Die Zusammenschau, im Band gegliedert in die drei Teile Zeitschrift, Bücher und Autoren, ist in jedem Fall mehr als nur die Summe des einzelnen. Der Komplex Zeitschrift, die eigentliche Domäne Estermanns, zeigt eine charakteristische Verknüpfung von übergreifender Problemsicht (Literatur-Zeitschriften und literarisches Leben, Deutsche Literatur-Zeitschriften 1880 - 1918, Deutsche Theater-Periodika des 18. Jahrhunderts u.a.) und Einzelstudien (Wiener Jahrbuch für Literatur, Die Schaubühne/Die Weltbühne, Die Fähre/Literarische Revue u.a.). Diese Studien und Kritiken gewinnen ihre analytische und definitorische Verallgemeinerung stets aus dem interessanten Detail und der konzisen historischen Genese ihrer Urteile. So vermögen sie Bleibendes zu sagen. Eine Plauderei über Goethes Geburtstagsanzeige (S. 28 - 31) gerät so unversehens zu einem Exkurs über die Entstehung des journalistischen Intelligenzblattes usw. Und der zwar unbestechliche, aber eher wohlwollende Kritiker (weil er die "Mühen der Ebenen" kennt) wird zornig, wenn dem Publikum Halbfertiges oder gar Falsches zugemutet wird (Rezension zu J. Kirchners Bibliographie der Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes, S. 173 - 182).
Auch der Teil Bücher folgt dieser Methode der Einheit von Konkretem und Allgemeinem und gewinnt unser Interesse sowohl durch ansonsten kaum beachtete Themen (Titelblätter, Lyrik-Anthologie, Briefwechsel u.a.) als auch gründliche Detailstudien, etwa zum ersten Band des Handbuchs der historischen Buchbestände (S. 204 - 206: Vorsortiermaschine, Bestands-Baedeker) oder dem Saur'schen Unternehmen der Biographischen Archive (S. 271 - 278).
Der Teil Autoren enthält vor allem Beiträge zu Schriftstellern des "Jungen Deutschland" und des Vormärz, zu Perioden also, die Estermann enorm viel verdanken hinsichtlich der bibliographischen und editorischen Sicherung ihrer Quellen. Das wird besonders am Beispiel Ludwig Börnes (10 Beiträge) deutlich. Aber auch zu Autoren anderer Perioden wie z. B. Kleist, Ingeborg Bachmann oder Günter Grass werden wichtige Quellenfunde mitgeteilt bzw. referiert.
Es war eine richtige Entscheidung, die Beiträge unverändert zu drucken, obwohl es dadurch hin und wieder zu Doppelungen in der Thematik und Analyse kommt, so etwa in den Beiträgen 2 und 3 bzw. 4 und 5. Der bibliographische Nachweis der 60 Veröffentlichungen sowie aller Publikationen Estermanns im Überblick und ein Register der Namen und erwähnten Periodica beschließen den Band.
So wie sich Estermann in den letzten Jahren mit dem Schopenhauer-Archiv ein neues Themenfeld eroberte (s. Beiträge 55 und 56), so wird sein angekündigtes Handbuch der deutschen illustrierten Satire-Presse ein schon in einigen Beiträgen des vorliegenden Bandes behandeltes Thema weiterführen. Dazu ist diesem aktiven und innovativen Bibliographen und Buchhistoriker weiterhin produktive Energie zu wünschen.
Siegfried Seifert