Die Geschichte des Denzinger zählt viele Bearbeiter. Bei manchen ist
man geneigt zu sagen, "nomen est omen" (Clemens Bannwart SJ), bei
anderen wundert sich der Außenstehende vielleicht - wenn auch zu
Unrecht -, sie in diesem Kontext wiederzufinden (Karl Rahner SJ, der
ja ein eminenter Kenner der "Schultheologie" war und dieses Instrument
virtuos eingesetzt hat). Ein wirklich modernes, historisch-kritisch
fundiertes Werk wurde der Denzinger erst in der Bearbeitung von Adolf
Schönmetzer SJ (32. Aufl. 1963), die auch die Grundlage der
Erweiterung (bis Johannes Paul II. und vor allem mit Einschluß des
Vaticanum II) durch Peter Hünermann wurde. Hier wurde zudem der
Schritt zur Zweisprachigkeit getan.[2]
Diese Ausgabe ist der vorliegenden 38. Aufl. (? s.u.) - eben als
CD-ROM - zugrundegelegt, die hier nochmals erweitert worden ist um die
Dokumente DH 4860 - 1541 aus den Jahren 1989 - 1995. Hier findet man
etwa zusätzlich die Sozialenzyklika Centesimus annus oder das
Apostolische Schreiben Ordinatio sacerdotalis zur Frage der
Priesterweihe von Frauen, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Die Haupteinschränkung des Denzinger als Quellensammlung besteht in
seiner Auswahlhaftigkeit im Blick auf die systematisch-theologisch
relevanten Texte und Textpassagen, die dem bequemen Zugriff zugänglich
sein sollen. Das setzt Entscheidungen über das aufzunehmende und
auszuscheidende Material voraus, wie die verschiedenen Bearbeitungen
deutlich zeigen. Umgekehrt besteht darin der Vorteil dieses
Hilfsmittels: Durch die Zuweisung von Nummern zu den einzelnen
Text(teil)en ist es ein bequemes Zitier- und Findinstrument.
Daß nun eine digitalisierte Ausgabe dieses Werkes in Angriff genommen
wurde, ist verständlich. Die eminente Textmasse, die darin enthalten
ist, drängt geradezu nach solchen Hilfsmitteln. Dabei böte eigentlich
die CD-ROM Möglichkeiten, die Texte ggf. auch in größerer
Vollständigkeit anzubieten oder auch früher ausgeschiedene Texte
wieder aufzunehmen, was sich freilich wiederum am Prinzip dieses
"Handbüchleins" stößt und - durch das Numerierungsverfahren bedingt
- die Praktikabilität für die theologische Arbeit wohl gefährden
würde.
So wird man die Entscheidung für richtig und einzig praktikabel halten
dürfen, die elektronische Version parallel zur Druckausgabe zu halten.
Diese ist ohnehin umfangmäßig durch die Zweisprachigkeit an die Grenze
der Praktikabilität in der Buchform gestoßen. Der Nutzer wird
letztlich entscheiden, ob hier nicht auf Dauer die elektronische
Version sich durchsetzen wird, bei der Probleme von Textmengen keine
Rolle mehr spielen.
Für die CD-ROM wurde eine Lösung gewählt, die die Texte im pdf-Format
darbietet und auch damit eine relativ große Nähe zur Druckausgabe
wahren kann, z.B. auch deren Seitenangaben enthält, obwohl die
Gliederung durch Textnummern bei diesem Werk auch ausreichend gewesen
wäre zur korrekten Benutzung und Zitation. Das Datenformat zeigt
schon, daß die Realisierung mit dem Acrobat-Reader der Firma Adobe
vorgenommen wurde. Da es sich dabei um ein gängiges Programm handelt,
brauchen dessen Eigenheiten hier nicht mehr im einzelnen beschrieben
zu werden.
