Enthielt die 1. Aufl. auf ca. 450 Seiten 2400 Fachausdrücke und 1300 Abbildungen, so ist die 3. Aufl. auf knapp 650 Seiten mit rd. 3000 Begriffen bei etwa gleich gebliebener Anzahl an Abbildungen erweitert. Die neu aufgenommenen Fachbegriffe beziehen sich zum Teil auf den Festungsbau, der zuvor nicht berücksichtigt war, und auf weitere Fachbegriffe, die zunehmend in der Literatur benutzt werden. Inhaltlich blieb die europäische Architektur im Sinne der Baukunst Schwerpunkt, d.h. es werden weiterhin vor allem Begriffe und Benennungen der Bauformen und Bauteile aufgeführt, jedoch keine Begriffe aus den Ingenieurwissenschaften (Statik, Bautechnik) und auch keine stilgeschichtlichen Termini.
Der Aufbau ist gegenüber früher nur leicht modifiziert. Den Vorwörtern
zur 1. und zur 3. Aufl. und dem Abkürzungsverzeichnis folgt der
alphabetisch geordnete Hauptteil mit kleinen Veränderungen: die in
einzelnen Artikeln als Beispiele erwähnten Bauwerke wurden gestrichen
ebenso wie die jeweils direkt folgenden Hinweise auf weiterführende
Fachliteratur. Stattdessen sind vielen Begriffen jetzt die
Übersetzungen ins Englische, Französische und Italienische beigegeben.
Unverändert blieb der Abbildungsteil von Prototypen der Baukunst
(Tempel, Basilika, Kirchenbauten), neu sind ein zweites kleines
Abkürzungsverzeichnis, das nach Sachgebieten geordnete
Literaturverzeichnis und die fremdsprachigen Fachglossare
englisch-deutsch, französisch-deutsch und italienisch-deutsch. Im
Lexikonteil verweisen wie bisher vorangestellte Pfeile auf
weitergehende Artikel, ein Pfeil mit Stern avisiert noch eine
Abbildung. Sie könnten häufiger gesetzt werden, denn oft haben
aufgeführte Synomyme oder verwandte Begriffe eigene Artikel, ohne daß
dies gekennzeichnet wurde. So vermißt man z.B. den Hinweis auf Dienst
in den Artikeln Alter Dienst und Junger Dienst, vorhanden ist nur ein
Hinweis auf Bündelpfeiler; im Artikel Pontonbrücke, Schiffsbrücke
führt der Pfeil nur zu Brücke, unter Schiffbrücke, Pontonbrücke finden
sich jedoch mehr Informationen zum Begriff als unter Brücke. Hier
stimmen die Definitionen in beiden Artikeln nicht überein.[1] Noch
einige weitere Anmerkungen zum Inhalt: Ballon-Bauten ist als Ausdruck
ungebräuchlich, die bevorzugten Begriffe sind Traglufthallen oder
Pneumakonstruktionen.[2] Gleiches gilt für den Glasbetonstein: dieser
Begriff und das beschriebene Element konnten nirgends nachgewiesen
werden.[3] "Glasbausteine" gibt es nicht nur als hohle Gußglaskörper,
sondern auch als massive und gepresste oder geblasene Glaskörper. Bei
Azulejos wäre neben Spanien noch ein Hinweis auf Portugal angebracht,
wo die bunten oder auch nur blau-weißen Kacheln ebenfalls verbreitet
sind und auch in der zeitgenössischen Architektur noch als
Schmuckelemente dienen.
Die Erläuterungen sollten so formuliert sein, daß man sie ohne
weiteres Nachschlagen versteht; ein Text wie im folgenden Beispiel ist
wenig hilfreich: "Tenaillon (frz.), ein Ravelin mit zwei halben
Contregarden (vor jeder Face eine), die einen eingehenden Winkel
bilden und durch einen Redan oder ein anderes Außenwerk gedeckt sind,
ähnl. den großen Lünetten". Erklärungen ebensolcher Art auch bei
Brille, Ravelin, Redan und Contregarde, die unverständlich bleiben,
wenn man nicht zufällig auf die verdeutlichende Abbildung auf S. 176
(Grundriß einer Festung) stößt, auf die aber bei keinem der Begriffe
hingewiesen wird. Die Elemente der modernen Architektur werden nur am
Rande behandelt, was wohl daran liegt, daß sie häufig zugleich
Begriffe aus der Bautechnik sind, die lt. Vorwort unberücksichtigt
bleiben (z.B. transparente Wärmedämmung oder Solarzellen). Vermißt
wird auch ein Artikel über die unerwünschten, aber nicht zu
übersehenden Graffiti.
Das Literaturverzeichnis gliedert sich in: 1. Nachschlagewerke; 2.
