Die inhaltliche Verteilung von Internet für Germanisten ist ähnlich wie bei dem 1997 erschienenen Bändchen von Tiedemann, nur daß der neue Band dem Fachspezifischen mehr Platz einräumt und dieser Teil, der aus der Feder von Hartmut Schönherr stammt, insgesamt von mehr Sachverstand zeugt als die entsprechenden Seiten des Vorgängers. Unterteilt in 16 Kategorien, präsentiert das Bändchen auf 70 Seiten etwa 160 fachrelevante Adressen. Erfreulich an der Zusammenstellung ist, daß Schönherr sich bemüht hat, eine Art "kommentierter Linkliste" zu erstellen. Daß dies kein ganz einfaches Geschäft ist, merkt der Leser an der Wahl der Adjektive. So heißt es, einzelne Seiten seien "intelligent", "gehaltvoll" oder "informativ", manchmal auch nur "brauchbar" oder "nützlich", mitunter sogar "liebenswert" oder "liebevoll gemacht". In der Wortwahl zeigt sich deutlich, daß es noch kaum Kriterien gibt, um Internet-Seiten zu beurteilen. Eher gewagt erscheinen aufgrund der Dynamik von Internetseiten Beschreibungen wie: "Auf der Seitenmitte rechts kommen Sie über den Pfeil zur Hauptseite des GBV mit ausgezeichneten Buchrecherche- und Bestellmöglichkeiten" (S. 60).
Erfreulich ist u.a. die Rubrik mit den Linkverzeichnissen. Neben der
"Erlanger Liste" finden sich auch die "Düsseldorfer Virtuelle
Bibliothek" und die Germanistik-Seiten der UB Konstanz. Daneben wird
aber auch auf die Seiten von Literaturenthusiasten wie Markus Kolbeck
und Oliver Gassner verwiesen. In der Rubrik Bibliographien herrscht
die übliche (Begriffs-)Verwirrung zwischen "Bibliographien und
"Katalogen". Im Großen und Ganzen hilfreich ist auch die Rubrik
Fachzeitschriften - auch wenn Hinweise auf große internationale
Projekte wie Muse[4] oder auf interessante neue Initiativen wie die
Online-Zeitschrift literaturkritik.de[5] fehlen. Bei den Autorenseiten
werden - zurecht - die Seiten zu Hölderlin, Kleist und Karl May
hervorgehoben. Zum Internetauftritt der "Karl-May-Gesellschaft" heißt
es ebenso knapp wie treffend: "Hier könnten sich die meisten
Internet-Angebote zur sogenannten ernsten Literatur eine dicke Scheibe
abschneiden!"[6] Ein wenig konfus wirkt der Inhalt der Rubrik
Literaturwissenschaft. Hier findet sich zwar ein Hinweis auf das
"Deutsche Literaturarchiv" in Marbach, Links zum "Goethe- und
Schiller-Archiv" und zur "Herzogin Anna Amalia Bibliothek" in Weimar
sucht man jedoch vergebens.[7]
Insgesamt sei das Büchlein von Schönherr und Tiedemann - auch wenn die
Bedenken wegen der Konzeption fortbestehen - denjenigen
Germanistik-Dozenten und -Studenten empfohlen, die über keinerlei
Erfahrung im Umgang mit dem Medium Internet verfügen.[8] Von den
Vorzügen des Bändchens kann man jedoch ebenso profitieren, wenn man
sich an die WWW-Seite "Internet für Germanisten" von Hartmut Schönherr
hält: <http://members.aol.com/artefact/germ-links.html>. Alle, die
bereits erste Gehversuche in diesem Medium hinter sich haben, werden
die allgemeinen Informationen als überflüssig und die fachspezifischen
Informationen als nicht detailliert genug empfinden.
Frank Simon-Ritz
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