Die konkrete Umsetzung erfolgt so, daß die einzelnen Dokumente (bei
den frühen Einzeltexten auch Dokumentgruppen) eigene Dateien bilden,
die mit dem Kürzel DZH und der Dokumentnummer benannt werden, also
auch von dieser Benennung aus einzeln geladen werden können. Dazu
kommen die editorischen Beigaben der Originalausgabe wie Einführungen,
Abkürzungen etc. und die umfangreichen Indizes.
Neben der üblichen Suche in den Einzeldokumenten ist der Gesamtbestand
- und zwar getrennt nach Dokumenten und Indizes - insgesamt indiziert
und mit einigem Komfort recherchierbar. Dabei können die Booleschen
Operatoren UND, ODER, NICHT verwendet und auch kompliziertere
Operationen mit Klammerausdrücken durchgeführt werden. Daß dabei die
Funktion Suche für die erstere Suchfunktion (Einzeldokument) und die
Funktion Search für die eigentlich relevante indizierte Suche im
Gesamtbestand des Werkes vorbehalten ist, ist vielleicht nicht
besonders geschickt und gewöhnungsbedürftig, aber letztlich nicht
relevant.
Die Suche über die Dokument-Infos ermöglicht in der Search-Funktion
auch die gezielte Suche von Dokumentarten (z.B. Enzyklika) oder der
Schriften einzelner Verfasser (z.B. Pius XII.) oder das ganze auch in
Kombination. Hier sind die Suchmöglichkeiten durch die Anlage von
recherchierbaren Dokument-Infos zu allen Texten wirklich optimiert.
Eine weitere Möglichkeit bei der Suche sind die Ankreuzfelder
Wortstamm, Bedeutung, Umgebung und Groß- und Kleinschreibung.
Letzteres können wir übergehen. Inwieweit Wortstamm nicht auch durch
Platzhaltersuche ersetzbar ist, wurde mir nicht ganz klar. Die im
Deutschen mögliche Suche mit Bedeutung bezieht verwandte Begriffe über
einen internen Thesaurus in die Suche ein. Eine Suchhilfe gibt an,
welche Begriffe verwendet werden. Die Ergebnisse sind nicht unbedingt
sinnvoll, so wenn "erläutern" auch "[sich] äußern" sucht ... Doch ist
die Idee sicher sinnvoll. Es müßte nur möglich sein, Begriffe
abzuwählen. Vielleicht ist der zugrundegelegte Thesaurus auch zu
unspezifisch (von Bulle zu Elefantenbulle ist zwar sachlich korrekt,
für den Denzinger aber wohl nicht relevant). Die Umgebungssuche müßte
m.E. exakt auf Präzision einstellbar sein (nicht weiter entfernt als x
Wörter).
Ganz ausgezeichnet und aufwendig durchgeführt ist die Vernetzung der
einzelnen Dokumente untereinander und dieser mit den Indizes, von
denen aus die jeweiligen Nummern direkt angeklickt werden können.
Damit werden die ohnehin sehr guten Sachregister der neueren
Denzinger-Ausgaben nun wirklich auch bequem nutzbar. Die CD-ROM bietet
zusätzlich zum Original noch ein weiteres Bibelstellen-Register in der
Reihenfolge der Dokumente (zusätzlich zum Stellenregister der
Originalausgabe in der Reihenfolge der biblischen Bücher, das hier
gleichfalls enthalten ist und die Dokumente anklickbar verzeichnet).
Die Funktionen zum Blättern, zur Suchgeschichte, zum Springen auf die
Ausgangsseite, zum Zoomen des Texte sowie die Umschaltmöglichkeiten
zwischen Anzeigearten etc. sind bequem angelegt. Hier ist ein relativ
großer Aufwand betrieben, was bei einiger Einarbeitung sehr bequem
ist.
Eine ständig über eine entsprechende Schaltfläche aufrufbare
Notizfunktion ermöglicht das Schreiben eines Kommentars bzw. von
Arbeitsnotizen. Die Schaltfläche ist dabei von allen Dokumenten aus
aufrufbar. Dabei wird der Texteditor des Betriebssystems aktiviert.
