Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
Centotredici anni
- 99-1/4-123
-
Centotredici anni : catalogo storico della mostra ;
Firenze, Biblioteca Nazionale Centrale, 22 aprile - 23
maggio 1999 / Alessandro Olschki. - Firenze : Olschki,
1999. - 133 S. : Ill. ; 30 cm. - ISBN 88-222-4738-8 : Lit.
55.000
- [5581]
Wenn in der nachstehenden Rezension des Verlagskatalogs der Librairie
Droz diese als "Traditionsverlag" bezeichnet wurde, so gilt dies in
noch höherem Maß für den italienischen Verlag Leo S. Olschki, der den
Namen seines 1861 in eine polnischsprachige jüdische Familie
Ostpreußens geborenen Gründers Samuel (Leo S.) Olschki trägt und den
dieser 1886 zusammen mit einem Antiquariat in Verona gegründet hat.
Zugleich handelt es sich weiterhin um ein Familienunternehmen, das
heute in dritter Generation vom Enkel des Gründers, Alessandro
Olschki, geleitet wird, und wenn man die Eintragung im Catalogo degli
editori anschaut, ist auch bereits die vierte und fünfte Generation im
Geschäft (der im vorliegenden Band auf S. 9 abgedruckte Stammbaum
erleichtert die Einordnung). Während in den Jahren in Verona (1886
- 1890) und in Venedig (1890[1] - 1897) das Antiquariat
Geschäftsgrundlage
war - die sehr zahlreichen, vom Gründer bearbeiteten Kataloge sind
unübertroffene Muster ihrer Gattung mit bibliographischer Funktion[2]
- setzt eine zunehmende Verlagstätigkeit 1897 nach der Übersiedlung
der Firma nach Florenz ein, auch wenn das einträgliche Antiquariat bis
1938 weiter zu deren Finanzierung einen wesentlichen Beitrag leistete.
Während der vielsprachige Verlagsgründer bereits während des Ersten
Weltkrieges als feindlicher Ausländer (er besaß immer noch seinen
deutschen Paß) in die Schweiz flüchten mußte, ereilte ihn dieses
Schicksal ein zweites Mal auf Grund der italienischen Rassengesetze,
und er ist auch im Schweizer Exil 1940 gestorben, während der Verlag
in Italien - zwangsweise in Bibliopolis umfirmiert - den Zweiten
Weltkrieg und die schwere Nachkriegszeit - mit Mühe und unter Verlust
großer Teile des Buchlagers überlebte. Ein weiterer Schicksalsschlag
ereilte den Verlag im November 1966, als die große Überschwemmung die
Geschäftsräume und das Buchlager im Altstadtzentrum von Florenz z.T.
zerstörte (was neben der räumlichen Enge mit ein Grund dafür war, daß
der Verlag seit 1969 sein Domizil - stilvoll in einer Villa des 16.
Jahrhunderts - an den südlichen Stadtrand und das Lager seit 1983 in
einen Neubau außerhalb der Stadt verlegt hat).
Daß ein Traditionsverlag wie Olschki Dokumente seiner Geschichte
bewahrt - auch wenn ein geordnetes Verlagsarchiv erst aufgebaut wird
- ist selbstverständlich, und aus diesem wie aus dem Bucharchiv
stammen
die Stücke der Ausstellung in der Florentiner Nationalbibliothek im
Frühjahr 1999. Daß die Ausstellung nicht zu einem "runden"
Verlagsjubiläum - das 1986 mit einer zweibändigen Festschrift[3] und
einer retrospektiven Verlagsbibliographie[4] begangen worden war
- stattfindet, sondern, wie der Titel des Katalogs besagt, im 113.
Jahr, hat seinen Grund im hundertsten Jubiläum der von Leo S. Olschki
1899 gegründeten und von ihm bis zu seinem Tode geleiteten Zeitschrift
La bibliofilía,[5] die auch heute noch die führende italienischsprachige
Zeitschrift zur Geschichte des Buchwesens und zur Bibliographie ist.
Der reich bebilderte Katalog (Photos von Familienmitgliedern,
Gebäuden, Dokumenten, vor allem aber Abbildungen von Einbänden und
Titelblättern) beginnt mit einem Abriß der Verlagsgeschichte aus der
Feder des heutigen Verlegers (aus der das hier einleitend Gesagte
resümiert wurde) und dem Teil Dokumente und Zimelien zur Geschichte
von Antiquariat und Verlag. Es folgen 17 Kapitel, beginnend mit einem
für die Antiquariatskataloge und weiteren für die Verlagsschwerpunkte
- zusammenfassend sind dies fast alle Gebiete der Kulturwissenschaft:
Bibliographie, Philologie und Literatur, Geschichte, Kunstgeschichte
und Archäologie, Musikwissenschaft, Geschichte der
Naturwissenschaften, Philosophie, Volkskunde, Geographie - jeweils mit
Einleitung und Vorstellung wichtiger Publikationen in chronologischer
Folge; Kapitel 16 behandelt die Schriftenreihen - die meisten
Publikationen erscheinen nämlich innerhalb von Schriftenreihen, die
z.T. im Auftrag von Universitätsinstituten oder namhaften Stiftungen
(wie etwa der Fondazione Giorgio Cini) herausgegeben werden -, Kapitel
17 die zahlreichen laufenden und abgeschlossenen Zeitschriften. Daß
der Verlag bemüht ist, von letzteren möglichst komplette Reihen (z.T.
