Während bei der Verzeichnung der Sekundärliteratur Lücken leichter
verzeihlich sind,[6] wiegt der Mangel, daß trotz "langjähriger
Recherchen" das Werkverzeichnis nicht vollständig zu sein scheint,
schon schwerer: auf diesen ist der Rezensent (der kein
Otto-Gross-Spezialist ist) allerdings über Lücken bei der Verzeichnung
der Sekundärliteratur gestoßen, genauer gesagt bei der Überprüfung des
Abschnitts Bibliographien und Nachschlagewerke: während hier die
Fundstellen in den gängigen Literaturlexika ebenso berücksichtigt
sind, wie die in den Nachschlagewerken zur Psychoanalyse, haben die
Bearbeiter ausgerechnet die am reichlichsten fließende Quelle zur
Biobibliographie von Otto Gross übersehen, nämlich den Artikel in dem
bereits 1996 erschienenen dreibändigen Werk von Alma Kreuter über
Deutschsprachige Neurologen und Psychiater,[7] das mehrere Ergänzungen
bietet (wobei allerdings bei der bekannte Unzuverlässigkeit im Detail
von Kreuter Vorsicht am Platz ist[8]): ohne daß der Rezensent ersteren
Titel nachgeprüft hätte, wäre der Aufsatz Die kommunistische Grundidee
in der Paradiessymbolik in der Zeitschrift Sowjet. - 2 (1920) zu
ergänzen,[9] sowie eine wichtige und ausführliche Rezension eines seiner
Bücher;[10] dazu käme eine weitere Rundfunksendung, die die Rubrik
AV-Materialien bereichert hätte. Auch enthält die relativ ausführliche
Biographie bei Kreuter Informationen, die in den erwähnten Lexika
fehlen, darunter den Hinweis auf die Existenz eines Sohnes,[11] von dem
auch der biographische Abriß aus der Feder des "Gefährten" Franz Jung,
der der Personalbibliographie vorangestellt ist (S. 5 - 6), nichts
berichtet.
Außer den beklagenswerten Defiziten bei der bibliographischen Methode
sollten sich die Bearbeiter für eine bereits avisierte "spätere
Auflage" der Bibliographie noch einmal gründlich aller verfügbaren
Quellen versichern.[12]
Klaus Schreiber
- [1]
- Im Index Expressionismus. - 2,2 (1972), S. 750 - 751 sind 14
Beiträge von O. Gross nachgewiesen, die bis auf zwei auch in der
vorliegenden Personalbibliographie verzeichnet sind; da in diesen
beiden Fällen die Autorschaft als fraglich angegeben ist, bliebe dies
zu prüfen.
(zurück)
- [2]
- Als Beleg dafür genügt die Feststellung, daß Otto Gross in Bd. 7
(1966) der NDB keinen eigenen Artikel erhält, sondern es gerade zu
einer bloßen Erwähnung in der ausführlichen Biographie (S. 139 - 141
und nicht, wie hier unter Nr. 57 zitiert, S. 140 - 141) seines Vaters
Hans Gross, eines berühmten Kriminologen und Strafrechtslehrers
reicht. Das zerrüttete Verhältnis zu seinem Vater, der ihn sogar
zeitweise entmündigen ließ, findet seinen Niederschlag in mehreren
Arbeiten des Sohnes. - Die Deutsche biographische Enzyklopädie. - Bd.
4 (1996), S. 192 - 193 hat dann (dank Killy) einen Artikel.
(zurück)
- [3]
- Literatur-Lexikon (Killy), Bd. 4 (1989), S. 370.
(zurück)
- [4]
- Zitiert nach Kreuter (s.u.), Bd. 1, S. 474.
(zurück)
- [5]
- Unter diesen sind vermutlich die "sämtlichen bekannten
Photographien von Gross", die in der Bibliographie reproduziert
werden.
(zurück)
- [6]
- Die 11 in Heiner Schmidts Quellenlexikon zur deutschen
Literaturgeschichte (Bd. 9, 1996, S. 439) nachgewiesenen Beiträge sind
sämtlich auch in der Personalbibliographie verzeichnet.
(zurück)
- [7]
- Deutschsprachige Neurologen und Psychiater : ein
biographisch-bibliographisches Lexikon von den Vorläufern bis zur
Mitte des 20. Jahrhunderts / Alma Kreuter. Mit einem Geleitwort von
Hanns Hippius und Paul Hoff. - München [u.a.] : Saur, 1996. - Bd. 1
- 3. - IX, 1629 S. ; 25 cm. - ISBN 3-598-11196-7 : DM 978.00 [3128].
- Rez.: IFB 99-B09-425.
