen.
Kathrin Paasch
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