Nach umfangreichen Vor-, Gruß- und Geleitworten - u.a. eines von Frau Umweltministerin Martini aus Rheinland-Pfalz (warum kein Grußwort von der Amtskollegin aus NRW, dem Erscheinungsland des Buches?) und der Einleitung werden zunächst die im Forster/Wohlfahrt vorkommenden Fremdwörter, Fachausdrücke und biologische Begriffe erläutert. Daran anschließend folgt der Hauptteil des Werkes, die Beschreibung der nach Artnummern geordneten Tagfalternamen. Fünf Anhänge, ein Literaturverzeichnis und zwei Namensverzeichnissen, nach Artnummern und alphabetisch, bilden den Abschluß.
Wie ein roter Faden durchzieht das Buch eine Erklärungs- und
Verweisungswut ungeahnten Ausmaßes, von der auch Vorwort und
Einleitung nicht verschont bleiben. Die Fußnoten werden auf jeder
Seite neu gezählt und können schon mal die stolze Zahl von 35
erreichen. Mancher Satz über drei Zeilen gebiert bis zu sechs
Fußnoten. Ist es denn wirklich nötig, Begriffe, die jedem halbwegs
gebildeten Mitteleuropäer geläufig sein müßten, wie Autor, Doktor,
Direktor, Genitiv, Grammatik oder seriös, meist auch noch wiederholt,
ausschweifend zu erläutern?[4]
Bei den Schmetterlingsnamen, die sich in der Mehrzahl aus dem
Griechischen herleiten, ist eine Übertragung in die lateinische
Schrift leider nicht erfolgt, denn der Verfasser ist laut Einleitung
der Meinung, daß dies niemandem dienlich wäre, viel Platz beanspruche
und die Lesbarkeit des Textes merklich erschweren würde. Der Rezensent
hält dies für eine krasse Fehleinschätzung, denn die Zahl der
Latinisten dürfte die der Graecisten doch erheblich übersteigen. Und
ob man sich die Mühe macht, anhand des Anhanges V[5] - Gegenüberstellung
des griechischen und lateinischen Alphabets - zu transliterieren, ist
wirklich fraglich.
Die Schmetterlingsnamen selbst sind mehr als erschöpfend behandelt.
Beispielsweise erfährt man bei der Familie Pieridae (Weißlinge, zu
denen so bekannte Arten wie Zitronenfalter und Kohlweißling gehören),
nicht nur viel über die Landschaften Pieria und Emathia, sondern auch
über den Fürsten Pierus, den Dichter Orpheus und den Göttervater Zeus,
natürlich mit einer Unzahl von Verweisungen auf weitere Götter,
Fürsten, Helden usw. Unverständlich ist allerdings, warum die
Familiennamen der Tagfalter nicht im Hauptteil enthalten sind, sondern
im Kapitel Erklärungen von Fremdwörtern und Fachausdrücken beschrieben
werden. Glücklicherweise wird fleißig hin- und herverwiesen.
Der Anhang 1 erläutert Fremdwörter und Fachausdrücke aus Vorwort und
Einleitung, mit den bereits oben angeführten Trivialbeispielen, die
Anhänge 2 bis 4 enthalten Namenslisten von Töchtern und Söhnen
mythologischer Könige nach verschiedenen antiken Schriftstellern. Und
man traut seinen Augen nicht, ohne Verweisungen auf die entsprechenden
Falternamen, was sich aber gerade hier angeboten hätte. Anhang 5
beinhaltet das bereits erwähnte griechische und lateinische Alphabet.
Das Literaturverzeichnis zählt etwas über 80 Titel - bibliographisch
nicht sonderlich korrekt - von denen aber nur 35 % biologischen
und/oder lepidepterologischen Inhalts sind. Das Bestimmungsbuch von
Schauer/Caspari[6] ist nicht nur falsch zitiert, sondern auch doppelt
verzeichnet; mal unter der Reihe, mal unter dem Autor. Und was der
Beitrag von Walter Michels[7] mit dem Thema zu tun hat, bleibt
rätselhaft.
Das nach Artnummern geordnete Namensverzeichnis erscheint entbehrlich,
da ohne die Vorlage von Forster/Wohlfahrt die Nummern nichts aussagen.
Das alphabetische Namensverzeichnis hingegen ist wirklich nützlich,
denn nur damit kommt man schnell und gezielt zur gewünschten
Erläuterung. Ein Namensverzeichnis, das vom deutschen Namen auf den
lateinischen verweist, wäre angebracht und wünschenswert.
Fazit: Dieses Werk ist eine Fundgrube griechischer Geschichte und
Mythologie, dargestellt am Beispiel der Schmetterlingsnamen und könnte
gut als Nachschlagewerk in einer historischen Abteilung stehen. Als
biologische Fachpublikation ist es nicht unbedingt zu sehen. Die
Akribie, mit der sich der Verfasser über 12 Jahre hinweg dieser
Aufgabe verschrieben hat, verdient Bewunderung. Bei dieser mühevollen
Arbeit ist leider die Übersichtlichkeit und Klarheit auf der Strecke
geblieben. Einiges erscheint, wie bereits erwähnt, entbehrlich,
anderes hätte man straffen und besser gliedern können. Der Zwang zur
permanenten Erläuterung und Verweisung führt zu unnötigen
Wiederholungen und erschwert die Lektüre. Ironischerweise zitiert der
Verfasser am Ende der Einleitung aus einem Spätwerk Ovids, was nach
seiner Meinung für ihn gelten könnte: " ... so fehlt dem, was ich
schrieb, leider das letzte, der Schliff." Dem ist - leider - nichts
hinzuzufügen.
Joachim Ringleb
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