Leider gehört solches Gedankengut keineswegs der Vergangenheit an. Angesichts unserer, an kriegerischen Auseinandersetzungen alles andere als armen Zeit finden sich immer wieder - und nicht wenige - "junge (und ältere) Wilde", die glauben, sie müßten die Öffentlichkeit mit ihren säbelrasselnden Herzensergüssen und abstrusen politischen Meinungen beglücken. Peter Handke ist nur das letzte Beispiel in dieser langen Phalanx. Dem Bibliographen Ulrich Fröschle zu unterstellen, er wolle solchen Haltungen und Ideologien mit seiner Arbeit Vorschub leisten, wäre freilich völlig abwegig. Im Gegenteil! Gerade seine einfühlsame und differenzierte Einleitung läßt erkennen, wie sehr er sich der sozialen und politischen Zusammenhänge selbst einer kommentierten Bibliographie bewußt ist. Darüber hinaus liegt das Lesenswerte seiner Publikation in Textauszügen und Kommentaren zu den verzeichneten Schriften, die in der Mehrzahl nicht nur überaus glücklich ausgewählt wurden, sondern vor allem auch eines zeigen: wie wenig man, sei's als Wissenschaftler oder Lehrer, sei's als Historiker oder verantwortungsbewußter Staatsbürger, über solche Dinge einfach hinweggehen kann. Man hat sie schon zur Kenntnis zu nehmen, und sei es nur, um eine Erkenntnis daraus zu ziehen, die das eigene Denken und Handeln in einer Weise lenkt, die einen immun gegen derlei antihumane Abstrusitäten macht. Entstanden ist das Verzeichnis "im Rahmen eines längeren Forschungsprojekts", und zwar "als schlichte Grundlagenarbeit für eine Werkbiographie". Es stelle daher "nichts mehr und nichts weniger als ein Arbeitsmittel" dar, "das zur Auseinandersetzung mit diesem Autor anregen, vor allem aber einen Beitrag zur Jünger-Forschung speziell" - also auch zu der Ernst Jünger betreffenden - "und zur historischen Textforschung im Bereich der jüngeren deutschen Geschichte allgemein leisten" möchte (S. 15). Fröschle stützt sich dabei auf die bislang zum Thema erschienenen Vorarbeiten (u.a. eines Hans Peter des Coudres, Anton H. Richter und Volker Beismann, respektive aus den Jahren 1963, 1982 und 1995), Quellen, die entsprechend ausgewiesen werden (S. 17).
In Anbetracht einer überaus unübersichtlichen Publikationslage der Jüngerschen Texte beansprucht diese auf Autopsie beruhende Bibliographie keine Vollständigkeit (S. 21). Das wiegt deshalb nicht allzu schwer, weil es hier zunächst einmal darauf ankam, verläßliche Grundlagen für weitere diesbezügliche Recherchen zu legen.
Fröschles Arbeit verzeichnet Beiträge aus dem Zeitraum 1920 - 1998, wobei sich sein kommentiertes Verzeichnis in insgesamt neun Hauptabteilungen unterteilt: Werkausgabe - Selbständige Ausgaben - Herausgeber- und Redakteurstätigkeit - Erstdrucke - Nachdrucke und Tonaufzeichnungen - Lebenszeugnisse - Übersetzungen, Ausgaben, Erst- und Nachdrucke im fremdsprachigen Ausland - Vertonte Texte - Nachlaß: Abgeschlossene Manuskripte und Typoskripte. Eine mithin logische Unterteilung, die das Werk besonders benutzerfreundlich macht.
Abgerundet wird diese in jeder Hinsicht vorbildliche Veröffentlichung mit insgesamt 951 Eintragungen, die nicht nur in jeder Bibliothek zu finden sein sollte, sondern auch privaten Buchsammlungen gut zu Gesicht stünde, von einer durchaus detaillierten Chronik zu Leben und Werk Friedrich Georg Jüngers und von insgesamt fünf Indizes (Titel, Rezensionen, Vertonungen, Periodika/Sendeanstalten, Personen). Ja, und vielleicht trägt sie am Ende ja doch eher dazu bei, in der Auseinandersetzung mit dem Werk Jüngers Abstand zu dessen Lebensanschauung und -haltung zu finden, als sich mit ihr anzufreunden oder gar zu identifizieren.
Momme Brodersen