Die Beiträge der über 100 vorwiegend aus Italien stammenden Autoren,
die durch knappe Artikel der Redaktion ergänzt werden, reihen sich in
alphabetischer Ordnung aneinander. Sinnvollerweise wurden Komposita
zugunsten bedeutungstragender Wörter umgestellt, statt libri di
alchimia siehe alchimia, libri di. Der Aufbau der Beiträge ist
durchgehend einheitlich gegliedert: dem durch Fettdruck
hervorgehobenen Stichwort folgt der Artikel, den gewöhnlich eine
Auswahlbibliographie abschließt. Leider gibt die angezeigte Literatur
häufig nicht den aktuellen Forschungsstand wieder.[3] Stichwörter zu
technischen und fachspezifischen Begriffen werden in Englisch,
Französisch und Deutsch übersetzt. Dabei kommt es gelegentlich zu
kleinen Ungenauigkeiten.[4]
Positiv hervorzuheben, sind die note di mercato: Beiträge zu kostbaren
und gesuchten Werken werden durch Informationen über Verkaufserlöse
vor allem der letzten 20 Jahre ergänzt. Es handelt sich hierbei um
keine vollständige Preisdokumentation, was dem Vorwort zufolge auch
nicht angestrebt wurde. Vielmehr erhält der Sammler Hinweise und
Tendenzen, die ihm eine Orientierungshilfe bieten.
Das Lexikon schließt mit einer knappen Literaturliste an eher
allgemeinen Darstellungen und einem Verzeichnis der wichtigsten
Druckorte: ein schwacher Ersatz für die im Lexikon nicht mit eigenen
Artikeln behandelten Zentren der Schwarzen Kunst.[5] Weiterhin
verzichtete man, und das ist schon ein erheblicher Mangel, auf die
Aufnahme biographischer Artikel. Nach Druckern, Bibliophilen oder
Stechern sucht der Leser vergebens. Als Beilage dient ein nützliches,
kleines Glossar in vier Sprachen.
Art und Umfang der Artikel sind sehr verschieden. Leider werden die
Kriterien der Stichwortauswahl im Vorwort nicht näher erläutert. Dabei
ist das Lexikon nicht gerade selbsterklärend, was folgende Beispiele
verdeutlichen mögen. Unzweifelhaft spielen die Sakralbücher des
Mittelalters für die Bibliophilie eine gewichtige Rolle. Folglich
findet man verschiedene Bezeichnungen liturgischer Bücher wie
Antiphonar, Martyrologium und Pontifikale erläutert: nach dem Begriff
Zeremoniale (ceremoniale) sucht man hingegen vergebens.
Wenig ausgewogen erscheint in diesem Lexikon auch die Auswahl der
Handschriften, denen eigene Artikel gewidmet sind. Während die Bibbia
Borso d'Estes und das Book of Kells (Libro di Kells) Spalten füllen,
bleiben so berühmte Werke wie der Ashburnham-Pentateuch oder die
Bamberger Apokalypse, die bedeutenste deutsche Bilder-Apokalypse vor
Dürer, unerwähnt.
Mehrspaltige Beiträge sind auch Atlanten (atlante) und Reisebüchern
(viaggio, libri di) gewidmet, die unter Bücherfreunden stets besondere
Wertschätzung genießen. Die dort nachgezeichnete Geschichte der
Guidenliteratur läßt allerdings Wichtiges unerwähnt: namentlich das
erste Druckwerk dieser Art, die Peregrinationes in terram sanctam,
1486 in Mainz bei Erhard Reuwig erschienen, die über eine Reise des
Mainzer Domdechanten Bernhard von Breydenbach in das Heilige Land
berichtet.
Lesenswert dagegen sind die interessanten Ausführungen zu den
sogenannten Malerbüchern des Expressionismus und des Futurismus. Es
überrascht allerdings, daß in den note di mercato nicht Georg Heyms
Gedichtband Umbra vitae mit Holzschnitten Kirchners von 1924
auftaucht. Handelt es sich doch um eines der gesuchtesten Bücher des
Expressionismus, das zurecht zu den besten Ergebnissen der Buchkunst
des 20. Jahrhunderts gezählt wird. Inhaltlich fällt die Notiz, mehr
ist es wirklich nicht, zur Arts & Crafts-Bewegung stark ab, der kaum
mehr als eine halbe Spalte zugestanden wird. Sie erwähnt nicht einmal
den Begründer, William Morris (1834 - 1896). Die Erklärungen zum
Lieferungswerk (dispensa) breiten sich dagegen über vier Spalten aus.
Überraschenderweise werden auch dem Klingspor-Museum in Offenbach, das
eine umfangreiche Sammlung zur internationalen Buch- und Schriftkunst
des 20. Jahrhunderts beherbergt, keine eigenen Zeilen gewidmet.
Dagegen stellen gesonderte Beiträge zu Private Presses, Privatpressen
und Private, stamperie - aus der jeweiligen Ländersicht geschrieben
- immer wieder die Buchkunstbewegung dar.
Visualisierung und Farbigkeit dominieren dieses Lexikon. Kaum eine
Seite, die nicht illustriert ist. Der Wissenschaftler, so angenehm
sich die geschickt eingefügten Bilder für das Auge darstellen, hätte
sich dagegen mehr Text, eine ausgewogenere Stichwortauswahl und eine
aktuellere Bibliographie gewünscht. Das Manuale enciclopedico della
bibliofilia ist kein Lexikon des gesamten Buchwesens, was es vom
eigenen Anspruch her aber auch nicht sein wollte. Trotz der
angesprochenen Mängel wird dieses Fachlexikon seine Käufer finden.
Dieses Handbuch spricht Buchliebhaber an; für wissenschaftliche
Bibliotheken eignet es sich dagegen weniger.
Johannes W. Pommeranz
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