Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Handbuch der europäischen Integration


99-1/4-375
Handbuch der europäischen Integration : Strategie, Struktur, Politik der Europäischen Union / hrsg. von Moritz Röttinger und Claudia Weyringer. - 2., vollkommen neu bearb. und erg. Aufl. - Wien : Manz ; Köln : Bundesanzeiger ; Bern : Stämpfli, 1996. - XXXVIII, 1153 S. : graph. Darst. ; 23 cm. - ISBN 3-214-05991-2 (Manz) : ÖS 2336.00 - ISBN 3-88784-672-9 (Bundesanzeiger) : DM 298.00 - ISBN 3-7272-9621-6 (Stämpfli) : SFr. 284.00
[5298]

Dieses Handbuch unterscheidet sich von den anderen hier besprochenen Nachschlagewerken zur Europäischen Union (EU) nicht nur durch seinen hohen Preis, sondern auch von den Autoren her, da die Beiträger von ihrer Ausbildung her überwiegend Juristen und von ihrer Tätigkeit her fast ausschließlich Beschäftigte der EU-Verwaltung (darunter drei Kommissare) oder Beschäftigte von Lobbyisten sind (bzw. - was die Kommissare angeht - damals waren). Politikwissenschaftler sind nur in geringem Maße beteiligt, was sich nachhaltig auf den Inhalt auswirkt. Es werden zwar dieselben Sachverhalte wie in anderen Nachschlagewerken zum Thema behandelt, jedoch vor allem auf europarechtlichem Hintergrund. Des weiteren sind vor allem deutschsprachige Autoren beteiligt, hiervon wieder ein großer Teil Österreicher, was mit der Nationalität der Herausgeber zusammenhängt.

Dem Vorspann mit dem Inhaltsverzeichnis, einem Abkürzungs- und einem ausführlichen Autorenverzeichnis folgen die vier Teile: Grundlagen und Organisation der Gemeinschaftsinstitutionen, Integration, Außenbeziehungen und Politikfelder. Insgesamt enthält der Band 39 Artikel von durchschnittlich 28 Seiten Umfang, an deren Anfang eine Übersicht über den gut strukturierten Inhalt steht. Literaturangaben werden verhältnismäßig selten angegeben, die zahlreichen Fußnoten betreffen in hohem Umfang Hinweise auf die Verträge zur EU/EG, Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, Dokumente und offizielle Schriften. Ab und zu finden sich graphische Darstellungen und Tabellen. Am Schluß findet man ein Glossar (24 S.) und ein mit 22 S. und kleinem Druck sehr umfangreiches Stichwortverzeichnis, das Personennamen und Sachbegriffe enthält.

Bei der Auswahl der Artikel und insgesamt beim Inhalt ließ sich keine Lücke feststellen. Der Inhalt unterscheidet sich stark von anderen Nachschlagewerken zur EU, da der Schwerpunkt ganz auf der rechtlichen Grundlage des jeweiligen Themas liegt. Da hier andere Nachschlagewerke doch teils erhebliche Lücken haben, ist dieses Werk eine gute Ergänzung oder sogar, wenn es vor allem um die rechtlichen Grundlagen (oder auch die Geschäftsordnung) einer Institution oder eines Politikfeldes geht, sogar die erste Wahl. Aber das gilt auch andersherum: Wenn es sich bei der Benutzung eher um geschichtliche Aspekte der EU handelt oder um die politische Dimensionen einer Institution, eines Politikfelds oder einer bestimmten Debatte, dann sind andere Nachschlagewerke vorzuziehen.

Auch bei der Benutzerfreundlichkeit und Erschließung macht sich der juristische Hintergrund von Autoren und Herausgebern bemerkbar, da das Werk als Kompendium gestaltet ist. Die Gliederung ist exzellent und transparent und außerdem sind im Text wichtige Begriffe im Fettdruck hervorgehoben. Dies kommt der leichten Benutzung außerordentlich zugute. Das Register ist umfangreich und zuverlässig, was aufgrund der doch langen Artikel besonders wichtig ist.

Alles in allem ist das Handbuch der europäischen Integration trotz des sehr hohen Preises ein "Muß" überall dort, wo Informationen zur EU gerade hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen der europäischen Integration benötigt werden. Einschränkend muß man hier darauf hinweisen, daß die Änderungen des Amsterdamer Vertrages von 1997 noch nicht berücksichtigt sind, was den Wert etwas schmälert. Die durch diesen Vertrag bedingten Veränderungen an den europäischen Verträgen sind zwar nicht so gravierend wie jene des Maastrichter Vertrags von 1992, dennoch sollte man bei der Benutzung aktuellere Nachschlagewerke ergänzend hinzuziehen.

Jürgen Plieninger


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