Der Zeitraum, den das Lexikon im wesentlichen abdeckt, reicht von der Florentiner Frührenaissance (Masaccio, Brunelleschi, Donatello) bis ins späte 16. Jahrhundert. Zwar wird im Vorwort von Dominique Fernandez die Ansicht vertreten, daß die Renaissance mit Giotto und Petrarca begonnen habe, doch relativiert Henri Zerner in seiner Introduction, nur drei Seiten nach Fernandez' Ausführungen, diese Ansicht sogleich, indem er auf die Problematik der Epochenabgrenzung verweist. Die in der Encyclop‘dia universalis selbstverständlich vorhandenen Artikel zu Giotto und Petrarca sind im Dictionnaire de la renaissance jedenfalls nicht zu finden.
Der weitaus größte Teil der Artikel widmet sich Einzelpersonen, wobei der Schwerpunkt eindeutig im Bereich der bildenden Kunst und Musik liegt. Literatur und Politik treten im Vergleich dazu in den Hintergrund. Im Register finden sich etwa unter dem Lemma Musique 43 Einträge, unter Néo-Latine, littérature bei 17 Stichwörtern aber lediglich fünf italienische Autoren (Bembo, Ficino, Pico, Polizian und Valla). Die von kunstgeschichtlichen Interessen bestimmte Ausrichtung gilt auch für die vergleichsweise wenigen Artikel über Sachbegriffe (z.B. Fresque, Madrigal), von denen jedoch einige den Charakter allgemeinerer Überblicke und den Umfang kleiner Abhandlungen annehmen (so z.B. Art, S. 63 - 78; États de la Renaissance, S. 311 - 332; Humanisme & arts visuels, S. 419 - 433; Maniérisme, S. 541 - 559).
Die Herkunft der Artikel aus den beiden unterschiedlichen Abteilungen der Encyclop‘dia universalis (nämlich Corpus und Thesaurus) spiegelt sich in ihrem Umfang ebenso wider wie darin, daß sie teils mit ausführlichen Literaturhinweisen enden, teils auf solche bedauerlicherweise ganz verzichten.
Die sechzehn Farbtafeln, die fast ausschließlich bekannte Werke italienischer Künstler zeigen, sind zwar von recht guter Qualität (wobei der Dom von Florenz allerdings seitenverkehrt abgebildet wurde), doch aus unerfindlichen Gründen wird auf sie an keiner Stelle im Text verwiesen, selbst wenn sie gelegentlich die Ausführungen einzelner Artikel veranschaulichen würden.
Ein Vergleich mit ebenfalls einbändigen Renaissance-Lexika aus dem
deutschen und englischen Sprachraum[2] zeigt erwartungsgemäß, daß die
Konzentration auf biographische Artikel zum Bereich der Kunst eine
größere Ausführlichkeit bei relativ geringer Artikelzahl ermöglicht.
Allerdings löst der Band damit den im Titel enthaltenen Anspruch, die
Renaissance insgesamt zu erschließen, nicht ein. Als kompaktes Lexikon
mit Schwerpunkt bei der Kunst kann der Dictionnaire de la renaissance
jedoch gute Dienste tun.
Christian Heitzmann
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