Reinhard Stach, durch zahlreiche Publikationen zum Robinson als Kenner
der Materie ausgewiesen,[1] wendet sich speziell den für die Jugend
bestimmten Robinsonaden zu. Aus seinen bereits früher in verschiedenen
Publikationen erschienenen Beiträgen hat er zwölf in einem Sammelband
vereinigt. Sie sind unter den Gesichtspunkten: historisch,
systematisch, pädagogisch geordnet. Die Sammlung beginnt unter
historischem Aspekt mit der Vorstellung von Campes Robinson der
Jüngere und seiner Wirkung und Tradierung. Diese durch Rousseau
angeregte Umarbeitung des Defoe'schen Robinson hat zumindest in der
Jugendliteratur den echten Robinson lange verdrängt. Sie wird zwar als
Jugendbuch schon lange nicht mehr gelesen, das wissenschaftliche
Interesse an ihr ist aber sehr groß. So sind in den letzten zwanzig
Jahren allein vier Reprints erschienen. Auf sie wird aber nicht
hingewiesen. Auch der 1991 im Reclam-Verlag erschienene Reprint, der
einzige, der die Erstausgabe von 1779 - 1780 wiedergibt und einen
umfangreichen wissenschaftlichen Apparat besitzt, wird leider nicht
erwähnt.
Der zweite Beitrag stellt drei apokryphe Robinsonaden des 19.
Jahrhunderts vor. Das sind Abenteuergeschichten, die nach der
Begriffsbestimmung inhaltlich zur Gattung der Robinsonaden gehören.
Sie weisen aber weder im Titel noch im Untertitel auf Robinson hin,
wie es sonst dergleichen Abenteuergeschichten tun, um mit diesem Namen
zu werben. Es sind also "verborgene" Robinsonaden, die lediglich
durch die Erwähnung Robinsons im Text einen Bezug zu ihm herstellen.
Weitere Beiträge sind Kapitän Marryat und sein Bremer Steuermann sowie
Willy Planck und seine Robinson-Illustrationen gewidmet. Willy Planck
hat nicht nur den Defoeschen Robinson illustriert, sondern auch die
Robinsonaden von Marryat, Wyss, Elster und Ehrhardt mit über 150
Illustrationen geschmückt.
Unter der Rubrik Systematische Aspekte sind Beiträge zu besonderen
Gesichtspunkten zusammengefaßt. Behandelt werden Robinson-Gedichte,
ein Bereich, der bisher selbst in der Robinson-Literatur nicht
beachtet wurde. Robinson auf der Bühne beschäftigt sich mit Friedrich
Forsters Erfolgsstück Robinson soll nicht sterben. Unter den vielen
Robinsonaden werden noch zwei besondere Aspekte behandelt; die
Robinsonin, hier als Mädchenbuch und Robinsone der Arktis
(Robinson also unter noch schwierigeren Bedingungen). Unter
Pädagogischen Aspekten wird die Technische Bildung durch Robinsonaden
also die Robinsonade als außerschulisches Bildungsmittel behandelt. In
Kinder spielen Robinson geht es um die literarische Wiedergabe der
Spielhandlungen. Robinson und die Pädagogen sucht zu erklären, warum
wieder alle bedeutenden pädagogischen Neuansätze auf ihn
zurückgreifen.
Der Sinn der Sammlung ist es, "Ergebnisse jahrzehntelanger
Sammler- und Forschertätigkeit", die "örtlich verstreut und zu
verschiedenen
Zeiten publiziert" wurden, bequem zugänglich zu machen. Die Beiträge
sind wohl in ihrer ursprünglichen Form wiedergegeben. Sie haben alle
heute noch ihre Bedeutung, dennoch wäre eine genauere Durchsicht nötig
gewesen. Es mutet seltsam an, wenn der Autor auf Seite 16 beklagt, daß
"für die Zeit nach 1898 eine Bibliographie der Robinsone und
Robinsonaden" fehlt, die er inzwischen selbst zusammen mit Jutta
Schmidt 1991 vorgelegt hat. Diese vorzügliche Bibliographie wird
lediglich am Ende des Bandes in der Aufführung der Arbeiten des Autors
zum Robinson und bei den seit 1976 erschienenen Monographien genannt.
Einmal wird auch in den Anmerkungen auf sie verwiesen, dieser Beitrag
ist aber 1994 erschienen. Die bibliographischen Angaben in den
einzelnen Beiträgen wurden wohl nicht immer mit der eigenen
Bibliographie überprüft. So gibt es mehrere Unstimmigkeiten.
Die gut fundierten Beiträge dokumentieren anschaulich das Weiterleben
des Robinson in seinen vielen Aspekten, hauptsächlich in der
Jugendliteratur. Bei der Vielschichtigkeit der Beiträge insgesamt zu
so einem speziellen Thema, wo die gleichen Namen und Titel wiederholt
in verschiedenen Beiträgen vorkommen, wäre ein Register zur besseren
Auswertung und eine Aufstellung der behandelten oder erwähnten
Robinsonaden nützlich.
Heinz Wegehaupt
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