Fachwörterbücher, Glossare; 3. Überblicksdarstellungen mit den
Untergruppen a) Allgemeines, b) Epochen, Gebäudeformen, Bauformen; 4.
Einzelthemen mit a) Architekturtheorie, Baubetrieb, b) Gebäudeformen,
c) Baumaterial und Bauformen, wobei 4a) bis c) noch weitere
Unterteilungen haben. Innerhalb der einzelnen Sachgruppen ist
chronologisch nach Erscheinungsjahr geordnet. Die bibliographischen
Angaben sind knapp, aber ausreichend. Benutzerfreundlicher wäre es,
sinntragende Wörter in Titeln nicht abzukürzen[4] und die beiden
Abkürzungsverzeichnisse[5] an einer Stelle zu vereinigen. Die
Literaturlisten wurden wohl aus Platzersparnis als fortlaufender Text
geschrieben und sind daher unübersichtlich. In einigen Gruppen mit
viel Literaturhinweisen gibt es zwar Absätze, die aber nicht dem
angenehmeren Lesen dienen, sondern ohne besondere Kennzeichnung wohl
eine sachliche Untergliederung bilden sollen, so z.B. unter Zentralbau
sechs unterschiedlich lange Absätze, deren Gruppenbildung der Leser
nicht immer nachvollziehen kann.[6] Insgesamt werden ca. 650 Titel
angeführt, jedoch darunter eine größere Anzahl Mehrfachnennungen: so
sind z.B. unter der Überschrift Epochen, Gebäudeformen, Bauformen
Titel wie Handbuch der Treppenkunde, Das Dachwerk auf Kirchen ...
oder Farbigkeit der Architektur genannt, die ein zweites Mal unter
Treppe bzw. Dach bzw. Farbe erscheinen. Das Lexikon der Kunst in 7 Bd.
ist sowohl unter den Nachschlagewerken als auch 13mal unter
Einzelbegriffen aufgeführt. Das wäre nicht mehr nötig gewesen, zumal
das Lexikon der Kunst alphabetisch nach Sachbegriffen geordnet ist. So
fragt man sich, warum der Hinweis bei den anderen Begriffen wie
Zentralbau, Vierung, Krypta usw. fehlt, denn sie haben im Lexikon der
Kunst ebenfalls z.T. längere Eintragungen. Die Gliederung des
Literaturverzeichnisses könnte verbessert werden und vor allem die
Zuordnung der Literatur zu den einzelnen Sachgruppen wäre noch
überarbeitungsbedürftig.
Anstelle des Hinweises auf Lamprechts Beton-Lexikon, das sich auf den
modernen Betonbau bezieht und an den Bauingenieur richtet, sollte sein
vorzügliches Werk über den Römerbeton[7] zitiert werden. Für einen mehr
bau- und kunstgeschichtlich interessierten Personenkreis, und das ist
ja die erklärte Zielgruppe, wäre dieser Literaturhinweis wertvoller.
Ältere Literatur wurde vielfach durch jüngere Werke ersetzt, auch
Zeitschriftenaufsätze sind jetzt genannt, beides vorteilhaft für den
Benutzer, da moderne Literatur und Aufsatzkopien leichter zu
beschaffen sind als wertvolle Altbestände. Dafür sind manche doch
wichtigen Titel im neuen Gesamtverzeichnis leider weggefallen. So gab
es z.B. in der 1. Aufl. unter dem Begriff Glasmalerei eine
Literaturliste mit 22 Titeln, in der 3. Aufl. gibt es keinen einzigen
Literaturhinweis mehr auf Glasmalerei, auch nicht auf Glas allgemein.
Der Bibliotheksbau, der mit 3 Begriffen vertreten ist (Armarium,
Bibliothek, Magazin), wird im Literaturverzeichnis mit 5 Titeln
bedacht, die 1. Aufl. verzeichnete zwar nur den Begriff Bibliothek,
diesen aber mit 11 Titeln. Wer bereits eine frühere Ausgabe besitzt,
sollte sie unbedingt neben der Neuauflage behalten, einmal
hinsichtlich der Literaturhinweise, aber auch die früher beispielhaft
genannten und jetzt nicht mehr angeführten Bauwerke wird ein fachlich
weniger versierter Leser als zusätzliche Information zu schätzen
wissen.
Das Kernstück des Bildwörterbuchs ist die Sammlung anerkannter
Begriffe der europäischen Architektur, die hier erläutert,
veranschaulicht und in ihren Beziehungen dargestellt werden; das
mehrsprachige Glossarium ist eine gelungene Erweiterung. Die
Anschaffung kann uneingeschränkt empfohlen werden, erfreulich der
günstige Preis, der es auch für Privatpersonen erschwinglich macht,
und Besitzer der früheren Ausgabe sollten ebenfalls zugreifen, da
beide Ausgaben einander ergänzen.
Angelika Weber
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