Wenn man bedenkt, daß jeder Band exakt abgezirkelt 512 Seiten umfaßt und ca. 15.000 Nachweise enthält, was bis zum vorliegenden Bd. 14 bereits ca. 210.000 Titel ergibt, kann man sich nur vor dem Fleiß, der Ausdauer und dem soz. uhrwerkhaften Funktionieren des Bibliographen verneigen. Das gilt unbeschadet der Tatsache, daß er über einen internationalen Mitarbeiterstab gebietet, weiß man doch, wie aufwendig die Koordination vieler Beiträger sein kann, vor allem, wenn sie zwischen Finnland und Portugal und von den USA bis Japan zu Hause sind.
An der Titelfassung des Werkes könnte man freilich mäkeln, handelt es sich doch ebensowenig wie bei den Vorauflagen um ein Lexikon, sondern um eine Bibliographie, wie ja auch aus dem englischsprachigen Paralleltitel hervorgeht. Auch wäre es angebracht, um die unerhörte Breite der Dokumentation zu charakterisieren, nicht lediglich von deutscher Literaturgeschichte zu sprechen, sondern von deutscher Literatur- und Geistesgeschichte. Die Einleitung reklamiert für die Bibliographie einen "weite(n) Literaturbegriff"; ihr "besonderes Merkmal [ist] ... der Einbezug von Philosophen, Pädagogen, Theologen und Kulturwissenschaftlern", und dieser dient keineswegs allein dazu, "den geisteswissenschaftlichen und ideengeschichtlichen Kontext der deutschen Literatur zu erfassen oder zu vertiefen", sondern gewinnt - ob der Extension der Personalbibliographien für diese nicht unter einen 'engen Literaturbegriff' fallenden Autoren - Eigenwert, zumal dann, wenn keine oder keine ausreichenden Personalbibliographien vorliegen. Die folgende Liste, beschränkt auf Personalbibliographien mit mehr als 50 Seiten aus den Bd. 10 - 14 mag das Gesagte verdeutlichen, sind doch die beiden bei weitem umfangreichsten Personalbibliographien die von zwei Philosophen: (in Klammern angegeben ist die ungefähre Titelzahl): G. Hauptmann 62 S. (1800); G. W. F. Hegel 279 S. (8300); M. Heidegger 232 S. (6900); H. Heine 114 S. (3400); J. G. Herder 57 S. (1700); H. Hesse 70 S. (2100); F. Hölderlin 106 S. (3100); E.T.A. Hoffmann 56 S. (1600); H. von Hofmannsthal 77 S. (2300); E. Husserl 98 S. (2900).
Natürlich kann und will sich eine derart breit angelegte Bibliographie nicht mit den großen Personalbibliographien für einzelne Autoren vergleichen, die sowohl den Stoff in feiner Klassifikation präsentieren können als auch dank jahrelanger Bemühung um einen einzigen Autor und gestützt auf die Ressourcen einer leistungsfähigen Bibliothek natürlich auch mehr Titel zusammenbringen, ohne freilich Vollständigkeit erreichen zu können: das zeigte ein Stichprobenvergleich mit der weiter unten (IFB 98-3/4-246) besprochenen Heine-Bibliographie 1983/85, die zeitlich so kurz nach Bd. 11 der vorliegenden Bibliographie erschien, daß keine von beiden von der Auswertung der anderen profitieren konnte: für die Nachträge im nächsten Band der Heine-Bibliographie lohnte sich die genaue Durchsicht des Heine-Abschnitts der vorliegenden Bibliographie durchaus, würde sie doch eine Reihe übersehener Titel ergeben, die in entfernteren Quellen erschienen sind bzw. in solchen, die auf den ersten Blick keine Beziehung zu Heine erkennen lassen.
