Während man wegen des unveränderten Titels Medioevo latino der CD-ROM-Ausgabe zunächst selbstverständlich davon ausgeht, daß diese das gesamte Material der angegebenen Bände 1 (1980) - 10 (1989) sowie 17 (1996) enthält, merkt man erst bei genauem Hinsehen auf die Bandaufführung und spätestens bei der Arbeit mit der CD-ROM, daß dem keineswegs so ist, sondern daß sich das Angebot auf authors and texts, also den Kernbereich der Druckausgabe zu Literatur, Theologie und Philososphie beschränkt. Nur die für diesen Bereich einschlägigen Titel wurden vollständig übernommen und dabei sowohl formal und inhaltlich vereinheitlicht als auch durch Zusammenführung der über die gedruckten Bände verstreut angezeigten Rezensionen zum Titel des rezensierten Werkes konsolidiert. Erst in CD-MEL 2 sollen die übrigen Sparten (argomenti, also literarische Gattungen, Schulfächer, Wissenschaftsdisziplinen, Kirchen-, Rechts- und politische Geschichte, Schreibkultur usw.) der Bd. 1 - 10 und zu dem dann neuesten Band von Medioevo latino in digitalisierter Form vorliegen. Die Digitalisierung von Bd. 11 - 20 wird nach Auskunft von SISMEL noch länger dauern.
Die Benutzung der CD-ROM wird in einem ausführlichen Begleitheft in italienischer und englischer Sprache erläutert; die Dialogfelder und Erläuterungen zu den einzelnen Buttons stehen in allen fünf Arbeitssprachen zur Verfügung, die auch in den gedruckten Bänden von Medioevo latino verwendet werden. Besprechungen und Inhaltsangaben in unterschiedlichen Sprachen wurden aufeinander abgestimmt, aber nicht sprachlich vereinheitlicht, so daß in einzelnen Einträgen Informationen in mehreren Sprachen kombiniert werden. Es versteht sich, daß Fehler bei Umformulierungen und Übertragungen nicht vollständig vermieden werden konnten; insgesamt ist jedoch eine erfreulich geringe Anzahl von Versehen und Druckfehlern zu konstatieren. Die Arbeitsmöglichkeiten, die sich dem Benutzer der CD-MEL 1 bieten, sollen im folgenden kurz umrissen werden.
Für die Suche nach bestimmten Einträgen stehen insgesamt zehn Kategorien zur Verfügung: 1. mittelalterliche Autoren und Titel anonym überlieferter Werke (wie in den gedruckten Bänden durchweg in lateinischer Namensform, meist mit Titel- oder Standesbezeichnung oder geographischer Herkunftsbezeichung; es empfiehlt sich hier ebenso wie bei den anonymen Texten die Liste der Lemmata aufzurufen und daraus auszuwählen, um die für Medioevo latino gewählte Ansetzungsform zu finden); 2. moderne Autoren (als Verfasser, Herausgeber usw. der angezeigten Publikationen); 3. moderne Autoren, die in den angezeigten Publikationen im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung zitiert werden; 4. mittelalterliche Handschriften (gegliedert nach Aufbewahrungsort, Bibliothek, Bibliotheksfond und Signatur); 5. Zeitschriften (nach Titel, Band und Jahr); 6. Monographien (nach Titel, Ort, Verlag, Jahr und Reihe); 7. Geographica (d.h. alle Länder, Regionen, Städte und Gemeinden, die in den Titeln oder den Inhaltsangaben erwähnt werden); 8. lateinische Begriffe, die in den angezeigten Beiträgen behandelt werden; 9. schließlich alle Begriffe und Namen, die sich im gesamten Datenbestand finden. Alle Suchmöglichkeiten lassen sich durch Boole'sche Operatoren verknüpfen. Bei einer erfolgreichen Suche wird angezeigt, wieviele Einträge gefunden wurden; auf dem Bildschirm erscheint jeweils nur ein Eintrag; die Liste der Einträge (wahlweise in chronologischer oder alphabetischer Reihenfolge) kann durch Mausklick auf- und abwärts durchgesehen werden. Export und Ausdrucken von Daten (als txt-Datei) sind problemlos möglich. Die einzelnen Suchschritte lassen sich jeweils speichern und beliebig modifizieren; die Suchergebnisse können mit eigenen Anmerkungen versehen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Benutzer einzutragen, die nach Unterbrechungen jeweils auf ihren eigenen Bestand an gespeicherten Suchergebnissen und Anmerkungen zurückgreifen können.
Abgesehen von den vielfältigen Möglichkeiten, sich mit Hilfe der
CD-MEL 1 persönliche Spezialbibliographien aufzubauen, dürfte der
Hauptnutzen dieser CD-ROM darin liegen, daß auf ihr die autoren- und
textbezogene Erforschung der mittellateinischen Literatur für die
Jahre von etwa 1978 bis 1988 nahezu vollständig und vor allem
inhaltlich durch Zusammenfassungen und Verweisungen zuverlässig
erschlossen vorliegt. Es stellt eine beträchtliche
Arbeitserleichterung dar, künftig nicht mehr die hier zusammengefaßten
elf schwergewichtigen Bände von Medioevo latino einzeln durchsehen zu
müssen. Auch der Zeitpunkt des Erscheinens ist hochwillkommen, denn
nach dem Abschluß des ungefähr zeitgleich mit Medioevo latino
begonnenen Lexikon des Mittelalters,[2] dem so bald keine vergleichbare
Informationsquelle folgen dürfte, besteht erhöhter Bedarf an einem
biobibliographischen Hilfsmittel, das die aktuellen
Forschungstendenzen umfassend dokumentiert. Gerade die Möglichkeit
einer zuverlässigen Orientierung über den Inhalt nicht einsehbarer
Publikationen wird den Benutzern bei der selektiven
Literaturbeschaffung, etwa durch Fernleihe, eine wertvolle Hilfe
sein.
Aufgrund der enormen Kleinarbeit, die sich hinter der weiter oben
beschriebenen Vereinheitlichung und Konsolidierung verbirgt, wird sich
die vollständige Aufarbeitung des in den MEL-Datenbanken vorliegenden
Materials voraussichtlich noch einige Zeit hinziehen. Selbst unter
Würdigung des Aufwandes, den die Digitalisierung erfordert, erscheint
der Preis für CD-MEL 1 allerdings recht hoch, vor allem dann, wenn man
bedenkt, daß man damit nur ein in Bälde überholtes Produkt erwirbt;
Käufern von CD-MEL 1 sollte CD-MEL 2 daher zumindest zu einem
Vorzugspreis angeboten werden.
Über die Homepage der SISMEL im Internet (URL:
http://sismel.meri.unifi.it) kann übrigens der Inhalt von Band 18
(1997) - jedoch ohne Inhaltsangaben zu den einzelnen Einträgen
- kostenlos abgerufen werden.
Christian Heitzmann
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