Das Vorwort, in dem u.a. die Entstehungsgeschichte des Lexikons skizziert wird, ist mit 1993-8 datiert, doch da sich Curl darin mehrfach auf Werke bezieht, die nach 1993 erschienen sind, ist damit wohl der Bearbeitungszeitraum 1993-98 gemeint und nicht - wie zuerst vermutet - August 1993.
Der Lexikonteil umfaßt in 2spaltiger Anordnung ca. 5000 Eintragungen (lt. Klappentext). Verweisungen im Text auf Begriffe oder Personen, die einen eigenen Artikel haben, sind mit einem Asteriskus markiert. Die Erläuterungen der Sachbegriffe erstrecken sich i.d.R. über wenige Zeilen, nur einige Begriffe haben zusammenfassende, längere Artikel wie z.B. brick, door, roof oder window. Dem besseren Verständnis dienen ca. 250 Schwarzweiß-Illustrationen. Die biographischen Artikel führen zunächst den vollständigen Namen mit allen Vornamen auf, gefolgt vom Geburts- und Todesdatum. Der Geburtsort wird selten genannt, meistens ist nur die Nationalität angegeben. Das berufliche Werk wird skizziert, wichtige Bauwerke aufgeführt und die Bedeutung für die Architektur gewürdigt. Daten oder Ereignisse aus dem privaten Leben sind nicht erwähnt. Nach jedem biographischen Beitrag und auch nach einigen Sachbegriffen sind jeweils die Quellen bzw. Hinweise auf weiterführende monographische Literatur in Form von Kurztiteln (Autorenname und Erscheinungsjahr) angeführt, vereinzelt auch Zeitschriftenaufsätze, diese aber mit den vollen bibliographischen Angaben. Die biographischen Artikel sind bis zu drei Seiten lang, und ihr Anteil ist beträchtlich (geschätzt mehr als die Hälfte), sowohl nach Anzahl als auch auf den Textumfang bezogen. Bei der für die Ordnung maßgebenden Namensansetzung von Personen und Körperschaften wurden Artikel grundsätzlich ignoriert (Hinweis im Vorwort), was vor allem bei französischen Namen zu ungewohnten Einordnungen führt (z.B. Le Nôtre unter Nôtre), Personen des Mittelalters und frühere stehen teils unter dem Beinamen, teils unter dem Personennamen (z.B. Apollodorus of Damascus unter Apollodorus, Odo of Metz unter Metz), von den nicht benutzten Namensformen wurde nicht immer verwiesen. Auch bei den Architektengruppen oder Architekturströmungen fehlen manchmal die Verweisungen von Abkürzungs- oder Langformen. Inkonsequent ist die Ansetzung und damit die Ordnung bei den nach Personen benannten Kunststilen: Henri II und Henri IV, aber Louis Quatorze, Louis Quinze, Louis Seize, Louis Treize.
Die Bibliographie führt (überschlägig ermittelt) rd. 3200 Titel auf,
bis auf ganz wenige Zeitschriftenaufsätze nur Monographien mit
Erscheinungsjahr von 1550 bis 1998. Die Reihenfolge der Titel in der
Bibliographie ist alphabetisch nach Autoren, innerhalb eines Autors
nach Erscheinungsjahr, so daß die zuvor zitierte Literatur in den
meisten Fällen problemlos gefunden werden kann. Stark abgekürzte Titel
sollten jedoch in der Bibliographie auch unter der Abkürzung
aufgeführt werden oder es sollte von dort eine Verweisung an die
Einordnungsstelle führen: DAB und DNB sucht man vergebens, gemeint
sind Dictionary of American biography und Dictionary of national
biography. Auch "Saur (1994)" wird ein Leser nicht finden, es gibt
"Saur, K. G. (1991 - ) Allgemeines Künstlerlexikon", gemeint ist mit
1994 das Erscheinungsjahr des betreffenden Bandes; so wurde bei allen
mehrbändigen Werken zitiert. Benutzerunfreundlich ist auch die Praxis,
bei den Zitiertiteln im Lexikonteil das Erscheinungsjahr des Reprints
zu nennen, da es dem fachlich weniger versierten Benutzer eine neuere
Quelle suggeriert und dieser erst in der Bibliographie den wahren
Sachverhalt bemerkt.[2] Der Nutzen der Bibliographie zum Zweck der
Verifikation ist eingeschränkt, da von zweiten und weiteren Verfassern
nicht verwiesen wird, ebenso nicht von Doppelnamen.