Die gerade angesprochene feine Klassifizierung der Titel in der Heine-Bibliographie übersteigt natürlich die Möglichkeiten eines bibliographischen Einzelkämpfers. Während sich der Abschnitt für die allgemeinen Titel, der dem für die Einzelwerke vorangeht, bei allen Autoren mit insgesamt wenig Titeln ganz unproblematisch benutzen läßt, gilt das nicht für die Personalbibliographien der titelreichen Autoren wie den vorstehend genannten. Bei Heine sind das immerhin 57 S. mit ca. 1700 Titeln, die lediglich im Verfasseralphabet angeboten werden. Diese betreffen fast ausnahmslos die mit einleitendem > markierten Monographien und Aufsätze, unter denen die ca. 40 mit = markierten Bibliographien und Literaturberichte untergehen; es wäre praktischer gewesen, diese zu den anderen mit = markierten Bibliographien an den Anfang des Artikels zu rücken. Ferner muß man wissen oder den Benutzungshinweisen entnehmen, daß sich hinter einleitendem - nur "anonyme oder lexikonartige Eintragungen" verbergen, so daß dementsprechend der von Volkmar Hansen gezeichnete Heine-Artikel in Killys Literaturlexikon nicht hier am Anfang, sondern unter seinem Verfasser im Teil für die allgemeine Literatur verzeichnet ist. Die Probleme der nicht weiter rubrizierten Titelfülle im Teil für die allgemeine Literatur bestehen (von seltenen Fällen wie Goethe: Faust abgesehen) nicht für die Literatur zu den Einzelwerken, da diese in der Regel von überschaubarem Umfang ist.
Auf Besonderheiten der Verzeichnung sei noch einmal präzisierend hingewiesen: Aufsätze und sonstige unselbständige Beiträge werden grundsätzlich nicht mit ihrem Titel aufgeführt, sondern mit einer durch Kursivsatz abgesetzten inhaltlichen Zusammenfassung zitiert, die häufig einer extrem verknappten Annotation gleichkommt, was nicht nur bei vagen Titeln in gängigen Sprachen nützlich ist, sondern bei Titeln in entlegenen Sprachen eine unschätzbare Hilfe bedeutet; die Sprache, in der der Aufsatz verfaßt ist, wird, von deutschen Titeln abgesehen, jeweils durch ein Kürzel in eckigen Klammern angegeben.
Gegenstand dieser Bibliographie sind Autoren und anonyme
Literaturdenkmäler, über die in den Jahren 1945 - 1990
Sekundärliteratur erschienen ist; dieses Kriterium gilt auch dann als
erfüllt, wenn der Autor nur im Kosch oder z.B. im Verfasserlexikon mit
einem Artikel vertreten ist oder im Deutschen biographischen Archiv
vorkommt. Auf der ersten Seite von Bd. 11 (S. 7) sind allein 4 Autoren
nur dank Kosch vertreten, drei weitere mit Fundstellen nur im Kosch
sowie im DBA und/oder in Rambaldos vorläufigem Register zum Goedeke.
Man kann dieses Verfahren, wie es der Rezensent von Bd. 1 tat, für
überflüssig halten oder es der nicht erklärten Absicht von Heiner
Schmidt zuschreiben, mit seiner Bibliographie zugleich einen Schlüssel
zu den wichtigen Autorenlexika und Bibliographien zu bieten, wodurch
dieses Verfahren eine durchaus positive Wertung erfahren kann. Deshalb
sei auch angeregt, Neuerscheinungen solcher Werke[1] auszuwerten, sobald
sie zur Verfügung stehen und nach Abschluß des Alphabets einen
Nachtrag vorzusehen, der die Fundstellen für die Autoren früherer
Alphabetabschnitte nachtrüge. Dieser Nachtrag hätte womöglich im
letzten Band Platz, falls dieser mit dem Buchstaben Z nicht das
Bandsoll von 512 S. erfüllen sollte. Unabhängig davon wäre zu
überlegen, nach Abschluß der gedruckten Ausgabe, deren Text in
digitaler (und hoffentlich in detailliert aufbereiteter) Form bereits
vorliegt, eine CD-ROM-Ausgabe vorzulegen, die die gewünschten
Nachträge auch gleich an der richtigen Stelle einfügen könnte.
Klaus Schreiber
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