Solche Divergenzen innerhalb der unterschiedlichen Gesamtkonzeption sind zur Beurteilung letztlich nur schwer abzuwägen und oft eher peripher. Wichtiger scheint mir, daß nicht eine theologische Schule oder bestimmte Herausgeberpersönlichkeiten den systematischen Stil dieser Lexika prägen, wie es bei RGG3 und noch stärker LThK2 ja der Fall war. Angesichts z.B. des Mitherausgebers E. Jüngel wird man nicht sagen wollen, daß die Zeit theologischer Koryphäen vorbei sei; wohl aber gibt es sicher nicht mehr so eigengeprägte und gleichzeitig weit rezipierte Theologie-Schulen wie in den 60er Jahren. Das Niveau der Artikel wird man im Prinzip in beiden Werken wohl gleich ansetzen können - ein Teil der Autoren ist im übrigen ja auch identisch. Verwundert hat mich, daß in RGG anscheinend nur wenig Verweisungen auf das LThK zu stehen scheinen, - nicht einmal wenn G. L. Müller den katholischen Teil zu Ablaß beisteuert und dabei auf seine umfangreichere Darstellung im LThK verweisen könnte. Im Abkürzungsverzeichnis taucht es immerhin auf.
Hingewiesen sei noch auf die unterschiedliche Alphabetisierung in beiden Lexika (LThK: a capella unter a als Einzelwort, RGG unter der Zeichenfolge acapella; im LThK ist solches häufig durch zusätzliche Verweisungen aufgefangen).
Für theologische Bibliotheken sind beide Werke unverzichtbar. Bei kleinen Etats wird man ansonsten abwägen, ob der schnelle Zugriff zu vielen Einzelheiten nötig ist - was bei bibliothekarischer Arbeit für Auskunftszwecke, für Schlagwortsuche u.a.m. häufig der Fall ist - (LThK) oder ob man auf manche Realien verzichten kann und es stärker auf eine Darstellung der biblischen wie systematischen Hauptthemen ankommt, ob die Darstellung von Fremdreligionen Schwerpunkt ist (RGG) etc., - zudem bleibt ein Kriterium, ob die protestantische oder die katholische Tradition im Vordergrund steht. Von der Qualität und dem Informationsgehalt ist man mit beiden Werken insgesamt ausgezeichnet bedient.
Eine Eigenart am Rande: Die Bände umfassen immer ganze Buchstabenkomplexe, was für die Benutzung nicht unpraktisch ist (für die verlegerische Organisation vielleicht schon!). Daß man im Verlag Mohr zudem ein typographisch wie buchtechnisch-ästhetisch wirklich außergewöhnlich schön gestaltetes Werk auf den Markt gebracht hat, soll ausdrücklich anerkannt werden und entspricht außerdem der Konzeption, die auf gute Lesbarkeit viel Wert legt, mehr Wert als die anderen Lexika, die stärker "technisch" gestaltet sind.
Albert Raffelt