Von einem älteren Bibliothekar, der, wie ein Dichter, weise geworden
ist, sollte die Mitwelt nun die Quintessenz, eine Zusammenfassung,
erwarten. Doch was findet der Rezensent in vorliegendem Werk?
Wahrlich, es ist ein buntes bibliographisches Bücherbord mit 4081
Titeln aus zehn Ländern! Da stellt sich die Frage, wie die Auswahl
erfolgte; denn allein Namibien, das ehemalige Südwestafrika, könnte
mit 1330 Titeln[4] aufwarten; Musiker bringt nur 237 Titel über
Namibien. Und es werden Tausende Titel jährlich in der Republik
Südafrika veröffentlicht: Musiker verzeichnet 4081 Titel: eine
erkleckliche Sammlung über das südliche Afrika - oder sind es ebendie
Werke, die zufällig ihren Weg in die Johannesburger Bibliotheken
gefunden haben?
Bei Musiker fehlen, das fällt auf, sämtliche Titel in afrikanischen
Sprachen, so daß man den Eindruck gewinnen könnte, daß es keine
Literatur in siXhosa, in siZulu oder in seSotho gäbe. Dem Stil der
Reihe[5] entsprechend, in der dieser Band erscheint, werden weitgehend
nur englischsprachige Publikationen berücksichtigt, obwohl es in
Lissabon immer noch das Instituto de Investigaçao Científica Tropical
gibt, das fleißig über Angola und Moçambique veröffentlicht. Bei den
wenigen deutschsprachigen, überwiegend Namibien und
portugiesischsprachigen, Angola und Moçambique betreffenden
Veröffentlichungen fehlen die diakritischen Zeichen (Umlaute, Tilden,
usw.); und in der Rechtschreibung des Deutschen unterscheidet sich
auch dieses Werk nicht von der üblichen Lässigkeit vieler anderer
englischsprachiger Bibliographien. Wichtige, umfangreichere
Bibliographien, die im letzten Jahrzehnt erschienen und als Quellen
- bibliographies consulted - genannt sind (z.B. über Namibien), werden
sowohl falsch zitiert als auch als "out-of-date" bezeichnet, obwohl
doch Musiker nicht nur aus fünfzehn, sondern aus vierzig Jahren (1945
- 1995) berichten möchte. Neudrucke werden als solche nicht
gekennzeichnet (z.B. Nr. 163); Verfassernamen werden falsch
buchstabiert (Hillbrecht anstatt Hillebrecht) - und die
bibliographische Beschreibung entspricht keinem der anerkannten
Regelwerke (z.B. AACR2).
Die Unterteilung nach Schlagwörtern läßt zu wünschen übrig: neben Cape
Province: 1820 settlers, Communist Party, Political prisoners,
Mandela, Winnie gibt es auch die Homosexuality - aber völkerkundliche
und linguistische Werke über die vielfältigen Rassen sucht der Leser
vergeblich. Was ist mit den amaXhosa, was ist mit den amaZulu, den
baSotho, den ovaHerero, den Khoe-Khoen, den ØNukhoen (Bergdaman), den
Saan (Buschmännern), den oviMbundu, den Tonga und Tsonga und maShona
(um nur einige Stämme zu nennen)? Gibt es die alle nicht? Dafür werden
ein paar politische Moskitos zu Elefanten aufgebauscht. Kurzum: Wer
eine Southern Africa bibliography erstellen möchte, braucht mehr als
die Kenntnis der englischen Sprache, und er sollte auch gleich mehrere
Mannjahre einkalkulieren. Nein, Reuben Musiker hätte es besser bei
einem seiner ersten Aufsätze[6] oder bei den Australopithecinae bewenden
lassen sollen; als Bibliograph stiftet er eher Verwirrung und gerät
dabei in den Ruch bibliographischer Unlauterkeit.
Eckhard Strohmeyer
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