Jetzt legt der Verlag Karl Baedeker, der zur Verlagsgruppe Mairs
Geographischer Verlag gehört, erstmals seit 1927[1] wieder ein Bändchen
zur Verlagsgeschichte unter dem Titel Baedeker : ein Name wird zur
Weltmarke vor. Es ist bemerkenswert, daß sich Mairs Geographischer
Verlag nun bewußt geworden ist, welchen hohen kulturellen Stellenwert
die Verlagsgeschichte des Hauses Baedeker in der Reiseliteratur und
-entwicklung hat, und daß ein Name zur allgemeingültigen Marke wurde,
und zwar durch die Leistungen der Verlegerfamilie während mehrerer
Generationen.
Chefredakteur Dr. Peter H. Baumgarten hat zusammen mit seiner Frau
Monika I. Baumgarten das Manuskript in wesentlichen Teilen verfaßt. Er
schrieb schon einmal in dem bei Harenberg erschienenen Nachdruck der
Rheinreise[2] das Nachwort mit ersten Hinweisen zur Frühzeit des
Verlages. Der jetzige Chefredakteur Rainer Eisenschmid hat den
Rezensenten wissen lassen, daß er sich des Inhalts - insbesondere zur
Geschichte des Verlages in der Zeit zwischen 1933 und 1945
- angenommen hat.
Zum Inhalt: Unter dem Motto "Welche Lust gewährt das Reisen"[3] erzählen
die Autoren die Verlagsgeschichte "...ohne einen wissenschaftlichen
Anspruch" wie sie im Vorwort schreiben. Das Autorenteam hat den Text
"locker" aufgegliedert und ihn mit zahlreichen Abbildungen versehen.
Der Vorspann zu der Zeit vor 1832 erinnert inhaltlich an die
hervorragenden Aufsätze und Vorträge des früher bei der Frankfurter
Allgemeinen schreibenden Friedrich H. Wagner. Die Entwicklung des
Verlages wird unterteilt in die Schaffensperioden der Generationen,
die dem Namen zu Weltruhm verhalfen. In die Verlagsperiode unter Hans
Baedeker fiel die Inflation der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts,
das kurze Aufblühen mit der sich anschließenden Weltwirtschaftskrise,
die Zeit des Nazi-Regimes und der letzte Leipziger Versuch eines
Neuanfangs nach 1945. Hier bietet das Buch einen neuen, ersten Beitrag
nicht nur zur Baedekerschen Verlagsgeschichte, sondern auch zur
vergleichenden Analyse ähnlicher Vorgänge.[4] Eine intensive und
objektive Auseinandersetzung mit dieser Zeit in einer umfassenden
Arbeit über die Kartographie im allgemeinen und über Reiseführer im
besonderen wäre ein lohnendes Unterfangen.
Die Abbildungen und die dokumentierten Beispiele sind illustrativ dem
Konzept der jetzigen Reiseführer-Serie angepaßt. Peter M. Nahm stellte
einige Anekdoten und verlegerische Pannen ergänzend vor. Zu kurz kommt
die Freiburger Zeit unter Karl Friedrich Baedeker, unter dessen Aegide
die Regional- und Stadtführer in über 200 Auflagen erschienen; sie
dokumentieren die Entwicklung (West-)Deutschlands nach 1945, doch
dürfen darüber nicht die beiden Bändchen über Ost-Berlin und Leipzig
(2. Auflage) vergessen werden. Karl Friedrich Baedeker versuchte auch,
Titel wie Südbayern oder den erstmals 1938 erschienenen Autoführer in
der Serie fortzuführen.
Den Abschluß bildet eine Bibliographie der Erstausgaben. Dabei handelt
es sich um eine chronologische Aufzählung der Titel von 1832 bis 1948
mit einer kursorischen Nennung der späteren Titel und des heutigen
Verlagsprogramms, ergänzt um einige wenige Annotationen.[5] Von der
erstmals 1981 veröffentlichten Bibliographie, deren 2. Aufl.[6] seit
fünf Jahren vergriffen ist, befindet sich eine 3. Aufl. in
Bearbeitung, die im Baedeker-Verlag erscheinen soll. Wir sind
gespannt, welche neuen Erkenntnisse diese Bibliographie bringen wird;
Sammler, Antiquare und Bibliotheken warten darauf, insbesodere auf
eine ausführliche bibliographische Ergänzung der oben erwähnten Zeit
nach 1945.
Alex W. Hinrichsen
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