Das Handbuch behandelt Malerei, Mosaik, Glas, Keramik und Porzellan, Holz, Lackkunst und Leder. Namhafte Autoren konnten für diesen kunsttechnologischen Überblick gewonnen werden, dessen Einzelbeiträge jeweils mit Literaturverzeichnissen schließen. Jeder Band enthält zudem ein Personen- und ein Sachregister.
Der erste Band beginnt mit einer werkstoffkundlichen,
werkstoffgeschichtlichen Einführung (Kühn, Bd. 1, S. 7 - 54),[2] die für
Nicht-Technologen nur schwer zu verstehen ist. Auf Abbildungen, die
die Sachverhalte veranschaulicht hätten, verzichtete man.
Der Artikel zur Buchmalerei (Roosen-Runge, Bd. 1, S. 55 - 124)
beschäftigt sich mit den Verfahren der Buchmaler in klösterlichen
Werkstätten als Träger mittelalterlicher Buchkultur. Er zeigt die
Geschichte der Textüberlieferung auf, gibt einen Überblick über
verwandte Farbmaterialien und Bindemitteln und zeigt schließlich
anhand ausgewählter Beispiele ihre Anwendung.
Die Übersicht über Techniken und Werkstoffe mittelalterlicher
Tafelmalerei, immer am Werkvorgang orientiert, berücksichtigt sowohl
die Traktatliteratur als auch naturwissenschaftliche
Gemäldeuntersuchungen (Straub, Bd. 1, S. 125 - 260). Daneben finden
sich zahlreiche Informationen zur Fassung polychromer Skulptur.
Gelegentlich stößt der Leser auf kleine Ungenauigkeiten: Straubs
Wortumschreibung "Pastiglia (partielles Auftragen von Grundiermasse)",
erfaßt den Begriff nicht in seiner kunstgeschichtlich relevanten
Ganzheit, da jedwede Pastiglia an Kunstwerken sich auch aus
Materialien zusammensetzen kann, die nicht zur Grundierung verwandt
wurden (Straub, Bd. 1, S. 170 - 173). Auch die dort vorgeschlagene
Differenzierung zwischen Pastigliatechnik für frei modellierte Pasten
auf der einen und Prägeapplikationen für mit Modeln geformte Massen
auf der anderen Seite ist nicht stichhaltig - natürlich ist auch die
Modelapplikation eine Pastigliatechnik. Aber dies sind Kleinigkeiten.
Der Beitrag löst, man muß schon sagen endlich, Bergers Band von 1912
ab.[3]
Eine erste Gesamtdarstellung erfährt das Staffeleibild der Neuzeit
(Koller, Bd. 1, S. 267 - 434). Die Beschreibung der neuen Maltechniken
und der Malweisen dient als Basis für die Folgekapitel: in drei großen
Abschnitten werden die Maltechniken des 16., des 17./18. und des
19./20. Jahrhunderts kenntnisreich beschrieben.
Auch die Abhandlungen im zweiten Band über Wandmalerei und Mosaik
richten sich an Restauratoren, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger
gleichermaßen.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen zur Quellenlage und zu den
Haupttechniken beschäftigt sich die Untersuchung zur Wandmalerei bis
ins Spätmittelalter vor allem mit Materialien und Schichtaufbau sowie
mit einem Überblick nach Epochen, der mit der Urgeschichte beginnt
(Knoepfli/Emmenegger, Bd. 2, S. 7 - 212). Kein leichtes Unterfangen,
bedenkt man den sehr unterschiedlichen Bearbeitungsstand seitens der
Wissenschaft und die großen Verluste an historischer Wandmalerei. So
ist bekanntlich die gesamte griechische Wandmalerei verloren und die
aus Antike und Mittelalter überkommenen Denkmäler stammen zumeist aus
Randgebieten und vornehmlich aus Sakralbauten. Die lehrreiche
Beschreibung analysiert unter Berücksichtigung des Denkmälerbestandes
und der einschlägigen Quellen Schicht auf Schicht und folgt somit der
Arbeitsweise des Malers.
Die Betrachtung der Farben und Maltechniken nach Epochen ist im
einzelnen recht knapp gehalten und nicht immer glücklich gewichtet.
Der Anteil Italiens, das im 14. Jahrhundert zum Zentrum europäischer
Wandmalerei wurde, läßt sich nur erahnen (Bd. 2, S. 159, 160).
Wichtige Namen wie Pietro Cavallini, man denke an das nur als Fragment
überlieferte Fresko des Jüngsten Gerichts in S. Cecilia in Rom,
fehlen, was sich auch im Literaturverzeichnis widerspiegelt.[4]
Andererseits berücksichtigte man aber in einem Exkurs zum Kolorit, daß
die Kekchi-Indianer Guatemalas für Blau und Grün nur eine einzige
Bezeichnung verwenden - ein im übrigen auch aus anderen Volksgruppen
bekanntes Phänomen. So benutzte die Dichtung der chinesischen
T'ang-Dynastie (618 - 907) dasselbe Zeichen für die Farbe des Himmels
und die Farbe des Grases. Eine Vorstellung ausgewählter Denkmäler der
Wandmalerei des 5. bis 16. Jahrhunderts beendet diesen Beitrag.
Bei den Ausführungen zur Wandmalerei der Neuzeit stehen die
Maltechniken der einzelnen Epochen (15. - 20. Jh.) im Vordergrund der
Betrachtung (Koller, Bd. 2, S. 213 - 398). Sie können sich auf einen
mengenmäßig größeren und "ausgewogeneren" Denkmälerbestand stützen.