im Nachdruck) ebenso auf Lager wie die wichtigen älteren Monographien
im Original oder im Nachdruck lieferbar zu halten, erwartet man zwar
gemeinhin von einem Traditionsverlag (um diesen Begriff ein letztes
Mal zu bemühen), doch ist diese kostspielige Lagerhaltung heute leider
keineswegs mehr selbstverständlich. Daß Olschki auch einen alle zwei
Jahre erscheinenden, vorzüglichen Verlagskatalog[6] vorlegt, der außer
den weit über 3000 lieferbaren Titeln (bei ca. 150 Neuerscheinungen im
Jahr) in einem Anhang auch alle vergriffenen Titel aufführt, die bei
Bedarf als print on demand angeboten werden, sei hier der
Vollständigkeit halber erwähnt, obwohl dieser allen, die mit
italienischer Kultur in gedruckten Form zu tun haben, ebenso wie der
Verlag bestens bekannt ist. Nicht umsonst geht etwa die Hälfte der
Verlagsproduktion ins Ausland.
Klaus Schreiber
- [1]
- S. 10 ist versehentlich 1990 angegeben.
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- [2]
- Im vorliegenden Katalog (S. 46 - 55) sind Exempla beschrieben und
abgebildet. Eine vollständige Liste bietet: Cataloghi della libreria
antiquaria Leo Samuel Olschki (1886 - 1938), Choix de livres anciens
et curieux / Cristina Tagliaferri. // In: Olschki, un secolo di
editoria, 1886 - 1986 [s.u.]. - 1 (1986), S. 409 - 420.
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- [3]
- Olschki: un secolo di editoria, 1886 - 1986. - Firenze : Olschki.
- 26 cm. - ISBN 88-222-3413-8 : Lit. 267.00. - 1. La libreria
antiquaria
editrice Leo S. Olschki (1886 - 1945) / Cristina Tagliaferri. - 1986.
- 435 S. : Ill. - 2. La casa editrice Leo S. Olschki (1946 - 1986) /
Stefano de Rosa. - 1986. - 184 S. : Ill.
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- [4]
- Le edizioni Olschki : (1886 - 1986) / catalogo a cura di Silvia
Alessandri ... Periodici a cura di Claudio di Benedetto. - 1. ed.
- Firenze : Giunta Regionale Toscana ; Scandicci : La Nuova Italia
Editrice, 1986. - XVII, 540 S. ; 30 cm. - (Inventari e cataloghi
toscani ; 20). - ISBN 88-221-0274-6.
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- [5]
- La bibliofilía : rivista di storia del libro e di bibliografia.
- Firenze : Olschki. - 100 (1998),2/3=fascicolo del centenario, S. 102
- 603 : Ill. - Die Beiträge erschienen inzwischen auch als Monographie
mit Registern:
- Anatomie bibliologiche : saggi di storia del libro per il centenario
de "La bibliofilía" / a cura di Luigi Balsamo e Pierangelo Bellettini.
- Firenze : Olschki, 1999. - 536 S. : Ill. ; 30 cm. - ISBN
88-222-4748-5 : Lit. 225.000.
- Im April 1999 wurde aus Anlaß der Gründung der Zeitschrift ein
internationaler Kongreß veranstaltet, dessen Vorträge lieferungsweise
zunächst in der Zeitschrift selbst - die erste Lieferung in 101
(1999),2, S. 111 - 224 - und anschließend als Monographie mit
Registern veröffentlicht werden.
- Cento anni di Bibliofilía : Convegno Internazionale di Studi, 22 - 24
aprile 1999 ; Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Sala di
Dante.
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- [6]
- Catalogo generale / [Casa Editrice Leo S. Olschki]. - Firenze. - 23
cm. - 1999/2000 (1998). - 224 S.
- Der Katalog mit weltweiter Verbreitung hat eine Auflage von 35.000
Exemplaren. Zur Anlage dieses ausgezeichneten laufenden
Verlagskatalogs, die zudem über Jahre hin konsistent blieb, vgl.
Bücher, Zeitschriften und andere Medien aus Italien / Klaus Schreiber.
- Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1992. - (DBI-Materialien ;
115), S. 190.
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