(zurück)
- [8]
- In der zitierten Rezension wurden einschlägige Beispiele angeführt
und auch im vorliegenden Fall ist etwa ein Aufsatz aus dem Archiv für
die gesamte Physiologie ... - 112 (1906), S. 302 - 310 zitiert, dessen
Verfasser allerdings ein Oscar Gross ist, der mit Otto Gross nichts zu
tun hat.
(zurück)
- [9]
- Die Personalbibliographie verzeichnet unter Nr. 37 nur einen aus
Bd. 1 (1919) derselben Zeitschrift.
(zurück)
- [10]
- L. W. Weber bespricht in der Monatsschrift für Psychiatrie und
Neurologie. - 25 (1909), S. 90 - 96 sowohl Das Freudsche
Ideogenitätsmoment und seine Bedeutung im manisch-depressiven Irresein
Kräpelins von Otto Gross (Leipzig, 1907) als auch Der Inhalt der
Psychose von C. G. Jung (Leipzig ; Wien, 1908).
(zurück)
- [11]
- "Am 8.6.1934 bat ein Herr Peter Gross, Lübeck ... zum Zweck der
medizinischen Approbationserteilung um eine Bestätigung über die
Tätigkeit seines Vaters, Dr. Otto Gross aus Graz, ... an der
Psychiatrischen Klinik der Universität München in den Jahren 1906 bis
1910. Antwort des Rektors der Universität München vom 25.6.1934: Dr.
Otto Gross war weder als Privatdozent noch als Assistent an der
Universität München tätig. (Aus den Akten des Universitätsarchivs
Nervenklinik - Personal)" (Bd. 1 S. 474). - Am Anfang des Artikels (S.
473) heißt es jedoch: "1906 Übersiedlung an die Psychiatrische Klinik
in München als Assistent von Emil Kraepelin."
- Daß Gross in München in der Schwabinger Bohème verkehrte und in Ascona
und auf dem Monte Verità in die (alternative) Kultur von damals
eintauchte, ist ebenso bekannt, wie die Tatsache, daß er 1907 Vater
zweier - beide Peter genannter - Söhne wurde, der eine von seiner Frau
Frieda, der andere von Elsa von Richthofen (1874 - 1972), die mit dem
Nationalökonomen Edgar Jaffe (1865 - 1921) verheiratet war (dessen
Geliebte zeitweise die Gräfin Franziska von Reventlow war) und die
- nachdem sie bereits 1900 mit Alfred Weber (1868 - 1958) verlobt war
-,
später in Heidelberg mit diesem zusammenlebte. Übrigens war auch Max
Weber in diese Beziehungen verwoben (vgl. Von Dämonen verfolgt : Max
Weber, die Frauen und die Wissenschaft / Gregor Schöllgen. // In:
Frankfurter Allgemeine. - 98-02-21, S. III : Ill.), und nachdem Karl
Jaspers davon erfahren hatte, blieb die in seinem Heidelberger
Arbeitszimmer stehende Büste Webers fürderhin mit einem Tuch verhüllt
[freundliche Mitteilung einer früheren Kollegin des Rezensenten, die
in Jaspers' Haus ein- und ausging]. Elses Schwester Frieda übrigens
verließ ihren Mann, um Lebens(abschnitts)gefährtin von D. H. Lawrence
zu werden. Daß auch der weiter oben erwähnte C. G. Jung in Ascona
verkehrte, ist gleichfalls bekannt; vgl. Gelehrten-Picknick mit
Jung-Frauen / Julia Encke. // In: Frankfurter Allgemeine. - 99-08-31,
S. 53 : Ill.
(zurück)
- [12]
- Da der Verleger nachträglich noch ein weiteres Bändchen aus
derselben Reihe (gleichfalls "zur Entlastung" mit "einer kurzen
Darstellung des Werkes") übermittelt hat, sei hier wenigstens der
Titel angezeigt und zum Nutzen des Verfassers gleich auf zwei
amerikanische Neuerscheinungen hingewiesen:
- Schamanismus : eine kommentierte Bibliographie 1914 - 1998 ; 125
Bücher und Dissertationen in Kurzrezensionen / Torsten Passie. Mit
einem Beitr. von Christian Scharfetter. - 3. erw. Aufl. - Hannover :
Laurentius-Verlag, 1999. - 128 S. : Ill. ; 19 cm. - (Kleine
bibliographische Reihe der Zeitschrift Laurentius ; 1). - ISBN
3-931614-81-6 : DM 38.00 [5739].
- Encyclopedia of native American shamanism : sacred ceremonies of North
America / William S. Lyon. - Santa Barbara, CA ; Oxford : ABC-Clio,
1998. - 468 S. - ISBN 0-87436-933-9 : $ 65.00.
- Native North American shamanism : an annotated bibliography / comp. by
Shelley Anne Osterreich. - Westport, Conn. : Greenwood Press, 1998.
- 109 S. - (Bibliographies and indexes in American history ; 38).
- ISBN 3-313-30168-9 : $ 55.00.
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