Auch bei Koller geht es immer um Arbeitsabläufe. Es wird dem Leser,
unterstützt durch eine anschauliche Bebilderung, ein Blick hinter die
Kulissen gewährt. Man lernt den Künstler als Handwerker kennen.
Berücksichtigt wurden auch die jeweils neuen Bautechniken.
Gegenüber den Abhandlungen zur Wandmalerei fällt der Beitrag zum
Mosaik ein wenig ab (Meyer, Bd. 2, S. 399 - 498). Auch hier werden
Werkstoffe, Werkzeuge und Haupttechniken vorgestellt. Anschließend
wird unter Berücksichtigung des Werkvorgangs über Untergrund und
Würfelbettung, Entwurf und Setzverfahren berichtet. Ein zu knapp
gehaltener epochaler Überblick zu Technik und Entwicklung des Mosaiks
schließt die Ausführungen ab.
Der dritte Band informiert über die künstlerische Gestaltung einiger
weiterer Materialien. In die Darstellung des Werkstoffs Glas (Weiß,
Bd. 3, S. 7 - 68) führen Bemerkungen zur Glaszusammensetzung in den
verschiedenen Jahrhunderten ein. Anschließend werden die Techniken der
Glasverarbeitung und Veredelungsmöglichkeiten kurz vorgestellt.
Im Beitrag zu Keramik und Porzellan (Denninger, Bd. 3, S. 69 - 134)
wird zunächst die Materialfrage geklärt, um anschließend die
Verarbeitungstechniken des Töpfers zu erörtern. Die Aufbereitung des
Materials, ihre Gestaltung, Glasur und Dekor sowie der abschließende
Brand bestimmen den Werkvorgang. In einem geschichtlichen Überblick,
der von der Vorgeschichte bis in die Neuzeit reicht, werden die
Tonwaren nach ihren Typen vorgestellt.
Im Abschnitt über die Holzgestaltung (Stratmann-Döhler, Bd. 3, S. 135
- 210) stehen die Aspekte Holzverarbeitung und -bearbeitung im
Vordergrund. Die Konstruktion bestimmter Möbeltypen wie Truhen,
Schränke, Tische, Sitzmöbel und Betten wird näher beschrieben.
Anschließend werden die verschiedenen Möglichkeiten des Dekors und der
Oberflächenbehandlung aufgezählt. Die Bilderrahmung (S. 207 - 209)
wird nur unter dem Konstruktionsaspekt und damit zu knapp erörtert.
Leider verzichtet die Autorin auf einen historischen Überblick und
läßt damit Wichtiges vermissen. In der Auswahlbibliographie fehlen
grundlegende Werke.[5]
Nachdem eine ausgewiesene Kennerin der Materie erklärt, was Lackkunst
heißt und ist (Sträßer, Bd. 3, S. 211 - 294), wird auf anschauliche
Art und Weise die Geschichte der Lackkunst in Europa nacherzählt. In
die Darstellung fließen historische Rezepturen und kulturhistorische
Betrachtungen mit ein. Abschließend wird auf Unterschiede
ostasiatischer Lackarbeiten verwiesen.
Mit knappen, kenntnisreichen Erörterungen zum Leder (Gall, Bd. 3, S.
295 - 327) schließt der dritte Band. Der Werkstoff und die Form- und
Schmucktechniken, die in den verschiedenen Epochen Anwendung fanden,
werden vordergründig behandelt.
Trotz einer Reihe von ausgezeichneten Einzelbeiträgen wird das
Handbuch seinem Titel nicht ganz gerecht. Das Metallhandwerk, dem
bereits Theophilus (Roger von Helmarshausen, um 1100) den dritten Teil
seiner Schedula diversarum artium, der wichtigsten Werkstattschrift
des Mittelalters, widmet, bleibt unberücksichtigt. Redaktionell hätte
manches besser gemacht werden können. Leider wurde auch in dieser
Sonderausgabe darauf verzichtet, die einzelnen Mosaiksteine der
Beiträge mittels einer Einleitung zu einem Ganzen zusammenzusetzen.
Eine dem Leser als roter Faden dienende Einführung hätte dieser
Sonderausgabe gut getan, da das Handbuch nicht gerade selbst erklärend
ist. Weder wurde diese Sonderausgabe noch die zweite Auflage des
ersten Bandes (1988) zur Überarbeitung genutzt. Dieser Mangel
offenbart sich auch bei den stellenweise veralteten Literaturangaben.
So fehlt zum Thema Pastiglia bspw. die wichtige Publikation von
Graciano Manni Mobili in Emilia (Modena 1986). Dort wird erstmals
darauf aufmerksam gemacht, daß der Pastiglia zur Zeit der
italienischen Renaissance Duftstoffe zugesetzt wurden (S. 39 - 40),
was den eigentlichen Wert dieses Materials ausmachte. Auch eine
ausführlichere Bebilderung, eine Koordination der Literaturangaben und
die Vermeidung von Wiederholungen bei der Beschreibung von Werkstoffen
der einzelnen Beiträger hätten das Handbuch noch besser gemacht.
Insgesamt ist diese Sonderausgabe mehr als ein lexikalisches
Nachschlagewerk. Es wird hier vielmehr der gelungene Versuch einer
zusammenfassenden, übergreifenden Darstellung künstlerischer Techniken
gemacht, der von einer Sichtung naturwissenschaftlicher und
quellenkundlicher Belegliteratur gespeist wird. Das Handbuch sollte
trotz der genannten vornehmlich redaktionellen Mängel in keinem
Lesesaal fehlen.
Johannes W. Pommeranz
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