Trotz des am Vorgängerband eingeübten bibliographischen Handwerks und dem Anspruch, den der Name "Forschungsstelle für Jagdkultur" weckt, kann man sich nach der Lektüre des Vorworts nicht des Eindrucks erwehren, daß primär bibliographische Liebhaber am Werk waren, denn nur so sind viele Formulierungen des Vorworts zu verstehen, und nicht etwa der erklärten Absicht zuzuschreiben, diese Bibliographie auch dem "Normaljäger" (S. X und mehrfach), also dem bibliographischen Laien, nahezubringen. Diese werden auch kaum die vielen Klagen über Erschwernisse aller Art verstehen, die jedoch Kenner derartiger bibliographischer Unternehmungen sehr wohl einzuordnen wissen, da sie auch für die Lage der Geldgeber angesichts kein Ende finden wollender Bibliographien Verständnis aufbringen, die wegen des Einsatzes "ausschließlich öffentlicher Mittel" auf der Einhaltung von "Beschäftigungs- und Bewirtschaftungsvorschriften" bestehen müssen, wo doch früher "stets die Privatmittel Kurt Lindners sofort und ohne Abstriche in der erforderlichen Höhe zur Verfügung" standen (S. XVII). Kurzum, die Vertreibung aus dem einstigen bibliographischen Paradies muß hart gewesen sein.
Freilich hat sich von diesen paradiesischen Zuständen noch manches in die rauhe Wirklichkeit hinübergerettet, denn nur so sind manche Eigenheiten dieser Bibliographie zu erklären, die im erklärten Ziel, "erforschtes Wissen auf dem Gebiet der Jagd im weitesten Sinne zu verbreiten" (S. XI), nichts weniger beabsichtigt, als eine vollständige Verzeichnung der im Zeitraum 1851 - 1951 erschienenen deutschsprachigen monographischen Jagdliteratur in allen Auflagen. Daß man sich bei einem so großen Vorhaben leicht in der Zeitplanung verschätzt - im vorliegenden Fall sogar erheblich - ist nicht ungewöhnlich, vor allem dann, wenn man das Autopsieprinzip unter Einschaltung des Leihverkehrs hochhält. Wenn dann noch die Titelbeschreibung so extensiv ausfällt, wie hier, wundert es einen nicht mehr, daß die Zeitplanung außer Kontrolle gerät. Ein allgemein akzeptiertes Regelwerk wird nicht befolgt - einmal (S. XIV) wird ohne Spezifizierung die Befolgung "bibliothekarische(r) Grundsätze" angeführt - und würde wohl auch dem selbst gesteckten hohen Anspruch nicht genügen. Dafür wird der komplette Wortlaut des Titelblatts in extenso einschließlich Zeilenfall reproduziert - bedauernd wird eingestanden, daß "Sperrungen, Fettdruck oder Verlagssignete ... nicht berücksichtigt werden (konnten)" (S. XIV) - gefolgt von der Schriftenreihe mit der ganz unprofessionellen Einleitung Zugleich: ; lediglich das Erscheinungsjahr (ggf. vom Titelblatt wiederholt) und die genaue Kollation folgen - typographisch abgehoben - auf neuer Zeile, ebenso das Sigel mit aufgelöstem Namen der Bibliothek, deren Exemplar eingesehen wurde. (Daß für diese Bibliographie so gut wie alles aus Bibliotheken außerhalb Bambergs herbeigeschafft werden mußte, verwundert nicht.) Auf diesen völlig unangemessenen Aufwand für die bibliographische Beschreibung (die offensichtlich unkritisch aus der Vorgängerbibliographie, wo sie eher angebracht war, übernommen wurde und die jetzt auf potentielle Rara ebenso angewendet wird, wie auf das Waffengesetz von 1928, auf ein beliebiges Reclam-Bändchen oder auf jede Dissertation), folgen lange Zitate meist aus Vor- und Geleitwörtern, in der erklärten Absicht, "nicht nur eine Bibliographie, sondern ein interessantes Lesebuch für Jäger und Nichtjäger zu schaffen ..." (S. XV). Darüber hinaus ist es dank zahlreicher Abbildungen (überwiegend von Titelblättern) auch ein, freilich sprödes, Bilderbuch geworden.
