Die Artikel mit biobibliographischen Informationen und Werkanalysen stammen von jüngeren, überwiegend amerikanischen, englischen und irischen Fachleuten. Die Artikel von vier bis zehn Seiten behandeln 77 Autoren von Lady Gregory und Edward Martyn bis in die unmittelbare Gegenwart. Die Auswahlkriterien sind nicht präzise angegeben und im Zweifelsfall - so das Vorwort - erhalten Autoren Vorrang, deren "reputations are resurging over those whose reputations are only of very recent birth". Es sollen aber auch jene berücksichtigt werden, "whose literary-historical importance warranted their inclusion, even though in some cases their literary output may not be extraordinary significant" (S. XIV). Gonzalez stützt sich bei der Auswahl auf die biographischen Lexika von Boylan, Brady-Cleeve sowie Hogan (S. XX). Als eigentlicher Leitfaden der Auswahl wird (S. XIX) explizit Richard Fallis' The Irish renaissance[1] von 1977 genannt. Diese allseits anerkannte, vorzügliche Literaturgeschichte hat ihren Schwerpunkt freilich in der Zeit von 1890 bis 1920 und möchte, laut eigenem Vorwort, die Literatur von 1880 bis 1940 darstellen, so daß die Jahre nach 1940 nur noch sehr kurz im Schlußkapitel berührt werden. Wenn man dies in Rechnung stellt, wird erkennbar, daß die Problematik des vorliegenden Lexikons und seines methodisch geschickten Ansatzes in der Auswahl der Autoren der Gegenwart liegt. So ist zwar die Mehrzahl der wichtigen Autoren der Epoche aufgenommen, und aus hoher Sachkenntnis weitgehend die richtige Wahl getroffen, aber bei den Lyrikern werden beispielsweise Brian Coffey (1905 - 1995), Seamus Deane (1940 - ), Padraic Fallon (1905 - 1974), John Hewitt (1907 - 1987) und Donagh McDonagh (1912 - 1968) ausgeschlossen. Bei den Prosaisten fiel die gewiß nicht leichte Entscheidung gegen John Banville (1945 - ), Dermot Bolger (1959 - ), Roddy Doyle (1958 - ), Anne Enright (1962 - ) und Neil Jordan (1950 - ). Ähnlich schwierige Fragen der Auswahl stellen sich bei den Dramatikern: Hier sind Louis Lynch D'Alton (1900 - 1951), Theresa Deevy (1894 - 1963), Frank McGuinness (1953 - ), Thomas Kilroy (1934 - ), Hugh Leonard (1926 - ) und Steward Parker (1941 - 1988) nicht aufgenommen. Auf der Basis des Kriteriums der literaturgeschichtlich-historischen Bedeutung bleibt das Fehlen von Standish James O`Grady (1846 - 1928) und Douglas Hyde (1860 - 1949) bedauerlich. Schließlich wären neben Máire Mhac an tSaoi (1922 - ) und Peig Sayers (1873 - 1958) auch Seosamh Mac Grianna (1901 - 1990) und Máirtín O Cadhain (1906 - 1970) aufzunehmen gewesen.
Abgesehen von dieser Frage wird das Lexikon seinen Zielen weitgehend
gerecht, da in der Regel ein guter Überblick über den Autor sowie den
Stand der Forschung gegeben wird. Das Werk kann somit, bei freilich
massiv schwankender Qualität der einzelnen Beiträge, durchaus als gute
Einführung und teilweise sogar als Ersatz für die bislang leider noch
nicht fortgeführten, für jeden Bestand unabdingbaren
Forschungsberichte von Richard J. Finneran[2] dienen. Dies wird freilich
dadurch beeinträchtigt, daß die ausgewählte Sekundärliteratur am
Schluß der Artikel inhaltliche und formale Erwartungen offenläßt. So
liegen zum Beispiel für James Joyce, Patrick Kavanagh, Sean O'Casey
und Liam O'Flaherty bereits gut gearbeitete Sekundärbibliographien[3]
vor. Ebenso fehlen in den Artikeln John M. Synge,[4] Samuel Beckett,[5]
Sean O'Casey[6] und Katharine Tynan[7] wichtige Werke. Zudem fehlt gerade
bei wesentlichen Titeln oft der wichtige Zusatz zum Sachtitel, oder
ist fehlerhaft und unvollständig wiedergegeben.[8]
Zieht man zusammenfassend den methodischen Ansatz und die Stellung des
Lexikons unter den anderen vergleichbaren Werken in Betracht, wird man
es trotz des hohen Preises und - angesichts der Defizite bei den
Informationsmitteln zur irischen Literatur der Gegenwart - trotz
gelegentlicher Mängel in den Bibliographien und mancher strittigen
Bewertungen in den Artikeln für Fachlesesäle, zumal für solche mit
starkem Interesse an der anglo-irischen Literatur, bedingt empfehlen
können: gerade die Abschnitte Major works and themes und Critical
reception machen das Lexikon auf weite Strecken tatsächlich zu einem
"reference work for scholars studying modern Irish authors" (S. XIII),
das freilich dringend der Ergänzung durch die im beiden anderen hier
besprochenen Lexika bedarf.
Sebastian Köppl
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