Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]
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Der Verleger Johann Friedrich Cotta
- 99-1/4-107
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Der Verleger Johann Friedrich Cotta : (1764 - 1832) ;
Repertorium seiner Briefe / Helmuth Mojem. - Marbach am
Neckar : Deutsche Schillergesellschaft, 1997. - 929 S. :
Ill. ; 21 cm. - (Verzeichnisse, Berichte, Informationen /
Deutsches Literaturarchiv ; 24). - ISBN 3-929146-87-8 : DM
64.00
- [5118]
Wenn - in welchem Zusammenhang auch immer - der Name Cotta fällt,
nicken die Bibliophilen wie die Bibliothekare einvernehmlich mit den
Köpfen. Sie glauben zu wissen, um wen es geht: um jenen legendären
Goethe- und Schiller-Verleger eben, der die Gesamtausgaben der
deutschen Geistesheroen herausbrachte. Schon unter seinen Zeitgenossen
fand jedoch der "Bonaparte unter den Buchhändlern" nicht jene
allgemeine ungeteilte Bewunderung, die ihm heute entgegengebracht
wird. So ist die zum Teil überzogene Kritik an seiner
"Erbschleicherpolitik" aus heutiger Sicht in Bezug auf Produktion,
Distribution und Konsumtion aufklärerischer Literatur erneut zu
gewichten. Johann Friedrich Cotta war ja nicht der Originalverleger
der meisten Schriften der deutschen Klassiker, sondern er war
lediglich in der Lage, ihren gealterten Vertretern oder ihren Erben
bisher unerhörte Honorare für die Übernahme ihrer Werke in seinen
Verlag zu zahlen. Entsprechend teuer und für die mittleren
Bevölkerungsschichten kaum erschwinglich waren seine Ausgaben.
Abgesehen von diesen bisher keineswegs gründlich aufgearbeiteten
Tatsachen ist auch eine Tendenz zu beobachten, alles, was mit der
Buchhändlerfamilie Cotta zu tun hat, auf diese eine Person des so
erfolgreichen und vielseitigen Unternehmers zu fokussieren. Zwar nicht
in diesem Zusammenhang, aber durchaus hierher gehörig, weist Bernhard
Fischer in seiner Einleitung auf "die bis jetzt nicht geschriebene
Biographie J. F. Cottas" hin (S. 16 - 17). Eine der wichtigsten
Quellen für eine solche durchaus wünschenswerte kritische Würdigung
des großen Verlegers, Unternehmers und Politikers stellt die Sammlung
seiner überlieferten Briefe dar, die mit dem vorliegenden Band ein
mustergültiges Repertorium erhalten hat.
In nur drei Jahren hat Helmuth Mojem die verstreuten Briefe in 89
Archiven und Bibliotheken aufgespürt und erschlossen. Hinzu kommen
durch den Druck bereits bekannte, aber im Original verschollene
Schreiben. Sie sind chronologisch angeordnet und bis 4366
durchgezählt, wobei es sich bei der letzten Nummer um den einzigen
notwendig gewordenen Nachtrag handelt. Die vereinheitlichten Angaben
enthalten Empfänger, Wohnort, Originaldatierung, Umfang, Format,
Fundort (mit Signatur), ggf. Quelle eines bereits erfolgten Drucks,
wenn vorhanden Kennzeichnung der im Cotta-Archiv in Marbach
aufbewahrten Gegenbriefe und eine kurze Inhaltsangabe. Die
Inhaltsangaben sind durch Register der genannten Personennamen und
Zeitschriften- bzw. Zeitungstitel erschlossen. Das Register der
Empfänger enthält zusätzlich kurze biographische Erläuterungen
und/oder Hinweise auf Artikel in den gängigen biographischen
Nachschlagewerken. Die Angabe der Gegenbriefe ermöglicht die
Rekonstruktion ganzer Vorgänge bzw. deren Niederschlag in der gesamten
Korrespondenz. Für den Benutzer dieses Findbuches ergibt sich daraus
ein zusätzlicher Gewinn durch den Aufschluß über die archivalische
Überlieferung.
J. F. Cottas Briefe richten sich nicht nur an seine bekannten und an
seine heute vergessenen Autoren, sondern auch an Redakteure,
Geschäftsfreunde, Behörden und ihm politisch nahestehende Freunde. Das
gut erschlossene Repertorium ist eine Fundgrube nicht nur für
Literatur- und Buchwissenschaftler, sondern auch für Wirtschafts- und
Regionalhistoriker. Ob die vier als Vollfaksimile reproduzierten
Briefe, die als gefaltete Blätter eingeklebt sind, als ästhetische
Bereicherungen anzusehen sind, oder ob sie nicht vielmehr die manuelle
Benutzung erschweren, soll hier nicht entschieden werden. Das
umfangreiche, broschierte Buch wird in jeder größeren
wissenschaftlichen Bibliothek gebunden werden müssen, und das tut
zumindest dem Umschlag, der als Abbildung einen weiteren Brief mit
beigefügter Transkription aufweist, erfahrungsgemäß nicht gut.
Rainer Fürst
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