Von dem Anspruch einer "umfassenden bibliographischen Erfassung der
deutschsprachigen Jagdliteratur" (S. X) abgesehen, erfährt man so gut
wie nichts über die trotzdem nötigen Auswahlkriterien. Immerhin ist
dem Vorwort zu entnehmen, daß außer der Fachliteratur zum Jagdwesen
auch die Belletristik zum Thema Jagd aufgenommen wird, deren getrennte
Verzeichnung eigentlich nahegelegen hätte, was die Bearbeiterin jedoch
aus sachlichen Gründen für unmöglich erklärt. Daß sich auf dem
letztgenannten Bereich ein gefährliches bibliographisches Faß ohne
Boden öffnet, ahnt man und findet auch schnell Belege dafür.[5]
Bd. 1 wird durch folgende Register erschlossen: 1. nach
Erscheinungsjahren, innerhalb im Verfasser bzw. Titelalphabet unter
Angabe von Erscheinungsort und (unnötigerweise) Erscheinungsjahr; 2.
nach Erscheinungsorten, innerhalb in derselben Anlage mit Wiederholung
des Erscheinungsortes (aber ohne Verlag, der hier unbedingt hätte
zitiert werden müssen; sinnvoller wäre überhaupt die Untergliederung
innerhalb der Orte nach Verlagsnamen gewesen, denn mit 24 Sp. unter
Berlin fängt der Benutzer nichts an); 3. der Sachtitel mit Verweisung
auf den Verfasser einschließlich der Titel von verfasserlosen
Schriften, die sowieso unter diesem Titel im Hauptteil verzeichnet
sind; 4. - 9. Mitarbeiter; Bearbeiter; Übersetzer; Verfasser von
Geleitworten; Illustratoren; Auftraggeber (Herausgeber); 10. - 12.
Dissertationen, und zwar alphabetisch, nach Universitäten und (unnütz)
nach Fakultäten; 13. - 14. Jagdgesetze und -verordnungen alphabetisch
(unnütz) und nach Ländern[6] (sinnvoll); 15. Sachregister nach
Großgruppen wie Fischerei, Hundewesen, Jägerausbildung,
Jagdbelletristik. Ein detailliertes Sachregister mußte für Bd. 2
aufgespart werden und wird dann die gesamte Bibliographie erschließen;
Grund für die Verschiebung ist die Umstellung auf EDV, die auch für
den restlichen Alphabetteil der (auf handschriftlich ausgefüllten
Karteikarten begonnen wurde) vorgesehen ist. Hoffentlich werden bei
dieser Umstellung die Zuversicht der Bearbeiterin was Fehlerfreiheit
und Zeitersparnis und der Geldgeber, was die Beschleunigung betrifft,
nicht enttäuscht. Man möchte es beiden wünschen, denn bei einem derart
begonnenen Großunternehmen gibt es eigentlich nur eine Methode, die
Erfolg verspricht: "Augen zu und durch".
Bevor man aber - falls überhaupt - an eine Fortführung der
Bibliographie für die Literatur nach 1945 denkt, müßten gründlich
folgende Punkte geklärt werden: 1. Braucht es eine solche
Bibliographie und, wenn diese Frage positiv beantwortet wird, 2. wie
soll sie aussehen? Daß letzteres in der bisherigen Form (wobei nicht
an die manuelle Bearbeitung gedacht ist) geschieht, erscheint nach dem
oben Ausgeführten undenkbar, denn dazu dürften sich keine Geldgeber
finden, nicht einmal das Ministerium für Umwelt und Forsten des Landes
Rheinland-Pfalz, das die vorliegende Bibliographie nicht etwa in
Fortführung der Tradition des Jägers aus Kurpfalz, sondern dank der
Vermittlung des "damaligen langjährigen Jagdreferenten ... aus Mitteln
der rheinland-pfälzischen Jagdabgabe" förderte (S. X), wie überhaupt
die Fertigstellung der Bibliographie dem "letztendlichen Beistand der
Jagdreferenten fast aller Bundesländer" (S. XVIII) zu danken ist. Ob
die "Normaljäger" wohl wissen, daß die Gebühreneinnahmen aus dem
Verkauf der Jagdscheine außer "für Zwecke der Jagd und des
Naturschutzes" (S. X) auch zur Förderung einer Bibliographie
eingesetzt werden?
Klaus Schreiber
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