Die Anzahl orthographischer Fehler bei fremdsprachigen Wörtern in
englischsprachigen Publikationen ist im allgemeinen hoch, in der
vorliegenden Ausgabe jedoch erfreulich niedrig. Schwierigste Titel
werden mit Umlauten fehlerfrei geschrieben, bei einfachen Wörtern wird
dann z.B. aus Entfaltung schon mal eine Einfaltung, oder - etwas
schwerwiegender - aus dem Autor Hoeltje ein Hoeljte, und Eugène
Freysinnet heißt richtig Freyssinet. In den biographischen Artikeln,
in denen auch viele Städte genannt werden, ist offenbar beliebig
zwischen englischsprachiger Benennung und deutschem Namen gewechselt.[3]
Bei Bezeichnungen von Gebäuden wurden teils die landessprachlichen
(Eigen-) Namen beibehalten und eine Übersetzung in Klammern angefügt
(Bergkirche - hill chapel), teils nur die englische Übersetzung, teils
nur Namen in der Landessprache ohne Übersetzung genannt. Einige
deutsche Begriffe haben offenbar Eingang in die englische Fachsprache
gefunden, denn es gibt als eigene Artikel: Backsteingotik,
Biedermeier, Bürolandschaft, Ersatz Architecture,[4] Kitsch,
Rundbogenstil, Sondergotik und Wandpfeiler.
Die beiden nicht aufeinander Bezug nehmenden Einträge von Eginhart und
Einhart ließen aufmerken, denn es handelt sich hierbei um verschiedene
Namen für ein und dieselbe Person.[5] Als Quelle wird für beide das
Lexikon von Sturgis[6] angegeben, und eine Überprüfung ergab, daß es
auch dort zwei Einträge für zwei Personen gibt. Die Warnung des Autors
(im Vorwort) vor den veralteten und mittlerweile überholten Angaben
von Sturgis und Papworth[7] war also angebracht. Daraufhin wurden
beispielhaft die Buchstabengruppen A - G hinsichtlich ihrer
Quellenangaben durchgesehen: es fanden sich noch elf Personen mit
Sturgis oder Papworth als alleiniger Quelle. Eine Suche (in
elektronischen Katalogen) nach neuerer Sekundärliteratur erbrachte
jedoch nur zu zwei Architekten (Karl Bötticher und August Ottmar v.
Essenwein) weitere Titel, bei den anderen Architekten und Künstlern[8]
wird wohl nur eine intensive Beschäftigung mit Spezialschrifttum
weitere Hinweise zu Tage fördern.
Der Leser findet hier ein Lexikon, das sowohl Fachbegriffe erläutert
als auch in erheblichem Umfang biographische Informationen liefert.
Die Definitionen der Fachbegriffe waren für die Rezensentin mit
durchschnittlichen Englischkenntnissen nicht immer zu verstehen, die
biographischen Artikel und Beschreibungen der Architekturstile
bereiteten dagegen keine Mühe. Für den deutschsprachigen Benutzer wird
der größere Wert in den Biographien liegen, zumal auch deutsche
Architekten unerwartet zahlreich vertreten sind. Nützlich sind die
jeweils direkt zugeordneten Literaturhinweise. In Einzelfällen hätte
der Forschungsstand noch überprüft und durch eine einfache Recherche
aktualisiert oder durch neuere Literaturhinweise ergänzt werden
können, insgesamt ist es aber ein Werk von guter Qualität. Der
Verlagspreis von œ 25.00 ist beim Internet-Buchhändler Amazon bereits
auf œ 20.00 reduziert.[9]
Angelika Weber
Zurück an den Bildanfang