Zur Umsetzung einzelner dieser Erschließungsaspekte in der Praxis
entstanden im Lauf der Zeit verschiedene Hilfsmittel: 1. Dorfmüller
entwarf ein Schema zur Einteilung der Entstehungszeit in
Vierteljahrhunderten.[1] Da jedoch einerseits die Ordnung nach den
vorliegenden Geburts- und Entstehungsjahren (zumindest in
Online-Katalogen) ggf. ziemlich unproblematisch umgesetzt werden
könnte und andererseits die zeitliche Einordnung von Komponisten oder
Kompositionen mit unbekannten Daten auch in einen Zeitraum von 25
Jahren teilweise ziemlich schwierig ist, blieb der tiefere Sinn dieser
Einteilung der Rezensentin bislang verborgen. 2. Die Publikation zu
den musikalischen Form- und Gattungsnamen ist Gegenstand dieser
Rezension. 3. Die Erschließung nach dem sog. Schneider-Thesaurus[2]
(Anlaß, Zweck und Inhalt), die sich in der Praxis bewährt hat, bietet
die Möglichkeit der Beantwortung von Fragen beispielsweise nach
Weihnachtsmusik, nach Wasser in der Musik u.a. 4. Zur Erschließung des
geographischen Aspektes liegt kein Vorschlag vor. 5. Die Erschließung
der Besetzung ist in vielen Musikbibliotheken bereits durch
Aufstellungssystematiken wie SMM und TSM[3] gewährleistet, andere
- häufig die wissenschaftlichen - Bibliotheken haben hauseigene
Aufstellungs- bzw. Erschließungsregeln.
Parallel dazu entwickelten sich die - zumindest für wissenschaftliche
und an Verbünden teilnehmenden Bibliotheken verpflichtenden - RSWK[4] in
Verbindung mit der Schlagwortnormdatei (SWD). Auch zur
Verschlagwortung von Musikalien liegt seit 1991 ein Entwurf vor,[5] der
- in modifizierter Form - in einigen öffentlichen Musikbibliotheken
Anwendung findet.
Daß der Schneider-Thesaurus sowie der vorliegende Thesaurus der Formen
und Gattungen Hilfsmittel zur Verschlagwortung nach den RSWK
darstellen, wie es die Annonce des letzteren im aktuellen Heft von
Forum Musikbibliothek[6] verspricht, bzw. daß diese in die SWD
integriert würden, ist ein von seiten der Musikbibliotheken zu
wünschendes und zu forderndes Optimum, das jedoch derzeit nicht in
Aussicht steht - nicht zuletzt deshalb, weil die Schlagwörter der
beiden Thesauri nicht mit der SWD in Einklang stehen.
Nun zu Musikalische Form- und Gattungsnamen. Der Titel, der eher einen
bescheidenen Vorschlag suggeriert, der die erst im zweiten Zusatz zum
Sachtitel genannte und dann auch noch eingeklammerte Bezeichnung
"Thesaurus" nicht verdient, ist identisch mit dem der
maschinenschriftlich vervielfältigten ersten Ausgabe.[7] Tatsächlich ist
die Schlagwortliste als Modell zu verstehen, das jederzeit an die
eigenen Bedürfnisse angepaßt und in die eigenen Kataloge integriert
bzw. mit diesen kombiniert werden kann.
Die Liste der musikalischen Formen und Gattungen von 1977 wurde
- ebenso wie die Vorbemerkung (bis auf die ausgelassenen Textstellen)
unverändert in die jetzige Ausgabe übernommen. Ins Alphabet integriert
wurden jedoch der damalige Anhang der Gattungsbegriffe (eine
entsprechende Verweisung ist versehentlich im Vorwort noch
stehengeblieben), "die den Kategorien Zweck bzw. Anlaß, Stil,
Kompositionstechnik u.a. zuzuordnen sind" (S. I), also Begriffe wie
z.B. Experimentelle Musik; in den Musikabteilungen der Berliner und
der Münchner Stadtbibliothek angewendete Begriffe und schließlich
- "auf Wunsch der DBI-Kommission für Erschließung und
Katalogmanagement"
(S. I) vom Deutschen Musikarchiv für die Formalkatalogisierung
verwendete Gattungsbegriffe. Die vorliegende Ausgabe enthält daher
auch Bezeichnungen, bei denen es sich nicht unbedingt um echte
musikalische Formen und Gattungen handelt, z.B. Stimmungslied.
Die ursprüngliche, 1977 mit Unterstützung durch die Deutsche
Forschungsgemeinschaft publizierte Schlagwortliste wurde auf der Basis
des Sachteils des Riemann[8] erstellt und in Einzelfällen aus anderen,
nicht genannten Quellen ergänzt. Den Begriffen wurde die zeitliche
Einordnung nach Art des Dorfmüllerschen Vorschlages (s.o.)
hinzugefügt. Diese fehlt bei den neu aufgenommenen Begriffen. Es gilt
das Prinzip des engen Schlagworts, was zahlreiche
Siehe-auch-Verweisungen erforderlich macht, aber "die Gefahr
unzulässiger Vereinheitlichungen [vermeidet]" (S. IV) und die Zahl der
Nachweise unter einem Terminus so gering wie möglich hält. Auf die
Option, in der eigenen Bibliothek engere Schlagwörter unter einem
weiteren anzusetzen, wird hingewiesen (S. IV). Die Bearbeitung der
vorliegenden Neuausgabe erfolgte durch das DBI.
Insgesamt stellt sich die Frage, wie einheitliche Verbundlösungen und
die Übernahme von Daten jemals zu verwirklichen sind, wenn bis heute
für die Musikalien kein verbindliches Regelwerk vorliegt und die
Bibliotheken nicht bereit sind, ein solches - mit allen Vor- und
Nachteilen - anzuwenden. In Frage zu stellen ist auch die Beteiligung
von Institutionen wie der DBI-Kommission für Erschließung und
Katalogmanagement und der DFG an solchen unverbindlichen Projekten wie
dem vorliegenden, die eine Vereinheitlichung nicht gerade fördern,
solange sie nicht mit den RSWK abgestimmt sind.
Martina Rommel
Zurück an den Bildanfang