Der Kinderfresser (Detail), Holzschnitt von Briefmaler Lorenz Schultes, Augsburg 1590

Der Nyemands (Detail), kolorierter Holzschnitt von Briefmaler Lorenz Schultes, Augsburg um 1590

Die Verkehrte Welt - "Übermütig reit der Knecht und der König gehet schlecht." "Seht das Kind will größer sein als der Alt und wiegt ihn ein." Um 1630. Ein Motiv der populären Grafik mit konservativer Botschaft aber hohem Phantasiewert. Größere Version.

"Wie der Bauer die Sau schlacht ..." (Der Bäcker und seine Familie) (Details: Bilder 1, 2, 4, 5), 17. Jh.

Flugblätter als Erziehungsmittel

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts tauchten auch Flugblätter auf, die sich – meist in pädagogischer Absicht – eigens an Kinder richteten.

Der Kinderfresser
Ein mehrfach erhaltenes Motiv ist dabei der Kinderfresser, mit dem unartigen Kindern gedroht wurde. Als Schwarzer Mann, Buhmann, böser Watz, Nachtgrabb, Nachtgieger u.ä. ist die Figur eines Kinderschrecks teilweise bis in die Gegenwart lebendig geblieben.
Das vollständige Flugblatt mit Text und Übersetzung in heutiges Deutsch findet sich hier.

Der Niemand
Mit dem Niemand wird satirisch die Neigung angeprangert, Missgeschicke und Fehler auf unbekannte Verursacher abzuschieben, die man mit der Laterne suchen muss. Das Flugblatt richtet sich sowohl an die Kinder wie das Gesinde im Haushalt.
Das vollständige Flugblatt mit Text und Übersetzung in heutiges Deutsch findet sich hier.

Verkehrte Welt
Die Verkehrte Welt, in der die gewohnte Ordnung auf den Kopf gestellt wird, ist ein sehr altes, schon in der Antike beliebtes literarisches und bildliches Motiv. Besonders häufig ist es auf den Bilderbogen des 19. Jahrhunderts anzutreffen. Am verbreitetsten ist dabei die verkehrte Tierwelt. Als pädagogisches Mittel ist das Motiv aufgrund seiner Doppelbödigkeit äußerst problematisch, denn es kann nicht nur als Warnung vor Veränderungen der Ordnung dechiffriert werden, sondern auch als Verführung zur Utopie, zur Spekulation darüber, dass alles auch ganz anders sein könnte.

Nachahmung von schlechten Vorbildern
Dass das Betrachten physischer Gewalt bei Kindern vermeintlicherweise Abstumpfung erzeugt und Nachahmertaten provoziert, war bereits im 17. Jahrhundert ein dankbar aufgegriffenes Medienthema, schon lange vor der heutigen Debatte um Gewaltvideos und Killerspiele wie das folgende Flugblatt beweist.
Text von links nach rechts:
(1) Wie der Bauer die Sau schlacht und seine 2 Kinder i(h)m fleißig zusehen.
(2) Wie die 2 Knaben ihr 11 Wochen altes Brüderlein gleich der Sau umbringen und ermorden.
(3) Wie der Vater solche Mordthat ersiehet und heftig darüber erschrickt.
(4) Wie der Vatter die 2 Kinder gewaltig darum schilt und ihnen drohet sie deswegen zu schlagen.
(5) Wie die Kinder auf Bedrohung ihres Vatters sich verstecken und in den Backofen kriechen welcher allbereit zu erhitzen voller Holtz gelegen.
(6) Als die Kinder in dem Backoffen verbrennen, hat sich die Mutter welche das Feuer angezündt, aber nicht gewußt das ihre Kinder sich darein versteckt vor Herzeleid in Brunnen gestürzt, der Vatter aber aus Verzweiflung erhenckt.

Literaturhinweise

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