Im Vorwort wird behauptet: "Alle im DUDEN-Praxiswörterbuch angegebenen Schreibungen entsprechen dem neuen amtlichen Regelwerk." Diese Behauptung ist falsch. Das Praxiswörterbuch geht in der eigenmächtigen Wiederherstellung von reformbedingt aufgegebenen Schreibweisen und Zusammensetzungen noch viel weiter als der Rechtschreib-Duden. War dort bereits der Schwerbehinderte eine bewußte Abweichung von den neuen Vorschriften, so kommt nun das wiederhergestellte Adjektiv schwerbehindert hinzu, und zwar mit der nachgeschobenen Begründung, es sei "fachsprachlich" und somit von der Neuregelung nicht betroffen. Mit derselben Begründung wird blindschreiben gerettet, nachdem der Rechtschreib-Duden die Neuschreibung blind schreiben mit Rotdruck als einzig zulässig "einzubläuen" versucht hatte. Auf diese Weise hätten Hunderte von weiteren Wörtern wie eisenverarbeitend, fleischfressend usw. wiederherstellt werden können, wozu sich aber die Redaktion bisher noch nicht entschließen konnte. Immerhin, der Weg ist vorgezeichnet: Von notleidenden Krediten im Gegensatz zur Not leidenden Bevölkerung weiß der Rechtschreib-Duden so wenig wie die amtliche Regelung; das Praxiswörterbuch hat dies unter dem Eindruck der Kritik eigenmächtig hinzuerfunden.
Die Bearbeiter von Duden, Bertelsmann und Wahrig hatten sich in den
letzten Monaten immer wieder zusammengesetzt, um - zum Teil gemeinsam
mit der Zwischenstaatlichen Kommission - ein halbwegs einheitliches
Erscheinungsbild der Wörterbücher auszuarbeiten, weil die zahllosen
Abweichungen nicht eben verkaufsförderlich waren. Angesichts dieser
gemeinsamen Interessen wirkte der Alleingang des Dudenverlags als
Provokation. Bertelsmann wehrte sich mit einem Rundschreiben an die
deutschen Buchhandlungen, worin empfohlen wurde, den
Bertelsmann-Herausgeber Götze zu einem aufklärenden Vortrag
einzuladen. Der Streit eskalierte nach der oben erwähnten Geschenk-
bzw. Entsorgungsaktion von Bertelsmann/GEW in Schleswig-Holstein.[1]
Wahrig (Bertelsmann)
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