Der Dateiname ist festgelegt. Bei Beginn eines neuen Kommentars muß
man also ggf. diese Datei unter einem anderen Namen speichern, damit
die Kommentardatei wieder frei wird. Das Kopieren ist
selbstverständlich auch in die Zwischenablage und darüber in eine
Textdatei möglich. Dabei können auch griechische Texte direkt kopiert
werden, wobei in der Textverarbeitung die mitinstallierte Schriftart
"ArsGreek" aktiviert werden muß. Die Suche griechischer Wörter ist
über eine lateinische Umschrift möglich, was auch durch Herauskopieren
des Suchwortes aus einem Dokument möglich ist.
Die Installation der CD erfolgt wahlweise in den Sprachen Deutsch,
Englisch oder Französisch. In Kleinigkeiten scheinen mir das (doch
wohl etwas zu knappe zwölfseitige) Handbuch und die Realisation nicht
ganz übereinzustimmen, so bei der Benennung des Menüpunktes Datei mit
Ablage (evtl. für die "Mac"-Version gültig?); in anderen Fällen hilft
eine genauere Lektüre der Hinweise (z.B. zu den über Bearbeiten zu
ändernden Grundeinstellungen für Search). Da zudem eine ausführlichere
Online-Hilfe vorhanden ist, ist das eher ein Problem von
"Schnellanwendern", für die eine derart komplexe Realisierung manchmal
etwas hinderlich ist. Der mit etwas Geduld sich einarbeitende Benutzer
wird umgekehrt die Vorteile dieses doch recht ausgefeilten Instruments
schätzen.
Die Verwendung von DzH als Abkürzung für die Nummernzählung im
Handbuch (weniger relevant bei der Dateibenennung) ist eine kleine,
aber etwas ärgerliche Abweichung vom Standard des IATG[3] bzw. von der
Abkürzungsliste des LThK[4] im Herder-Verlag. In der CD-ROM selbst wird
zudem mit D nach den Denzinger-Nummern gesucht, was bislang die
Abkürzung für das Werk bis zur 31. Aufl. (mit anderer Nummern-Zählung)
war. Deren Zählung ist - wie in der gedruckten Ausgabe - im übrigen
über eine Konkordanz gleichfalls auffindbar. - Das ist zwar eine
Kleinigkeit, aber man sollte davon ausgehen, das der Anwender nicht
ständig mit diesem Arbeitsmittel umgeht und deshalb möglichst solche
Standards nicht ändern und beim eingeführten DH für dieses Werk
bleiben.
Eine kleine sprachliche Kritik: "Indexe" tut weh, wiewohl der Duden es
schon vor der neuen Rechtschreibung erlaubte; die Online-Hilfe benutzt
das ebenfalls Duden-korrekte "Indizes" und die CD-ROM hat den bei
einem weitgehend lateinischen Werk schönen Verzeichnisnamen "Indices",
den witzigerweise erst die neue Rechtschreibung alternativ erlaubt.
Vielleicht wäre etwas Vereinheitlichung sinnvoll.
Eine bibliographische Anmerkung. In der CD wird mitgeteilt: "Dieser
CD-Rom liegt die 37. Auflage des gedruckten Werkes von 1991 (Dokumente
bis zum Jahr 1988, DZH0001 - DZH4858) zugrunde, vom Herausgeber
erweitert um Dokumente aus den Jahren 1989 bis 1995, DZH4860 -
DZH5041". Ist das nun die 38. Auflage? Oder will man die Buchzählungen
getrennt laufen lassen?
Insgesamt hat man mit dieser Version des Denzinger ein
Arbeitsinstrument in der Hand, das zwar für halbwegs geübte Anwender
durch die zugrundegelegte Standardsoftware zunächst auch weitgehend
intuitiv benutzbar ist, auf Grund seiner komplexen Anlage aber durch
genauere Einarbeitung erst wirklich komplett auszuschöpfen ist, ggf.
also auch etwas Beratungsaufwand erfordert. Für Bibliotheken mit
theologischem Schwerpunkt sollte es zur Normalausstattung gehören.
Albert Raffelt
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