Eigentlich sind zwei Werke anzuzeigen: Die Printpublikation
Germanistik im Internet und eine entsprechende Internetpublikation des
DBI[1] Letztere sollte allerdings nicht mit dem gleichnamigen Angebot
des Instituts für Germanistik der Universität Erlangen-Nürnberg[2]
verwechselt werden. Jedenfalls bietet die elektronische Darstellung
den großen Vorteil, daß die zahlreichen in die Fußnoten verpackten
Links sofort ausprobiert werden können. Es ist dringend zu wünschen,
daß auch nach einer Abwicklung des DBI diese IFB-Publikation weiter
gepflegt wird.
Simon-Ritz zeigt in seiner Vorbemerkung die Zielrichtung, für die
Germanistik (sowohl in sprach- und literaturwissenschaftlichen
Ausprägungen) den elektronischen "Informationspool" (S. 5)
vorzustellen. Bereits hier finden sich einige grundlegende
Einstiegspunkte. In zehn kurzen Aufsätzen werden deutschsprachige
Schriftsteller (U. Steierwald) mit ihren Texten, die im Internet zu
finden sind (M. Koltes), germanistische Forschungseinrichtungen (A.
Bonte), Bibliographien (F. Simon-Ritz) und elektronische Zeitschriften
(U. Goerdten) sowie die neuen Kommunikationsformen wie z.B.
Mailing-Listen (F. Jannidis) vorgestellt. Exemplarisch für die neuen
Arbeitstechniken sind Themen wie Bibliophilie (nochmals U. Goerdten)
sowie Stoff- und Motivforschung (W. Bies) behandelt. Zwischen den
Aufsätzen gibt es einige inhaltliche Überschneidungen, die aber nicht
weiter störend wirken.
Die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften (ALG) hat seit
der Studie von U. Steierwald (August 1998) einen enormen Zuwachs der
Internetpräsenz aufzuweisen. Waren damals nur 13 von 119 im WWW
vertreten, so könnte man (je nachdem welche Liste herangezogen wird)
kaum ein Jahr später inzwischen 87 von 134 zu dieser fortschrittlichen
Gruppe zählen. Steierwald plädiert entschieden für eine
institutionelle Zusammenarbeit und für eine bessere Koordination des
wissenschaftlichen Internetangebots. Diesen Wunsch kann man eigentlich
nur unterstützen, doch die entscheidende Frage, wer oder welche
Instanz - gegen den immanenten anarchischen Charakter des Internet
- eine solche Zentralisierung leisten sollte und könnte, bleibt
offen. A. Bonte führt Literaturarchive, -bibliotheken und -museen,
Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen,
literarische Gesellschaften und Vereine auf. Neben bereits
existierenden ("traditionellen, eher statischen") literarischen
Werken, die in das neue Medium transponiert wurden, entwickelt sich
gegenwärtig eine ("dynamische") Textform, die sog. "Netzliteratur",
welche gezielt für das Internet konzipiert ist und teilweise nur
innerhalb dieses Mediums adäquat vermittelt werden kann. Die
vereinfachten Möglichkeiten des Publizierens werden teils als
"Befreiung vom Verleger" empfunden. Als Folge des Verzicht auf
Auswahlfilter und Lektorat werden jedoch exhibitionistische Tendenzen
gefördert, so daß häufig die Frage nach dem "Niveau" (S. 137) der
Texte gestellt werden muß. Ästhetische Kategorien sollten hier besser
(noch) nicht angelegt werden. S. Ortmann meint zu Recht, daß bei den
"kollaborative[n] Schreibprojekten" (S. 144) der "Reiz wohl eher im
Mitschreiben als im Lesen" (ebd.) liege.
A. Ng als Betreuer der wichtigen, deutschsprachigen Internet Resources
for Germanists[3] beschreibt das Internet als ein "der globalen
Marktwirtschaft gerecht werdendes Kommunikationsmedium" (S. 107). Er
entwickelt Beurteilungskriterien für Websites und legt Unterschiede
der Internet-Nutzung zwischenden USA und Deutschland dar. Für
wissenschaftlichen Gebrauch plädiert Ng für "Angebote [...], die
High-Tech und Graphik vermeiden, Fachsprache erklären und FAQ
[Frequently Asked Questions] aufbauen."
Innerhalb des vorliegenden Buchs zeigt sich, daß es für die
Internetadressen (URL) immer noch keine einheitlichen Zitierstandards
gibt. Ausgerechnet der Herausgeber hat die Datierung des letzten
Aufrufs seiner Internet-Quellen vergessen. Immerhin werden sonst neben
einem "Titel" der jeweiligen Seite die - wie Stichproben zeigen
- meist aktuellen URLs und das Datum des Aufrufs gezeigt. Ob sich dem
Leser jetzt (noch) dieselbe Erscheinungsform zeigt wie dem Autor der
Aufsätze (im August 1998) kann nicht mehr verifiziert werden. Häufig
genannt werden OLLi (Olivers Links zur Literatur), das umfassende
bereits erwähnte WWW-Angebot Germanistik im Internet der Universität
Erlangen, die Zeitschrift Computerphilologie und nicht zuletzt die
bereist genannten Internet Resources for Germanists (University of
Wisconsin).
Das Buch und noch mehr dessen Internetversion sind sowohl für
Bibliotheken als auch für Dozenten der Literaturwissenschaft, der
Philologie und der Mediävistik sowie für die Studenten derselben gut
geeignet. Evtl. hätte der Herausgeber die systematisch wie
editionstechnisch weiter fortgeschrittene philosophische Forschung[4]
stärker einbeziehen oder die Düsseldorfer Virtuelle Bibliothek[5]
können.
Bernhard Ebneth
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