Das Taschenbuch für deutsche Sänger[1] mit Berichtsstand 1863 gab dann nach eigener Einschätzung "erstmals einen umfassenden Überblick, wie sich innerhalb weniger Jahrzehnte über den gesamten deutschen Sprachraum ein Netz neuartiger Organisationen in Gestalt von Männergesangvereinen legte" (S. 2*), die sich schließlich häufig zu Sängerbünden, gipfelnd im 1862 gegründeten Allgemeinen Deutschen Sängerbund, zusammenschlossen. Die Herausgeber messen dabei der Tatsache, daß das Taschenbuch in Wien erschien und dort zusammengestellt worden war, im Hinblick auf die Frage der klein- oder großdeutschen Lösung besondere Bedeutung bei (S. 2*). Verzeichnet sind darüber hinaus auch deutsche Chöre des Auslands.
Obwohl sich das Taschenbuch für deutsche Sänger 1864 als 1. Jahrgang
ausweist und der Herausgeber Kral in seiner Vorrede darum bittet, ihm
Fehler und Lücken zu melden, ist mehr nicht erschienen. Brusniak[2] und
Klenke machen dafür den konkurrierenden, im selben Jahr erschienenen
deutschen Sänger-Almanach Germania[3] verantwortlich (S. 8). Daß Lücken
vorhanden sind, beweist das Beispiel Tübingens: zwar kann der erst
1865 gegründete Silcherbund[4] nicht verzeichnet sein, doch fehlt auch
der seit 1844 existierende Weingärtner Liederkranz.[5]
Der Hauptteil besteht aus drei Teilen: 1. Einzelvereine: die Angaben
reichen von knappsten Einträgen wie Bingen am Rhein. Gesangverein oder
gar nur dem Ort bis zu Eintragungen mit umfangreicheren Informationen
wie Gründungsdatum, Mitgliederzahl, Beiträge, Satzung, Probentermine
und -orte, Hinweise auf Auftritte, Sängersprüche, Angabe
verantwortlicher Personen wie z.B. Dirigent, Kassier, Schriftführer,
Beschreibung der Fahne, Preise u.ä.; 2. Sängerbünde mit entsprechenden
Angaben; 3. Der Allgemeine Deutsche Sängerbund: Gründung, gesamt- und
geschäftsführender Ausschuß, beteiligte Sängerbünde. Es folgen dessen
Satzungen sowie die Geschäftsordnung; ferner zwei Abhandlungen: Das
deutsche Sängerwesen in der neuesten Zeit von Dr. Karl Pfaff in
Esslingen[6] sowie Franz Schubert in seinem Verhältniss zu dem
mehrstimmigen, insbesondere dem Männergesang von H. v. K. (das ist der
Schubert-Biograph Heinrich Kreißle Edler von Hellborn,[7] vgl. Einf. S
1* und 10*); eine geographische und eine chronologische (nach dem
Gründungsdatum) Übersicht über die Chöre; eine Liste der bestehenden
Gesangszeitungen sowie Nachträge. Auf ein Abkürzungsverzeichnis wurde
verzichtet, weil "die gebrauchten Abkürzungen ... von der Art [sind],
dass sie jeder Sänger leicht zu vervollständigen im Stande sein wird
...". Ob auch die Leser des Reprints mit Abkürzungen wie z.B. "V.J.",
"S.Z.", die öfter vorkommen, etwas anfangen können, bleibe
dahingestellt und man hätte deswegen dem Reprint ein solches
Verzeichnis gewünscht.
Das Taschenbuch für deutsche Sänger kann in vielerlei Hinsicht
nützliche Dienste leisten: als historische Quelle veröffentlicht
- wobei die Erforschung des Sängerwesens gerade eine Renaissance zu
erleben scheint[8] -, könnte es darüber hinaus auch im
bibliothekarischen Bereich als Ergänzung der Hilfsmittel zur Ansetzung
von Körperschaften Verwendung finden.
Martina Rommel
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