Russische Staatsangehörige, die in diesem Zeitraum an der Universität
Heidelberg studiert haben, wurden möglichst vollständig einbezogen,
ferner solche, "die im weitesten Sinne eine gewisse Rolle in den
Bereichen Kunst, Literatur und Politik gespielt haben" (S. 1), also
z.B. Nikolaj Pirogov, nach dem die 1862 gegründete "Lesehalle" benannt
ist, die 1931 den Grundstock der Bibliothek des Slavischen Instituts
bildete,[4] Ivan Turgenev, der in den 60er Jahren mehrfach Heidelberg
besuchte oder Osip Mandel'stam, der im Wintersemester 1909/10 Student
der Philosophischen Fakultät gewesen ist. Die Vielzahl der
Nationalitäten im Russischen Imperium bedingt, daß viele Nichtrussen
die russische Staatsangehörigkeit besaßen und dementsprechend ist auch
der spätere CSU-Bundestagsabgeordnete Baron Georg von
Manteuffel-Szoege als Student von 1909 - 1911 verzeichnet, da er als
Deutscher aus dem Baltikum (Kurland) kam. Die Angaben im Einzelfall
sind knapp gehalten. Soweit ermittelt, werden Geburts- und Todesjahr
sowie -ort genannt, ferner Beruf, Religionszugehörigkeit, Zeitpunkt
des Aufenthalts in Heidelberg und Quelle(n). Vergleicht man die
Angaben über Siegfried Vegesack mit Kröners Lexikon der Weltliteratur,
bedauert man, daß bei dem Geburtsort auf die nähere Angabe "bei
Womar/Livland" verzichtet wurde. Die Angabe des Ortes oder
Gouvernements in Rußland, von wo die in das Lexikon Aufgenommenen
kamen, wäre von Interesse gewesen. Birkenmaier geht aber davon aus,
daß sich über fast alle 2500 Genannten nähere Angaben in anderen
Lexika finden, die er unter den Quellen anführt. Er will lediglich auf
ihre Aufenthalte in Heidelberg verweisen.
Erweitert ist das Lexikon um ein Verzeichnis der etwa 170 Heidelberger
Dissertationen russischer Staatsangehöriger, und man nimmt verwundert
zur Kenntnis, daß Professor Nicolai von Bubnoff, einer der Vorgänger
Birkenmaiers am Dolmetscherinstitut, 1908 mit einer philosophischen
Dissertation von nur 52 Seiten promoviert wurde.
Die Universität Heidelberg wurde von Russen geschätzt. Ende des
vorigen Jahrhunderts entstand dort ein Zentrum
sozialdemokratisch-antizaristisch eingestellter russischer Studenten.
Im Rahmen der Emigrationswelle infolge des bolschewistischen Umsturzes
1917 gelangten erneut Russen nach Heidelberg, und Emigranten wie
Dmitrij Tschizewski bildeten als Hochschullehrer und Rufina Sukoffski
als Lektorin an der Universität (Philosophische Fakultät und
Dolmetscherinstitut) zahlreiche Studentengenerationen aus. Eine
Erforschung dieses Zeitraums würde Willy Birkenmaiers wertvolle
Veröffentlichungen gut ergänzen.
Wolfgang Kasack
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