Die hier besprochene Veröffentlichung erfüllt dieses Bedürfnis voll
und ganz. Sie hat eine lange Geschichte: die 1. Aufl. erschien u.d.T.
Politische Theorien und Ideologien bereits 1974,[1] und die 2. Aufl.
1977. Es folgte dann eine erweiterte Ausgabe u.d.T. Handbuch
politischer Theorien und Ideologien.[2] 1995 und 1996 erschien dann die
1. Aufl. des nunmehr zweibändigen Handbuchs politische Theorien und
Ideologien, dessen jetzt in 2. Aufl. vorgelegter Bd. 1 Anlaß zur
Besprechung des Werkes ist, dessen Umfang und Inhalt im Laufe der Zeit
substantiell erweitert wurde.
Der Herausgeber und die meisten Autoren sind dem Gießener
politikwissenschaftlichen Institut verbunden. Bei manchen
Veröffentlichungen führt eine solche lokale Einschränkung auch zu
thematischen Verengungen, was sich hier jedoch keineswegs feststellen
läßt.
Das Werk ist mit seinen zusammen rund 1200 Seiten sehr umfangreich,
die 24 Artikel sind durchschnittlich 45 Seiten lang. Die Gliederung
wird jeweils zu Anfang in einer Übersicht dargestellt, wichtige
Begriffe sind kursiv gesetzt, der Text ist mit Zitaten und Fußnoten
versehen und den Schluß bildet jeweils ein umfangreiches
Literaturverzeichnis. Von letzterem behauptet der Klappentext, daß es
z.T. annotiert sei, was leider nicht zutrifft.
Eine Schwierigkeit der politischen Theorie als Fachgebiet besteht
immer noch darin, ob sie als politische Ideengeschichte oder als
aktuelle politische Theorie verstanden werden soll. Im Handbuch
politische Theorien und Ideologien werden nur die politischen Theorien
der letzten dreihundert Jahre behandelt, was einen gelungenen
Kompromiß darstellt. Man findet also keine älteren Theoretiker, wie
z.B. Locke, Hobbes oder Machiavelli. Diese Schwerpunktsetzung ist zu
vertreten, gibt es doch andere Werke, welche die ganze politische
Ideengeschichte abdecken.[3]
Die Artikel behandeln u.a.: Demokratietheorie, Liberalismus,
Konservatismus, Staatstheorien, Sozialismus, Anarchismus,
Kapitalismus, Nationalismus etc., also soz. die ganzen gewichtigen
-Ismen des Faches. Man merkt bei der Auswahl sogleich, daß der
Herausgeber sich bemüht hat, den neueren Diskussionen in der
Politikwissenschaft Rechnung zu tragen, und so findet man
beispielsweise Artikel wie Kommunitarismus, Neubeschreibungen der
Demokratie, Vom Umgang mit der Natur, Feminismus u.a. Dies ist sehr
verdienstvoll, da es bei manchen dieser Themen für Studierende immer
noch schwierig ist, einen bündigen, gleichzeitig aber "gültigen"
Zugang zu den Diskussionen zu bekommen, da sie entweder zerstreut in
den Diskursen der Zeitschriften oder in umfangreicheren Monographien
zu finden sind, was von Studierenden nicht immer als verarbeitbar
angesehen wird.
Eher abwegig findet der Rezensent die Artikel zur politischen Bildung,
politischen Psychologie, politischen Ethik oder politischen
Partizipation, da es sich hierbei eigentlich um Teilgebiete der
Politikwissenschaft handelt, die nicht zur politischen Theorie
gerechnet werden können. Gleichwohl gilt auch hier, daß es angenehm
ist, diese Gebiete zusammengefaßt in Artikeln behandelt zu finden.
Die Artikel sind durchweg sehr ausgewogen, das Bemühen um eine gute
Einführung in das Sachgebiet ist stets zu spüren. Ebenso sind die
Zitate sehr gut ausgewählt. Allenfalls bestehende Lücken sind
vernachlässigbar.[4]
Die Erschließung ist zufriedenstellend. Die Artikel sind hervorragend
gegliedert, so daß schon durch die Struktur Transparenz bezüglich des
Inhalts besteht. Beide Bände bieten ein Personen- und Sachregister,
das zwar nicht umfangreich, aber ausreichend ist. Es gilt lediglich
für den jeweiligen Band, was einerseits ein Manko darstellt,
andererseits aber wegen der unterschiedlichen Auflagen nicht zu
vermeiden ist.
Die beiden Bände sollten in keinem Informationsbestand und in keiner
Lehrbuchsammlung fehlen, da sie eine gute, ausgewogene und aktuelle
Einführung in ein größeres Teilgebiet der Politikwissenschaft bieten.
Jürgen Plieninger
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